Protest am Kornplatz
Am Montag 9. März ist eine Bürgerversammlung im Gemeindesaal der Bozner Gumergasse vorgesehen, ab 19 Uhr 30, noch einmal sollen Bozens Bürger über die Hintergründe zum sogenannten Benko-Projekt informiert werden. "Einen Monat bevor der Gemeinderat über das Projekt abstimmen soll, wollen wir als Bürgerinitiative so gut wie möglich informieren und aufklären, warum das Bauprojekt eine wirkliche Katastrophe für die Stadt darstellt," erklärt Architekt Luigi Scolari das Anliegen.
Ob es zur Abstimmung im Bozner Gemeinderat überhaupt kommen wird, ist inszwischen ungewiss, gibt es doch Uneinigkeiten bezüglich der zu bezahlenden Geldsummen bzw. auch politisch divergierende Ansichten zum Benko-Projekt. "Wir wollen nicht, dass eine so wichtige urbanistische Entscheidung einfach übers Knie gebrochen wird," meint der Brixner Architekturberater Andreas Gottlieb Hempel. Auch er ist zur Pressekonferenz am Bozner Kornplatz erschienen, auch er steht voll und ganz hinter der Kritik an die Gemeinde Bozen. "Warum haben Bozens Politiker die ganzen Argumente technischer und architektonicher Art, die während der öffentlichen Debatten in der Eurac vorgebracht haben, nicht zur Kenntnis genommen?"
Stellen Sie sich vor, wie es zur Weihnachtszeit zugeht, wenn in der Innenstadt 1.700 Parkplätze beparkt werden müssen.
Was die Umsetzung des vorgestellten Benko-Projekts für den Verkehr in dieser Zone, ja für den Verkehr in ganz Bozen bedeuten würde, illustriert Ingenieur Winfried Theil: "Der Verkehr in Bozen würde sich verzehnfachen, wie es auch in der Verkehrsstudie des Schweizers Willi Hüsler belegt ist; durch die Verlegung des Busbahnhofs bzw. die Untertunnelung der Südtiroler Straße und die Schaffung von insgesamt 1.700 Stellplätzen würde dies eine enorme Belastung für die Stadt darstellen." Die Stadtregierung habe, wie es in solchen Fällen eigentlich üblich sein sollte, keine Simulation der angestrebten Verkehrssituation vorgenommen. Das sei ein weiteres Zeichen für das unausgereifte Konzept, meint Theil.
Die Hüsler-Verkehrsstudie ist kein Thema mehr in der Argumentendebatte der Stadt, vielmehr hat man den verlagerten Busbahnhof als neuen Plan aus dem Zylinder gezogen. "Eine so offensichtliche Verschlechterung für den öffentlichen Nahverkehr habe ich noch nie gesehen," entrüstet sich Theil. So sollen die Autos bequem in den Untergrund bis zum Einkaufszentrum vorfahren dürfen, und der Öffis-Reisende müsste bis zur Rittner Bahn gehen, um zu seinem Bus zu kommen. Auch die Art und Weise, wie der Busbahnhof angedacht ist, sei absurd. "Es handelt sich nicht etwa um einen Busbahnhof, wie wir ihn heute kennen, die Haltestellen sind sämtliche auf dem Weg vom Bahnhof zur Rittner Seilbahn verteilt, noch dazu fällt die Haltestelle am Bahnhof selbst weg," informiert der Ingenieur.
Warum konzentriert man sich nicht auf die Umwidmung und Realisierung des Bahnhofsprojekts?
Der Bürgerinitiative sei es am liebsten, wenn die Gemeinde ihre Benko-Pläne auf Eis legen würde und sich dafür an die Umsetzung des im Masterplan der Stadt eingetragenenen Projekts zur Verbauung des Bahnhofs machen würde. Nächste Woche findet dazu ein Treffen von Landeshauptmann Kompatscher mit den Generaldirektroren der Ferrovie dello Stato und dem Schienenbetreiber RFI statt. Es werden weitere Abkommen unterzeichnet, das Vorhaben soll also konkreter werden.
"Zwischen den beiden Projekten besteht leider keine Korrelation," weiß Winfried Theil, "ja, vielmehr noch, man hat das ursprünglich im ARBO-Projekt vorgesehene Kaufhaus jetzt auf einmal wieder herausgenommen." Das sei schade und vermindere die Attraktivität eines Bahnhofszentrums, in dem täglich tausende von Reisenden verkehren und diese ein gut ausgestattetes Kaufhaus sicher geschätzt hätten. Auch, ob der Busbahnhof dann im Endeffekt bei der Rittner Seilbahn stationiert bleibt, oder noch einmal verlegt werden soll, ist unklar und nicht angedacht.
Ein Sammelsurium an Ungereimtheiten - die Stadtregierung habe nicht die Kraft, Regeln zu setzen, meint Andreas Gottlieb Hempel, aus diesem Grund sehe er sich gemeinsam mit den anderen Experten aufgerufen, noch einmal aktiv zu werden, und für die Bürgerversammlung bzw. eine Demonstration, die am Donnerstag, 12. März um 18 Uhr 30 am Rathausplatz stattfinden soll, zu plädieren.
