Gesellschaft | Personalgesetz

Deegs schwere Geburt

Das neue Personalgesetz entwickelt sich immer mehr zum Kraftakt von Landesrätin Waltraud Deeg. Wo können sich Gewerkschaften und Opposition durchsetzen?

Wie zumutbar sind Versetzungen vom Dienstsitz im Umkreis von bis zu 50 Kilometern? Das ist einer der Punkte, die bei der Diskussion um das neue Gesetz für rund 25.000 Beschäftigte der Südtiroler Landesverwaltung nach wie vor für heiße Diskussionen zwischen Gewerkschaften und Verwaltungslandesrätin Waltraud Deeg sorgen. Am heutigen Donnerstag werden die insgesamt 53 Artikel des Entwurfs zum Personalgesetz im Gesetzgebungsausschuss diskutiert. Vorangegangen ist am Mittwoch eine Anhörung der Gewerkschaften. Dabei wurde klar, dass das Einheitsgesetz, mit dem die unterschiedlichsten Gesetzesbestimmungen für Beamte erstmals gebündelt werden, trotz regelmäßiger Verhandlungen mit den Gewerkschaften seit vergangenem Oktober noch nicht fertig gebacken ist.

Das heißt zwar nicht, dass die Gewerkschaften das gesamte Gesetz schlecht heißen, unterstrich die Verantwortliche für die Landesbediensteten im ASGB Karin Wellenzohn im Morgentelefon von RAI Südtirol. In Frage gestellt wird jedoch eine seiner Grundlinien – und zwar nicht nur von den Gewerkschaften. „Nicht einverstanden erklären können wir uns mit dem Ansatz, dass an sehr vielen Stellen des Gesetzes per Gesetz in die Kollektivvertragsebene eingegriffen wird“, schreiben auch die Grünen in einer Stellungnahme zum Gesetzesvorschlag. „Damit stellt sich der Gesetzgeber einseitig über einen Vertrag, der von zwei Seiten ausgehandelt werden muss – sonst ist es ja kein Vertrag mehr.“

Landesrätin Deeg beteuert zwar, dass ganze Bereiche wie die Disziplinarordnung ohnehin 1:1 aus dem Kollektivvertrag übernommen wurden. Ihre Aussage, dass dieser Schritt nötig sei, um insgesamt mehr Rechtssicherheit im Bereich öffentlicher Dienst zu schaffen, können die Gewerkschaften nicht nachvollziehen. „Der Vertretungsanspruch der Arbeitnehmer wird erneut eingeschränkt“, sagt Gewerkschafterin Wellenzohn. „Wieso können in so einem Gesetz nicht nur Grundsätze und Zuständigkeiten festgeschrieben werden?“

„Versetzungen blieben Ausnahme“

Auf der Stelle tritt man derzeit auch bei der Mobilität der Bediensteten im Umkreis von 50 Kilometern des Dienstsitzes. Was für die Landesrätin schon lange ein Grundprinzip privatrechtlicher Arbeitsverhältnisse ist, würde laut Einschätzung der Gewerkschaften in vielen Fällen die Grenze der Zumutbarkeit übersteigen. Vor allem dort, wo Bedienstete schon heute täglich von Schlanders oder Bruneck in die Landeshauptstadt pendeln müssen. Doch vielleicht ist der Passus tatsächlich vor allem auf ein kolportiertes Postenkarussell in der Direktionsebene des Südtiroler Sanitätsbetriebs zugeschnitten? Zumindest auszuschließen sind solche Thesen aufgrund der Aussagen von Waltraud Deeg auf RAI Südtirol nicht. Bei diesen Versetzungen würde es um seltene Fälle, und keineswegs um den Regelfall gehen, betonte die Landesrätin. Als Hintergrund nannte Deeg dabei den Umbau der Landesverwaltung, bei dem in einigen strategischen Bereichen auch eine Verstärkung personeller Natur nötig sei. „Da wir aufgrund des Personalstopps keine Leute anstellen können, könnte in einigen wenigen Fällen eine räumliche Veränderung anstehen, die aber dann immer in Absprache mit den Betroffenen erfolgt“, erklärte sie.

59 Änderungsanträge

Für die Grünen straft die geplante Bestimmung in jedem Fall die vielen Versprechungen der Landesregierung zum Thema Vereinbarkeit und Beruf Lügen. Doch auch darüber hinaus ist das Gesetz für sie in gar manchem Punkt zu verbessern – weshalb die Landtagsfraktion bereits 59 Änderungsanträge vorbereitet hat. „Es geht nicht an, dass die Landesangestellten das Aktienvermögen ihrer Verwandten offen legen müssen“, ist dort unter anderem zu lesen. Nachdrücklich auch die Forderung nach einer Beibehaltung der Freistellungen für ein politisches Mandat. „Die Tatsache, dass GemeinderätInnen in Zukunft keine Zeit mehr für die Vorbereitung der Gemeinderatssitzungen beanspruchen können, ist eine nicht annehmbare Abstrafung der demokratischen Arbeit von GemeinderätInnen. Gute Gemeinderatsarbeit braucht Zeit und Vertiefung, vor allem auch in der Opposition. Die Vermutung liegt nahe, dass man gerade hier Potenzial zunichte machen will“.

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Oskar Egger Do., 12.03.2015 - 17:28

Werte Frau Dr. Deeg, schon sehr befremdlich, Ihre Reformideen und überhaupt nicht familienfreundlich und das wollen Sie doch sein, oder? Weil durch allgemeines Mißwirtschaften die Krankenhäuser in der Peripherie schließen müssen, wird von den wehrlosen Angestellten jetzt noch diese absurde Mobilität verlangt? Haben Sie auch schon mal darüber nachgedacht, wie in den unteren Berufsklassen des Landesmolochs das Familienklima ausschaut? Finden Sie es fair, daß AmtsdirektorInnen zu ihren Spitzengehältern noch Prämien beziehen, wenn sie "von unten ausmisten"? das heißt konkret, es gibt Landesstellen (nicht in den oberen Etagen, da sitzen manche, deren Arbeit sinnlos ist), da müssen arbeitende Eltern, durch prämierten Stellenabbau, doppelt soviel leisten wie noch vor Kurzem, bei seit 5 Jahren eingefrorenen Gehältern. Können Sie sich das Klima in diesen Familien vorstellen? Und wer es wagt, aufzumotzen, muss mit Mobbing und an den Haaren herbeigezogenen Disziplinarstrafen rechnen. Schaut so Reform aus? Fair wäre es, wenn alle verhältnisgerecht zurückstecken müssten, aber fairness ist ein Fremdwort.

Do., 12.03.2015 - 17:28 Permalink