Manchmal liefert uns die Berichterstattung Themen, die wir mehr oder weniger gern zu hören bekommen. Themen von hoher Relevanz, Themen die uns zum Diskutieren anregen sollten, Themen die immer wieder aktuell sind. Und dann gibt es noch Themen, die zwar sicherlich gesellschaftlich, ökonomisch oder sportlich von großer Bedeutung sind, aber wenn wir ehrlich sind, uns einfach nur zu den Ohren raushängen. Ok, Carolina Kostner wurde gesperrt - kann man sich aufregen, muss man nicht. Diese orangen Speed-Check-Boxen stehen auch noch in Bozen, ein wirkliches Interesse an der hitzigen Debatte hat sich aber in mir leider immer noch nicht entwickelt. Wie gesagt, es gibt Themen, die will man einfach aus der Zeitung streichen. Für viele Menschen ist so ein Thema der steigende Fremdenhass, den der Bürger gerne mal unter den Teppich kehrt, oder ihn schlicht und ergreifend langweilt. Wenn schon wieder von Rassismus die Rede ist, vom wachsendem Fremdenhass, dann wollen viele nichts davon wissen. Es gehe einem langsam auf die Nerven und außerdem sei dies sowieso nicht der Fall. „Schon wieder Pegida? Lass mal gut sein.“ Rassismus, Fremdenhass, das sind harte Wörter. Aber auch wenn sie hart und kompromisslos sind, gibt es sie trotzdem. Und man findet sie auch dort, wo man sie nicht vermutet. Südtirol bildet da keine Ausnahme. Fremdenhass definiert sich eigentlich per sé. Das „Fremde“ wird zum Hassobjekt missbraucht, meist unter dem Vorwand das „Eigene“ zu schützen. Sie gegen Uns. Das man sich so etwas im Tourismusparadies Südtirol natürlich nicht anhören möchte, wo das „Fremde“ eigentlich immer viel Geld im Land gelassen hat, ist klar. Aber auch wenn man es nicht wahrhaben möchte, Südtirols Bevölkerung liefert für dieses Phänomen einen mehr als geeigneten Wirt, vor allem im Rahmen von sozialen Netzwerken: Wenn zum Beispiel von einer vermeintlichen Gewalttat, verübt - wie könnte es auch anders sein - von „Personen Albanischer Herkunft“, auf der Facebookseite „Südtirol gegen kriminelle und gewalttätige Immigranten“ die Rede ist, fallen da auch schon Kommentare wie „Selche leit keart unteribersche afn bam aukeng und so long drau ingschlog bis er um gnade bettl“, oder „Ob mit dia pissrattn dia hobm do nigs zu suachn“. Den Hass in diesen Aussagen braucht man nun wirklich nicht lange zu suchen. Und wie sieht es denn mit dem Rassismus im schönen Südtirol aus, ausgerechnet dort, wo sich ein Landesrat im ethnischen Konflikt den Sager „Je klarer wir trennen, desto besser verstehen wir uns“ nicht verkneifen konnte. Nun, auch der Rassismus kommt auf der gleichen Facebookseite nicht zu kurz. Minderheiten werden hier nicht nur als „Albanervolk“ oder „Gsindel“ bezeichnet, auch der Terminus „Drecksrasse“ ist vertreten. Und wie es der gute Südtiroler zu praktizieren pflegt, bietet er natürlich auch eine geeignete Problemlösung für die „Missstände“. „Aussigschmissn keret de, mit einwanderungsverbot und passentzug!“, „Da hilft nur noch die Außengrenzen Europas dicht machen und Vergehen mit schwerer Zwangsarbeit bestrafen“, „auschwitz und op!^^“. Da wundert es auch nicht, wenn eine Atmosphäre heraufbeschworen wird, die eigentlich seit 70 Jahren Geschichte sein sollte. Als Xenophob oder Rassist möchte niemand abgestempelt werden. Das ist in Südtirol nicht anders. Das Verhalten mancher Landsleute lässt mich manchmal aber an ein gewisses Buch von Morton Rhue erinnern. Denn in „Die Welle“ wollen die Schüler des Geschichtslehrers Ben Ross auch nicht begreifen, was ihr Handeln aus ihnen letzten Endes gemacht hat. Dennoch ist sein Urteil sowohl gnadenlos als auch wahr. „Ja, ja, ihr wärt alle gute Nazis gewesen.“