Chronik | Gemeindewahlen

Brixen: Wenn die Wirtschaft wählt

Brixen hat (vor)gewählt: Peter Brunner und Walter Blaas stehen als Bürgermeisterkandidaten fest. Haben die Wirtschaftsvertreter damit ihre Plose-Schlappe gutgemacht?

Der Montag hatte es in sich für die Brixner. Nicht nur die Südtiroler Volkspartei hat nach den Vorwahlen am Sonntag ihren Kandidaten für die Nachfolge von Albert Prügstaller bestimmt. Schlag auf Schlag präsentierten am Vormittag auch die Freiheitlichen ihren Bürgermeisterkandidaten; die Newcomer dieser Wahl, die Bürgerliste demos, ging über eine Pressekonferenz ihres Promotorenkomitees auf Kandidatensuche. Ja, und selbst die Grüne Bürgerliste brachte sich im Schub der SVP-Vorwahlen noch einmal kurz ins Rennen – mit einem Liebäugeln des Grünen Landtagsabgeordneten Hans Heiss für eine Kandidatur. Ein Anfall von Lokalpatriotismus, wie es der Brixner selbst nennt, den er bereits am Sonntag Abend wieder in den Griff bekam. Dem noch ungewissen Team um Elda Letrari gab Heiss Liebäugeln mit seiner Heimatstadt jedoch ebenfalls medialen Auftrieb.

Zumindest die Wirtschaftsvertreter der Bischofsstadt dürften nach den Vorwahlen der Volkspartei wieder ein wenig mit der Bürgerbeteiligung versöhnt zu sein. Mehr als 73 Prozent der Abstimmendenden votierten für den 43-jährigen Albeinser Wirtschaftsstadtrat Peter Brunner. Weit mehr also, als die Prognosen vorhersahen, die auf ein knappes Rennen mit Sozialstadträtin Paula Bacher vorhersahen. „Das Votum der Bürger ist zu respektieren“, gab die sich am Tag nach der Wahl gefasst, „meine größte Freude ist, dass sich die Menschen zahlreich an der Wahl beteiligt haben.“

Wirtschaft macht mobil

Die Hypothese, dass dabei vor allem Nicht-SVP-Wähler aus Wirtschaftskreisen dafür gesorgt haben, dass ihr Kandidat zum Zug kommt, schließt Paula Bacher keineswegs aus. „So wird es schon gewesen sein“, meint sie ohne Vorwürfe. Immerhin hatte auch Fraktionssprecher Ingo Dejaco am Sonntag gegenüber salto.bz bestätigt, dass in den letzten Tagen vor und am Tag der Wahl noch einige hunderte Interessierte den Obolus von 15 Euro abgeleistet haben, um sich in die Wahllisten eintragen zu lassen. Damit wäre nach der Niederlage in Sachen Plose-Referendum zumindest der richtige Kandidat im Rennen. Auch wenn seine Konkurrentin Bacher jetzt schon verspricht, der Gemeindepolitik weiterhin erhalten zu bleiben – „schon allein, um ein Gegengewicht zu den wirtschaftlichen Interessen zu schaffen“, wie sie meint.

Ausgleich ist auf ganz anderen Seiten nötig, beurteilt dagegen Hans Heiss die Brixner Lage vor den Wahlen. Denn bei aller zu Schau gestellten Wehleidigkeit der Wirtschaftsvertreter nach der Referendumsschlappe – „ihre Interessen sind sowohl in der SVP-Ortsgruppe als auch in der Ratsfraktion bestens gewahrt“, findet Heiss. Dazu kommen auch noch die Freiheitlichen, die mit ihrem Parteiobmann Walter Blaas ein bewährtes Pferd als Bürgermeisterkandidaten ins Rennen schicken. Auch wenn sie in ihrem Wahlprogramm eher die öffentliche Sicherheit und den Kampf gegen das organsierte Betteln in den Vordergrund gerückt haben, ist die Wirtschaftsaffinität des Parteiobmanns keinesfalls von der Hand zu weisen.

Blaas selbst stellte am Montag unter anderem klar, dass er nicht nur als Stimmenfänger unterwegs ist: Sollte er Bürgermeister werden, werde er sein Landtagsmandat zurücklegen. Das erscheint auch bei aller Hoffnung auf einen Ausbau der bisherigen fünf Gemeinderäte doch eher unwahrscheinlich. Immerhin erreicht die Volkspartei bei den letzten Wahlen im Jahr 2010 zwischen Stadt und Land 13 Mandate. Viel wahrscheinlicher erscheint es dagegen, die zeitweise sehr partnerschaftliche Zusammenarbeit im Gemeinderat durch eine stabilere Form auszubauen. Die Option Koalition schloss der Freiheitliche Parteiobmann und Brixner Spitzenkandidat am Montag keineswegs aus  - zumindest, sofern eine solche auch eine freiheitliche Handschrift tragen würde.

Bürgerlisten auf Kandidatensuche

Doch vor zu solchen Entscheidungen sind nun erst einmal die Listen vollzubekommen. Für niemanden ein leichtes Unterfangen, in diesem von Politikmüdigkeit geprägtem Jahr 2015. Und ein besonders hartes Geschäft für die Grüne Bürgerliste, bei der rund um Elda Letrari Urgesteine wie Roman Zanon wegbrechen und zu ersetzten sind. Wie jedoch inoffiziell bestätigt wird, will man im Mai vor allem mit ein paar interessanten jungen Kandidaten neu durchstarten, die bereits gewonnen sind.  Vor allem angesichts der männlichen Konkurrenz rundum ist abzusehen, dass die Listenführung in weiblicher Hand bleibt. Die offensichtlichste Lösung ist dabei Elda Letrari. Konkurrenz könnte sie durch Newcomerin Elisabeth Thaler erhalten, auf deren Kandidatur bei der Bürgerliste stark gehofft wird.

Unklar ist auch noch, wer bei der Bürgerlisten-Konkurrenz der Grünen kandidieren wird. Am Montag präsentierte sich das Promotorenkomitee von demos zumindest erstmal einmal mit Namen und Gesicht. Innerhalb 20. Februar wollen Barbara Mair, Elisabeth Wieland, Mirco Fiaschi und Markus Lobis einen Listenkern vorstellen. Bis dahin wird noch eifrig unter interessierten Brixnerinnen und Brixnern gesucht, die sich mit den Werten und dem Manifest des „Brixner Seilbahn-Babys“ identifzieren können. Wer letztendlich als Spitzenkandidat ins Rennen zieht, will demos jedoch genauso von der Basis bestimmen lasse wie das definitive Wahlprogramm.

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Ingo Dejaco Mo., 09.02.2015 - 17:55

Rund 300 neue Mitglieder haben sich im Zuge der Vorwahlen in die SVP in Brixen eingeschrieben, nicht für 5 (wie im Artikel steht), sondern für 15 Euro, der reguläre Mitgliedsbeitrag. Zu erwähnen bleibt, dass sich beide Kandidaten eifrig um neue Mitglieder bemüht haben! Auch wenn alle neuen Mitglieder Kandidat Brunner gewählt hätten, so hätte er auch ohne deren Stimmen die Wahl für sich entscheiden. Die Hypothese steht somit auf etwas wackeligen Beinen.

Mo., 09.02.2015 - 17:55 Permalink