Politik | SVP

"Dieses Ergebnis ist ein Desaster"

Mag Bozens Vize-Bürgermeister Arm in Arm mit Luigi Spagnolli posieren - der Zweitgewählte der Bozner SVP Luis Walcher nimmt sich kein Blatt vor den Mund.

Luis Walcher hätte eigentlich Grund, an diesem Montag Abend zu feiern. 1000 Stimmen hatte sich der Bozner Bauernkandidat der Südtiroler  Volkspartei diesmal als Wahlziel gesetzt. Weniger als letztes Mal, als er mit 1.194 Stimmen ebenfalls Zweitgewählter hinter Vize-Bürgermeister Klaus Ladinser war. „Die Nicht-Wähler werden diesmal stark sein, deshalb werden schon 1000 Vorzugsstimmen schwierig werden“, hatte der SVP-Kandidat im Vorfeld der Wahl prophezeit. Nach dem Wahlsonntag ist die Wahlbeteiligung in Bozen tatsächlich um weitere acht Prozentpunkte auf 57,8% zurückgegangen. Doch Luis Walcher hat sein Ziel mit 1111 Stimmen übertroffen. Und: Statt knapp 1000 Stimmen liegen diesmal nur mehr 271 Stimmen zwischen ihm und Klaus Ladinser. Freude kommt dennoch keine auf beim Bozner Obst- und Weinbauern vom Urbanhof Prantenberger – angesichts eines Gesamtergebnisses von 6105 Stimmen, das er und seine 22 MitstreiterInnen erzielten. „Mit einem solchen Ergebnis verliert die Volkspartei das Recht zu sagen, dass sie die Rechte der deutschsprachigen Bozner BürgerInnen vertritt“, sagt Walcher.

10.000 Stimmen hatte die Bozner SVP diesmal als internes Wahlziel angepeilt, 1000 mehr als letztes Mal.  Schließlich lockte auch das Potential,  dass die Wahlbeteiligung auf italienischsprachiger Seite stärker einbrechen würde als bei den deutschsprachigen Boznern. Dann gab es noch den vorab geschlossenen Pakt mit dem Bürgermeister und das Versprechen, dass nun aber wirklich etwas weitergehen würde in Bozen. Und dann waren da schließlich noch Stimmfänger wie etwa die Glorreichen Sieben rund um Anna Pitarelli, die in den vergangenen Wochen unermüdlich durch die Landeshauptstadt zogen – sei es Arm in Arm mit dem Alt-Landeshauptmann oder mit Besen und Putzkübel bewaffnet.

"Mit einem solchen Ergebnis verliert die Volkspartei das Recht zu sagen, dass sie die Rechte der deutschsprachigen Bozner BürgerInnen vertritt."

Doch all das konnte die Bozner SVP nicht vor der „schlechtesten Vertretung im Gemeinderat der gesamten Nachkriegszeit“ retten, wie Walcher vorrechnet. Noch vor zehn Jahren konnte sich die Volkspartei in der Landeshauptstadt auf 11.500 Stimmen sowie auf elf Gemeinderäte und drei Stadträte berufen; 2010 waren es 9000 Stimmen sowie zehn Gemeinderäte und zwei Stadträte. Und nun hat man vorerst mit 6105 Stimmen gerade einmal sieben KandidatInnen durchgebracht. „5500 verlorene Stimmen in zwei Wahlen“, sagt Walcher.

Durchgefallen der gesamte „Putztrupp“ von Anna Pitarelli, die selbst mit 443 Stimmen gerade einmal den vorletzten Listenplatz der wenig glorreichen Sieben ergatterte. Durchgefallen auch klingende Namen wie Elmar Streitberger oder Gemeinderäte wie Stephan Konder oder Norbert Clementi. Gewählt wurden neben Klaus Ladinser, Luis Walcher und Anna Pitarelli Stadträtin Judith Kofler Peintner, Sylvia Hofer, Ulrich Kauer und Peter Warasin. Basta.

Welche Mehrheit?

