Wirtschaft | Sparkasse

Unabhängigkeit in Gefahr

Die Situation in der Südtiroler Sparkasse ist dramatisch. Der Verlust im Geschäftsjahr 2014 liegt bei rund 120 Millionen Euro. Und es könnte noch schlimmer kommen.

Normalerweise ist es ein Damoklesschwert, das über einem schwebt.
Wie ernst die Lage aber ist, zeigt ein symbolisches Bild, das seit Wochen innerhalb der Sparkasse kursiert. „Es sind gleich zwei Damoklesschwerter, die über uns schweben“, beschreibt es ein hoher Sparkassenfunktionär. Und er nennt die beiden akuten Gefahrenherde auch beim Namen „Raetia und Banca d´Italia“.

Die Bankenaufsicht

Die Bankenaufsicht führt periodisch Kontrollen bei allen italienischen Bankinstituten durch. Was aber seit längerem in der Südtiroler Sparkasse geschieht, ist eine Sonderkontrolle. Seit Oktober sitzen ein Handvoll Inspektoren der „Banca d´Italia“ in der Bozner Sparkassen-Zentrale und lassen kein Blatt unberührt.
In der Sparkasse beklagt man sich intern über die Strenge und Rigorosität, mit der die Kontrolleure vorgehen. Denn die Bankenaufsicht hat schon im vergangenen Jahr ein besonderes Auge auf die Südtiroler Traditionsbank geworfen. Der Grund dafür sind die hohen Verluste, die Kreditausfälle und Wertberichtigungen, aber auch der Veitstanz, den man jahrelang um den Immobilienfonds Dolomit aufgeführt hat.
Im Herbst 2012 hat die Bankenaufsicht der Sparkasse eine Kapitalerhöhung von 150 Millionen Euro gewährt. Dass dieses Geld innerhalb eines Jahres in Wertberichtigungen verbrannt wurde, hat bei der Banca d´ Italia die Alarmglocken schrillen lassen. Die Bankenaufsicht hat deshalb klare und bindende Vorgaben gemacht.
Die vollkommene Erneuerung des Sparkassen-Verwaltungsrates im vergangenen Jahr war eine dieser Vorgaben. Ebenso forderte die Staatsbank aber auch eine Änderung im Management. Die Trennung von Generaldirektor Peter Schedl und seinem Stellvertreter Andrea Brillo im November kann auch vor diesem Hintergrund gesehen werden.
Selbst bei der Suche nach dem neuen Generaldirektor hat die Bankenaufsicht jetzt bindende Vorgaben gemacht. Der Mann oder die Frau müssen Voraussetzungen mitbringen, die in Südtirol kaum eine Handvoll Bankenmanager haben.
Deshalb gestaltet sich die Suche nach einem Schedl-Nachfolger für Gerhard Brandstätter & Co auch weit schwieriger als anfänglich angenommen.

Die Verluste

Zentraler Punkt aber ist eine Performance, die weit dramatischer ist, als bisher bekannt. Allzu lange hatte man Altlasten in der Sparkassenbilanz versteckt, was zu einer Schubumkehr mit schwerwiegenden finanziellen Verlusten führte.
2007 hatte die Sparkasse noch einen Nettogewinn von 41,1 Millionen Euro, 2008 waren es 29 Millionen, 2009 17,4 Millionen, 2010 16,8 Millionen und 2011 17,3 Millionen. 2012 waren es immerhin noch 7,6 Millionen Euro.
Dann folgte der Absturz: In der Bilanz 2013 stand am Ende ein Verlust von 37,8 Millionen Euro. 2014 aber kommt es noch weit schlimmer. Bereits im ersten Halbjahr musste die Sparkasse Wertberichtigungen auf faule Kredite in Höhe von 124,4 Millionen Euro machen. So kam in der Halbjahres-Bilanz 2014 ein Minus von 58,5 Millionen Euro heraus.
Im zweiten Halbjahr aber kommt es noch einmal dicker. Derzeit erstellt man in der Sparkasse die Jahresbilanz 2014. Nach Informationen von salto.bz steht ein Verlust von rund 120 Millionen Euro in der Bilanz.
Der Hauptgrund sind weitere massive Wertberichtigungen. Denn die Prüfer der Banca d´Italia haben in den vergangenen Wochen jeden Kredit auf den Kopf gestellt. Fast überall mussten die Werte berichtigt werden. Und diesmal soll es weniger um die so gerne in den Mund genommene verfehlte Expansion in Norditalien gehen. Es geht vor allem um faule Kredite in Südtirol und an Südtiroler Unternehmen.

