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"In welchem Chinarestaurant arbeitest du?"

Für die chinesische Software-Expertin Xiaofeng Wang sind Südtirols Berge gewöhnungsbedürftig. Aber Knödel und Spätzle kann sie schon kochen.

An der Informatik-Fakultät am Bozner Dominikanerplatz herrscht rege Betriebsamkeit, die Atmosphäre ist locker und international. Umgangssprache ist  englisch. Unter den Master-Studenten befinden sich Russen und Litauer, Malaysier und Indonesier. Hier erfüllt die Chinesin Xiaofeng Wang ihren Forschungsauftrag. Ihr Fachgebiet ist der Entwicklungsprozess von Software: "Wir analysieren jeden einzelnen Schritt detailliert mit allen Beteiligten und suchen nach Möglichkeiten, diesen Prozess zu optimieren." Die Informatik wurde Xiaofeng  sozusagen in die Wiege gelegt: "Mein Vater war in Peking einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Er besaß schon in den Siebziger Jahren einen Computer der ersten Generation. Ich bin damit aufgewachsen und daher war es naheliegend, an der Pekinger Ren Min-Universität Informatik zu studieren." Ihren aus Rom stammenden Mann lernte sie bei einem Vortrag in der chinesischen Hauptstadt kennen. "Wir haben uns angefreundet. Er ist mehrmals nach Peking gekommen und einige Wochen geblieben. Eigentlich wollten wir nicht sofort heiraten. Doch es war der einzige Weg zu einer Aufenthaltsgenehmigung für Italien."

Aus Irland nach Bozen

Xiaofeng Wang verbrachte zwei Jahre in Rom, promovierte in England und übersiedelte dann nach Irland, wo sie vier Jahre am Irish Software Engineering Centre in Limerick arbeitete: "Es waren wunderbare Jahre in einer internationalen Forschergemeinschaft. In Irland ist alles problemlos. Man findet leicht eine Wohnung, die Menschen sind offen und unkompliziert, die Bürokratie nahezu inexistent." In der irischen Küstenstadt wurden auch die Weichen  für ihre Übersiedlung nach Südtirol gestellt. Dort lernte die Chinesin den Finnen Pekka Abrahamsson
kennen, den späteren Dekan der Bozner Informatik-Fakultät, dem sie dann folgte.

Ungewohnte Berge

"Hier musste ich mich zunächst an die Berge gewöhnen. Irland ist flach und  der Blick verliert sich überall in der Ferne". Was dagegen für eine Pekingerin  fast surreal anmute, sei der "wunderbar blaue Himmel über den Bergen" :  "Als meine Eltern zu einem Besuch nach Bozen kamen, waren sie von diesem  glasklaren Himmel geradezu fasziniert. Den sieht man in Peking wegen der Luftverschmutzung ja schon lange nicht mehr."
In ihre Heimatstadt kehrt Xiangfeng nur selten zurück. "Jedesmal, wenn ich hinkomme, gibt es noch weniger Grün, noch mehr Beton und noch höhere Wolkenkratzer. Meine Eltern wohnten anfangs im 4., dann im 12. und jetzt im 20. Stock."

"Die Südtiroler sind sehr heimatverbunden"

Das Leben in Bozen findet sie angenehm - besonders für  Ehepartner, die beide arbeiten: "Die Strecken sind kurz, man benötigt kein Auto, alles ist überschaubar". Bevor sie zur Universität geht, bringt sie ihren sechsjährigen Sohn Leonardo in die Chini-Schule.  "Der spricht kein Mandarin, aber dafür gut deutsch", lächelt  Xiao.  In Peking sei der Stress mit Kindern groß. "Wer einen guten Kindergarten will, muss seine Sprösslinge schon sehr früh in einen Sprach-, Musik- oder Tanzkurs schicken. Dann werden die Eltern vorgeladen und interviewt. Hier läuft das alles ganz easy. "

Die Wohnungssuche habe sie ihrem Mann überlassen, lächelt Xiaofeng Wang. Weil sie die in Italien weitverbreiteten Vorurteile gegenüber Chinesen bestens kennt. Und auch die häufig gestellte Frage: "In welchem China-Lokal arbeitest du?"  Sie sei in dieser Hinsicht "konziliant", versichert sie schmunzelnd.

"Ich unterrichte für mein Leben gern"

Ihren Studenten stellt die 44-jährige ein gutes Zeugnis aus: "Ich unterrichte für mein Leben gern und bin immer wieder beeindruckt von der Qualität ihrer Arbeiten. "Besonders bei der Entwicklung neuer Startups gehen sie mit Enthusiasmus und viel Energie ans Werk. Diese Projekte müssen sie alleine voranbringen. Wir stehen ihnen nur beratend zur Seite".

In Bozen hält sie die deutsche Sprachgruppe für verschlossener. Sofort aufgefallen sei ihr die Heimatverbundenheit der Südtiroler. Das sei einerseits positiv, andererseits würde sie vielen empfehlen," einige Jahre im Ausland zu verbringen und die Welt zu entdecken, bevor sie an diesen wunderschönen Ort zurückkehren".  Was sie an Bozen fasziniert? "Die Sicherheit, mit der die Verkäuferinnen in den Geschäften jeden Kunden in seiner Muttersprache anreden".

 "Ob ich zuhause chinesisch koche? Ja, aber nur wenn ich dazu die nötige Zeit habe. Meistens koche ich italienisch, aber stets mit chinesischem Einschlag".  Auch die Südtiroler Küche findet Xiaofeng Wang durchaus verlockend. Zwei Gerichte beherrsche sie bereits gut, versichert die Chinesin mit entwaffnendem Lächeln: "Knödel und Spätzle".
 

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Federica Cumer Fr., 06.03.2015 - 17:09

Well done Xiaofeng!
But judging from the number of interviews with her, always harping on the same leitmotiv, it seems that for at least some people here, including the interviewers, it really still is unusual to think of a Chinese person as just a person, doing any kind of job…

Fr., 06.03.2015 - 17:09 Permalink
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Frederik Frick Sa., 07.03.2015 - 12:09

Wenn ihr Sohn tatsächlich kein Mandarin sprechen sollte, dann ist dies aber sehr schade und eine vertane Chance. Gerade in einem Land wie Südtirol, wo die Einheimischen die Zweisprachigkeit bei Kindern mit Füßen treten, würde man erwarten, dass Auswärtige etwas überlegter an die Sache herangehen.

Und außerdem, nur als kurze Anmerkung zum Artikel, vielleicht sollte man das Renmin in Renmin-Universität doch übersetzen. Volksuniversität klingt ja auch nicht so schlecht, und ich bezweifle, dass mehr als eine handvoll Leute wissen, was Renmin bedeutet.

Sa., 07.03.2015 - 12:09 Permalink