Homo-Ehe: Was geht's mich an?
Aber: Die Medien haben sehr lange und sehr ausführlich über die intensive Debatte zwecks Anerkennung der Homo-Ehe berichtet, und sehr viele Menschen nehmen sich sehr viel Zeit, um gegen diese nun anerkannte (in Frankreich) Homo-Ehe zu protestieren, Demonstrationen zu organisieren und zuhauf daran teilzunehmen, sogar gewalttätig zu werden in einer Sache, die sie doch überhaupt nicht berührt. Mag sein, ich bin ein bisschen weltfremd, aber ich frage mich schon, was mich das Privatleben anderer Leute anzugehen hat? Doch nicht das Geringste, oder? So lange sie sich oder andere nicht (er-)schlagen, solange sie sich nicht an ihren eigenen oder den Kindern anderer vergehen, so lange sie nicht lügen und betrügen, so lange sie nicht von mir verlangen, dass ich auch schwul/lesbisch werde, so lange sie also nach Recht und Gesetz gute (Mit-)bürger sind... so lange können sie in ihrem ureigenen Privatleben doch gern tun und lassen, was sie wollen. Finde halt ich.
Ein bisschen weltfremd, meine Meinung? Mag sein. Deshalb bin ich aber kein bisschen weniger gespannt, ob vielleicht in Europa eine/r von den Abertausenden Nicht-Weltfremden doch noch auf die Straße gehen und protestieren wird, gegen die leider keineswegs privaten Irrtümer und Rechenfehler höchst dotierter und maximal angesehener Ökonom/innen und Politiker/innen - anstatt sich über das Privatleben unbescholtener Bürger/innen zu ereifern.
Schaun mer mal.
Privatsache?
Es geht niemanden etwas an wie zwei Menschen im gegenseitigen Einverständnis ihr Privatleben gestalten. Doch ist die Ehe in ihrer Natur niemals eine private Angelegenheit gewesen.
Die Ehe war immer eine Institution von öffentlichen Interesse und von der Öffenlichekeit und dem Gesetz gefördert. Gegenüber anderen Rechtsakten (Testament, Namensgebung von Kinder) hatte diese einen besonders hohen öffentlichen Charakter. So muss der Ehe das Aufgebot vorausgehen (eine öffentliche Aufforderung an unbekannte Interessenten zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten).
Die Eheschließung selbst wird dann tradizionell vor der Gemeinde gehalten, früher war es die Dorfgemeinschaft, heute ist es die Hochzeitsgesellschaft. Rechtlich auf alle Fälle notwendig sind zwei Trauzeugen.
Jetzt zu Ihrer Frage was die Homo-Ehe eigentlich ist: Die Homo-Ehe ist die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren gegenüber tradizionellen Paaren eine Ehe zu schließen mit den selben Rechten, Pflichten und Begünstigungen.
Es ist eine Frage vom öffentlichen Interesse ob man auch homosexuellen Paaren die gleichen Steuererleichterungen zugestehen will oder nicht, und ob es die Möglichkeit zu Adoption bestehen soll.
Ich habe Verständis dafür dass Homosexuelle in unserer Gesellschaft eine gewisse Anerkennung haben möchten ohne wegen ihrer sexuellen Neigungen herabgewürdigt zu werden. Ich frage mich aber ob die Homo-Ehe der richtige Weg dafür ist.
Antwort auf Privatsache? von gorgias
Schon klar!
Meine Frage, was denn die "Homo"-Ehe sei, war eine, ich sag's mal so dahin, rein rhetorische (müsste denn, wenn Homo-Ehe unterschieden wird, konsequenterweise nicht eine normale eine Hetero-Ehe sein?). Wissen Sie, grundsätzlich denke ich ganz einfach, dass in grundsätzlichen Dingen Menschen nicht unterschieden werden sollten aufgrund von "Merkmalen", die vom persönlichen Willen (?) eines Individuums nicht beeinflusst werden können, als da wäre/n Hautfarbe, Körpergröße, Geschlecht, sexuelle Neigungen u. dgl. mehr. Welchen Nachteil unsere Gesellschaft davon haben könnte, wenn sie gleichgeschlechtlichen Paaren (bei gleichen Verpflichtungen, Sie sagen es selbst) die gleichen Rechte (Steuererleichterungen :-) ) zugesteht, will sich mir nicht erschließen. Wollen Sie mir weiterhelfen? Müsste übrigens "öffentlicher Charakter" nicht grundsätzlich für alle gleich und allen zugänglich sein, sofern objektive Kriterien erfüllt werden? Es gibt ja im übrigen verschiedene Formen der Ehe - wenn wir uns also fragen, ob "die" Ehe "der richtige Weg" sei, dann müssten wir uns vielleicht zuerst mal fragen, welche Ehe denn überhaupt die richtige ist (und übrigens auch, ob Ehe - und warum - eine öffentliche Angelegenheit ist).