Am Donnerstag Abend soll das Wahldesaster bei einer Sitzung des Bozner Führungsgremiums analysiert werden. Einfach zum Tagesgeschäft weitergehen kann man zumindest laut dem bisherigen Vize-Präsidenten des Gemeinderates nicht. Auch weil für Luis Walcher unklar ist, wie die Strategie für die Stichwahl in zwei Wochen aussehen soll. Auf gerade einmal 19 Sitze kommt das Bündnis um den Bozner Bürgermeister inklusive Rudi Benedikters Restmandat und der Stimme des PSI. Für eine ohnehin knappe Mehrheit von 23 Sitzen fehlen also vier Stimmen. „Non ci saranno accordi del tipo mercato delle mucche“, kündigte der Bozner Bürgermeister am Montag an. Doch wie dann soll eine Mehrheit zustande kommen, fragt sich nicht nur Walcher. Und zwar nicht nur bei der Stichwahl, sondern auch im Gemeinderat. Dort muss eine neue Regierung schließlich zuerst das Vertrauen einer Mehrheit der Gemeinderäte erhalten. „Und je später man einkaufen geht, desto teurer wird es“, warnt Luis Walcher. Wohin also führen die patti chiari  die SVP und PD vor den Wahlen geschlossen haben?

“Non abbiamo vinto le elezioni, ma nessuno ci ha battuti”, sagt Luigi Spagnolli. „Klarer als auf diese Art kann uns der Wähler nicht mitteilen, dass wir die Menschen wieder anders ansprechen müssen, dass wir uns endlich den Veränderungen der Zeit anpassen müssen, dass endlich Schluss sein muss mit den Nicht-Entscheidungen“, widerspricht ihm Luis Walcher. In den Dörfern werden SVP-BürgmeisterInnen mit einem Drittel bis zur Hälfte ungültiger Stimmzettel gewählt. „In Bozen geht man nicht einmal mehr zur Wahl“, sagt er.

Was als gilt es zu tun bei der Bozner SVP? Und welche Rolle will der 41-Jährige Zweitgewählte dabei übernehmen? „Ich habe keine Angst Verantwortung zu übernehmen und auch schwierige Entscheidungen zu treffen“, meint Luis Walcher. Aber für konkrete Forderungen sei nun nicht der richtige Zeitpunkt. „Jetzt gilt es einmal die Misere aufzuräumen und zu schauen, wie wir uns für eine bessere Zukunft aufstellen.“ Nein, es ist gibt keinen Grund zu feiern heute Abend für Luis Walcher. Genauso wenig wie für viele andere seiner Parteifreunde.  

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Martin B. Mo., 11.05.2015 - 20:45

Wenigstens die Bauern scheinen es zu können: eine ehrliche Analyse und treffende Aussage zu treffen. Was in Walchers Analyse fehlt, ist einmal das spaltende Thema Benko/Kaufhaus und die Themen Sicherheit und Migration, welche nicht nur die Tagespresse letzthin dominiert haben, sondern auch Lega und Konsorten inkl. einem Neofaschisten in den Gemeinderat gespült hat, trotz der Zersplitterung und persönlichen Anfeindungen quer durchs rechte Lager. Sie sind die Wahlsieger, weder die Mitte, noch Links oder M5S, wie immer man die auch einordnet. Schlecht für die Landeshauptstadt...

Mo., 11.05.2015 - 20:45 Permalink
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Pino G. Di., 12.05.2015 - 15:09

Antwort auf von Maria Teresa Fortini

Gentile Teresa Fortini, Lei scrive "Mi chiedo solo se ora l’SVP continuerà a copiare il PD, diventando definitivamente un partito delle lobby e degli interessi amicali, oppure proverà a riscoprire quello che c’era di buono nel vecchio partito di Magnago: popolare, orgoglioso di difendere il paesaggio, le tradizioni e l’ambiente della nostra Provincia."
Diventando il partito delle lobby e degli interessi locali? ma è seria???
PG

Di., 12.05.2015 - 15:09 Permalink
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Alfonse Zanardi Di., 12.05.2015 - 21:36

Dass der SVP genau dann die städtischen Wähler davonlaufen wenn sie gerade etwas moderner und weniger ländlich wird, muss man auch einmal verstehen lernen.

Di., 12.05.2015 - 21:36 Permalink
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Joseph von Nazareth Fr., 05.06.2015 - 00:03

Anna Pitarelli hat 506 Stimmen bekommen und das sind 450 Stimmen mehr, als jene schamlosen Kandidaten, die mit 30, 40, 50 Stimmen Gemeinderäte geworden sind. Hoffentlich kommt es zu Neuwahlen, egal was dabei rauskommt. Hauptsache wir sind endlich die INDAGATI los...

Fr., 05.06.2015 - 00:03 Permalink