Das Millionengrab

Doch es gibt noch einen zweiten Schauplatz, der immer deutlicher zu einem finanziellen Debakel wird.
Vorvergangene Woche gab es eine außerordentliche Sitzung des Verwaltungsrates der Sparkassen AG. Das einzige Thema: die „Raetia SGR Spa“.
Die Fonds-Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in Mailand ist seit vorvergangenem Jahr in Liquidation. Die „Raetia SGR“ hat verschiedene Immobilienfonds verwaltet, die zum Großteil völlig abgestürzt sind. So etwa wurde ein Fonds aufgelegt, dem ein Komplex vom 1.200 Wohnungen in Pomezia Terme gehört. Der Wohnkomplex mit dem Namen „Parco della Minerva“ wurde in der Presse längst zum „Parco della Vergogna“ umbenannt. Unfertige Wohnungen, Ermittlungen gegen den Bauherrn Raffaele Di Mario und am Ende ein Konkurs mit Tausenden Gläubigern. Dazu kommen noch eine ganze Reihe weiterer Immobilienoperationen der Sparkassen-Tochter, die ordentlich in die Hose gegangen sind.
Wie groß am Ende das finanzielle Loch ist, weiß derzeit noch niemand. „Im absolut schlechtesten Fall könnte uns diese Raetia-Geschichte bis zu 300 Millionen Euro kosten“, sagt einer, der bei der Krisensitzung in der Sparkasse dabei war.
Dass diese Schätzung nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt ein unliebsames Detail. Ende 2013 gab es Klagen und Schadenersatzforderungen gegen die „Raetia SGR Spa“ in der Höhe von 111,4 Millionen Euro. Inzwischen sind die Forderungen noch um einiges höher.
Die Bankenaufsicht verlangt auch hier konsistente Risikorückstellungen, die bisher in der Sparkasse nicht gemacht wurden.

Die Kapitalerhöhung

Bereits im September 2014 hat die Führung der Sparkasse angekündigt, dass es zu einer neuen Kapitalerhöhung kommen wird. Auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung wurde Anfang November 2014 ein Kapitalerhöhung von bis zu 150 Millionen Euro genehmigt.
Danach aber wurde es plötzlich ruhig um die geplante Finanzspritze. Der Grund ist auch hier die Bankenaufsicht. Denn die Banca d´Italia hat der Sparkassenführung klar signalisiert, dass es mit der beschlossenen Kapitalerhöhung nicht getan ist. Die Bankenaufsicht verlangt eine Kapitalaufstockung von rund 250 Millionen Euro.
Damit aber kommt man arg in die Bredouille. Der Hauptaktionär, die Stiftung Sparkasse, hat bereits vorher angekündigt, nicht mehr entscheidend mitziehen zu wollen. In Südtirol sind Investoren in dieser Größenordnung nicht vorhanden.
So läuft das Ganze am Ende eines großen Bankenkonzerns als Geldgeber hinaus. „Damit aber steht die Unabhängigkeit der Sparkasse auf dem Spiel“, prophezeit ein Südtiroler Bankenfachmann. 

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.... jeder kann sich ausrechnen was das mit den Sparkassen-Aktien-Wert zur folge hat! -30/40 durchaus realisistich wenn man bedenkt daß bereits JETZT eine Wertberichtigung von -20% durchgeführt werden müsste.
Schauen wie lange das die Banca d'italia rausschieben lässt.

Mo., 02.02.2015 - 08:32 Permalink

Wenns nur um die Unabhängigkeit geht... dann wird die Bank eben von einer anderen aufgekauft und gehört zu einer Gruppe. Was ist da so tragisch? Mehr als um die Unabhängigkeit, mache ich mir um das Personal Sorgen. Da wird bekanntlich immer gern gespart.

Mo., 02.02.2015 - 17:25 Permalink