Zur Richtigstellung:
Zur Richtigstellung:
Das PSU für das Benkoprojekt wird in der ausgearbeiteten Form negative Auswirkungen für die Stadt haben: "Katastrophe" entspricht nicht genau meinen Wörtern. Katastrophe erklärt aber wirkungsvoll unsere Sorgen gegenüber einem Projekt, das noch viele Lücken und Mangeln aufweist. Sehr fraglich ist, ob dieses Projekt vom öffentlichen Interesse ist.
Das Anliegen dieser APOLITISCHEN INITIATIVE ist den Bürgern/innen mehr Informationen zu geben, ohne Polemik und Schwarzmalerei.
Das Thema ist technisch, umfangreich, komplex und kann leider nicht in den wenigen Zeilen eines guten Artikels erklärt werden.
Das Genehmigungsverfahren zwingt den Gemeinderat das Projekt in dieser Form entweder gutzuheißen oder zurückzuwerfen. Gibt es wirklich keine andere Chance um das Benkoangebot im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung und des öffentlichen Interessen zu interpretieren? Das derzeitige Projekt scheint nicht in diese Richtung zu gehen.
Mehr Info könnt ihr am nächsten Montag dem 9. März, um 19.30 Uhr im Gemeindesaal in der Gummergasse 7, erhalten.
Dem Protest am Kornplatz
Dem Protest am Kornplatz möchte ich ergänzend hinzufügen, dass die Bürgerinitiative "Unsere Stadt/Città Nostra" nicht einfach gegen alles ist. Wir sind gegen das Projekt Benko, weil zahlreiche sachliche und städtebauliche Gründe dagegen sprechen, die alle bereits aufgezählt worden sind - das muss hier nicht wiederholt werden.
Wir sind dafür, dass sich Bozen auf seine eigenen Werte besinnt, etwas Besonderes zu sein. Dafür gilt es Visionen zu entwickeln, die bei der Phantasielosigkeit der jetzigen Stadtregierung und ihrer Planungspolitik vollkommen fehlen. Früher kamen Gäste nach Bozen, weil es hier Dinge gab, die anderswo nicht zu haben waren: von der besonderen Atmosphäre dieser Stadt bis zu Waren, die man nur hier kaufen konnte. Inzwischen hat sich der globale Einheitsbrei der Angebote auch auf diese Stadt ausgebreitet. Alles was es in Bozen zu kaufen gibt, das kann man heute überall bekommen. Alle städtebaulichen Fehler, die Bozen aufweist, gibt es auch anderswo: Zersiedelung, häßliche Gewerbesteppen, eine Innenstadt, die immer ungepflegter wird, ein Bahnhofspark, der alles andere ist als eine Visitenkarte, ein Innenstadtverkehr, der nicht nur stinkt sondern abschreckt, diese Stadt aufzusuchen, ein Bahnhof der mehr als ungepflegt ist usw. usw. - hier gilt es mit einer Stadtentwicklungspolitik so kreativ und visionär anzusetzen um diese Mißstände nicht nur abzustellen sondern um Bozen Alleinstellungsmerkmale zu verschaffen:
- Eine autofreie Innenstadt mit der längsten und gepflegtesten Einkaufsmeile Italiens vom Zwölfmagrein- bis Grieserplatz
- eine ideelle "Einkaufsmeile der Sprachkulturen" (wer hat schon drei Sprachen und Kulturkreise mitten in Europa? Da kann man uns beneiden!
- eine "Einkaufsmeile der Baukultur" von der Romanik über die Gotik zum Barock und Jugenstil, dem Razionalismo bis zu püreisgekrönter Moderne (wer sonst kann das alles anbieten?
- eine "Einkaufsmeile des innovativen Gewerbes" mit hochqualifizierter innovativer, klein strukturierter und krisenfester Produktion (welche Industriestadt kann da mithalten?
- eine "Einkaufsmeile eines alternativen und aktiven Tourismus" vom Wein über Kunst und Kultur bis zu ganz neuen Events, die es anderswo nicht gibt und die in Bozen entwickelt werden könnten.
....und vieles mehr.
Dazu braucht es eine andere, kreative und innovative Politik und endlich ein wirkungsvolles Stadtmarketing und eine Stadtverwaltung, die nicht nur bürokratisch verwaltet sondern zusammen mit der Bevölkerung "unsere Stadt" so zielorientiert entwickelt, wie hier kurz skizziert.
Nur Einzigartigkeit, Authentisches und klare Identität zieht Kunden an!
Nicht aber eine Shoppingmall/Einkaufszentrum/Kaufhaus in dem es alles das zu kaufen gibt, was man auf jedem Flughafen bekommt: weltweit dieselben Waren, Fastfood und Sushi.
Lassen Sie uns am kommenden Montag, dem 9. März, 19:30 Uhr im Gemeindesaal der Stadt Bozen, Gumer Gasse darüber diskutieren und zur gleichen Uhrzeit am 12. März auf dem Rathausplatz demonstrieren.