Antwort auf Privatsache? von gorgias
Es müsste dann aber auch
Es müsste dann aber auch ebenso eine Frage von öffentlichen Interesse sein, ob Ehepartner Kinder bekommen und ob sie diesen Kindern dann auch gute Eltern sind. Denn es geht doch darum, die Ehe als Keimzelle der nächsten Generation zu sehen die für das Bestehen und vor allem Fortbestehen der Gesellschaft unentbehrlich ist. Und hier stellt sich dann wirklich die Frage, ob dieser "spezielle Schutz" der Ehe (habe ehrlich gesagt noch nicht gemerkt worin der liegt) nur für diese Paar gelten soll, die diesen Anforderungen auch gerecht werden.
Also wovon reden wir? Davon dass Schwule vielleicht heiraten und wenige Steuern zahlen (tun sie das denn dann wirklich?) obwohl sie keine Kinder zeugen die uns im Alter erhalten können? Dann müssten wir allen gewollt kinderlosen Ehepaaren die Ehe "entziehen". Oder dass dieser Sittenverfall dazu führen könnte, dass in kürze alle nur noch schwul, lesbisch, trans- und was weiss ich wie sexuell werden könnte und wir braven Eheleute mit unseren Kindern dann auf der Straße gehänselt werden?
Was weiss ich. Ich bin mir nur darin sicher: es geht mich und den Staat nichts an, wie und mit wem sich irgendjemand verheiraten will. Der Staat hat ein Interesse am Fortbestand der Gesellschaft und damit an Kindern, deshalb soll er Kinder fördern und Paare die Kinder groß ziehen, egal ob es zwei Männer oder zwei Frauen sind. Denn wenn ich mir so anschaue, was für beschissene Eltern unter den sakrosankten Hetero-Ehepärchen zu finden sind, darf Geschlecht und sexuelle Neigung der Eltern sicher keine Rolle spielen.
Gleiche Rechte aber nicht gleicher Name
Hallo, ich bin auch der Meinung, es braucht gleiche Rechte und Pflichten aber man muss es nicht Ehe nennen, dann ist es für viel auch leichter zu ertragen.
Wer´s nicht gelesen hat - aus der heutigen Bild-Zeitung
"HOMO-EHE UND BABYGLÜCK: Der in einer Homo-Ehe lebende FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Kauch (45) ist Vater geworden. Eine lesbische Freundin von ihm brachte seine Tochter Sophia am Samstag in Berlin zur Welt.
„Mutter und Kind sind wohlauf“, schreibt Kauch auf seinem Facebook-Account. „Gemeinsam mit ihrer Frau und meinem Mann freuen wir uns sehr über unsere wundervolle Tochter.“
Kauch lebt seit 2009 mit seinem Mann Henry in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. In der FDP kämpft Kauch für die Rechte Homosexueller, setzt sich für die Gleichstellung der Homo-Ehe ein.
Bei den Liberalen trifft er damit auf offene Ohren. (...) Brüderle: „Wir gratulieren ihm herzlich und freuen uns über den Familienzuwachs.“ - So normal können vier Eltern und ein Baby sein ...
Um jeden Streit ums Sorgerecht auszuschließen, hat Kauch die rechtlichen Fragen der Elternschaft mit der Mutter seines Kindes und deren Partnerin geklärt. Das befreundete lesbische Paar hatte ebenfalls den Kinderwunsch, so der frisch gebackene Vater. (...) „Wir sind alle sehr glücklich.“
Antwort auf Gleiche Rechte aber nicht gleicher Name von Sepp Bacher
Gleicher Name nicht?
Hallo Sepp, ein ganz klein wenig irritiert mich deine Aussage "nicht Ehe nennen". Einerseits verstehe ich diesen Gedanken so, dass man auf diese Weise erst mal großflächig "Akzeptanz" schaffen könnte, ohne dass es groß auffällt. Derweil sehen alle, dass die Sache ja gar kein Problem ist, und dann könnte man den nächsten Schritt setzen. Aber, andererseits: Wäre das nicht ein bisschen "scheinheilig" (ich muss gestehen, ich finde uns überhaupt ein bisschen scheinheilig ;-) ?
Antwort auf Gleicher Name nicht? von Sylvia Rier
Es muss nicht Ehe heißen um doch Familie sein zu können
Ich bin der Meinung, eine geregelte und eingetragene Beziehung muss man nicht unbedingt gleich nennen wie die Kirche ihr Sakrament. Man kann dieses Privileg ja den gläubigen Katholiken und der Kirche lassen. Ich bin nicht mehr ganz am Laufenden, ich glaube die Schwulen- und Lesben-Organisationen in Italien haben das auch nicht gefordert. In einem Beitrag vor einigen Wochen in der Sonntagszeitung "Z" erschienenen Beitrag zu diesem Thema hat Martina - Vorstandsmitglied der Organisation Centaurus - so etwas Ähnliches gesagt, wie: Wir müssen ja nicht alles den Heteros nachmachen.
Antwort auf Es muss nicht Ehe heißen um doch Familie sein zu können von Sepp Bacher
Richtig,
einerseits, und Martina weiß vermutlich, wovon sie spricht. Andererseits: Es gibt ja auch die standesamtliche Ehe (und, wenn ich richtig informiert bin, ist es diese, die jetzt in Frankreich eingeführt wurde). Nein, ich kann nicht ganz verstehen, warum wir der Kirche diese absolute Hoheit einräumen in Fragen, die mit ihr doch nur sehr bedingt zu tun haben (sollten), in einer Gesellschaft zumal, in der Staat und Kirche nicht ein und dasselbe sind. Oder doch besser: Nicht sein sollte?! Und überhaupt frage ich mich, was soll das für eine christliche (!) Institution sein, die all jene strikt ausgrenzt und von ihren Tischen fernhält, die nicht genauso ticken, wie sie sich das vorstellt?
Antwort auf Richtig, von Sylvia Rier
Ja Silvia,
Ja Silvia, ich weiß, dieses Frage wird auch unter den Schwulen und Lesben sehr kontrovers diskutiert - speziell was die Adoption und Erziehung von Kindern betrifft. Innerhalb der Homosexuellen-Gemeinschaft gibt es auch eine große religiöse Gruppe, besonders weiter südlich. Meine Einstellung ist jedoch noch von einer ganz anderen Seite her geprägt. Als Berufsberater habe ich ein psychologische Zusatzausbildung und eine Weiterbildung in Supervision gemacht. Da habe ich einige Prinzipien gelernt. Die erste: Nie gegen den Widerstand, sondern mit diesem arbeiten. Die zweite: Probleme sind meistens sehr komplex und müssen auf verschiedenen Ebenen angegangen werden. Die dritte: Um damit eine Lösung breit mitgetragen wird, braucht es auch einen breiten Konsens. Die letzte in diesem Zusammenhang wichtige: Die angestrebte Lösung muss dem Gegenüber die Möglichkeit geben, nicht sein Gesicht zu verlieren. Du merkst wahrscheinlich, dass ich kein Militanter, kein Revolutionär bin, sondern eher moderate Lösungen - oft auch in kleinen Schritten - bevorzuge. Deswegen sind Lösungen, die wie in Spanien und Frankreich Massenproteste und Gewalt hervorrufen für mich nicht unbedingt erstrebenswert. In Italien muss man sicher auch gegen den Widerstand des "Franziskus" und seiner Organisation - wie in Argentinien - ein politische und von der Mehrheit der Gesellschaft mitgetragene Lösung finden. Schlussendlich ist es nicht wichtig, was auf der Packung draus steht, sondern was drin ist.
Ärzte für Homo-Ehe
Eine weitere Hintergundinformation - aus Spiegel
"Die Amerian Academy of Pediatrics (AAP) hat sich für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen ausgesprochen. Über vier Jahre lang sichtete der Interessenverband der US-Kinderärzte Studien zur Frage, wie die kindliche Ent-wicklung in Familien schwuler und lesbischer Paare verläuft. In ihrem Resümee heißt es: „Es ist im besten Interesse der Kinder, dass sie Anteil nehmen dürfen an der Sicherheit, die eine Einrichtung wie die Ehe der Eltern ihnen bietet, unabhängig davon, welches Geschlecht und welche sexuelle Orientierung die Eltern besitzen.“ Die AAP-Experten werteten über 30 Jahre Forschung zum Thema aus. Demnach sei das Wohlergehen der Kinder weit mehr von Wohlstand, sozialer Stellung und Bindungsstärke innerhalb der Familie abhängig als von der sexuellen Orientierung der Eltern. In diesen Tagen prüft der Oberste Gerichtshof der USA die Verfassungsmäßigkeit des Defense of Marriage Act, der gleichgeschlechtlichen Partnern die Vorteile, die heterosexuelle Eheleute genießen, verwehrt".
Einhellige Meinung
zum Thema, das ist ja schön, einerseits, obwohl mich persönlich die Argumente der anderen Seite schon sehr interessieren würden! Gorgias? Übrigens: Auf die Thematik erstmals ein bisschen enger aufgesprungen bin ich neulich, als Oberhofer in seinem großen Interview die (damals noch zwei) SVP-Spitzen- bzw. LH-Kandidaten fragte, ob sie für oder gegen die Homo-Ehe seien. Natürlich für, dachte ich mir, was sollten sie dagegen haben? Aber nix da, beide zwar für eine rechtliche Gleichstellung, aber gegen die Ehe. Das finde ich interessant. Denn unsere Ehe ist ja eigentlich in erster Linie so ein Kirchending, ein (zwar mächtiger) Brauch also, und entbehrt als solcher m. W. jeglicher objektiver Grundlage. Aber hier noch ein Artikel, den ich neulich gelesen hatte, und der übrigens auch auf die Thematik "Frau, Familie und Arbeit" :-) zugeschnitten ist: Kinder brauchen in erster Linie ein stabiles und ein liebendes Umfeld. So absolut mutterfixiert, wie wir (heute) tun, war Erziehung doch nie wirklich, oder?
http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2013-04/regenbogenfamilie
Genau
...wie recht du hast, es gibt weiss gott grössere probleme als die homo-ehe.