Politik | Meran

Notruf nach Wien

Gerhard Gruber und die Meraner SVP sind mehr als nervös. Vor der Stichwahl setzt man jetzt auf eine Wiener Agentur, plötzliche Bürgernähe und die italienischen Partner.

Am Tag nach der Gemeinderatswahl wählte man in Meran die Notrufnummer. Es war aber nicht die 118, sondern die österreichische Handynummer 0043 664 ******5. Die Nummer gehört der Wiener Politikberaterin Michaela Mojzis. Die 46jährige Kommunikationstrainerin war von Jänner 2007 bis Ende Oktober 2008 Bundesgeschäftsführerin der Österreichischen Volkspartei und arbeitet inzwischen auch als selbstständige Wahlkampfmanagerin.


Wiener Politikberaterin Michaela Mojzis: Hilfe für Gerhard Gruber.

In dieser Funktion wurde Michaela Mojzis am vorvergangenen Montag von der Meraner SVP kontaktiert. Nach dem Absturz bei den Gemeinderatswahlen mit einem Verlust von 11,3 Prozent rutschte die SVP in der Passerstadt auf ein historisches Tief von 25,2 Prozent. Noch gefährlicher ist aber die anstehende Stichwahl zwischen Gerhard Gruber und seinem Herausforderer Paul Rösch. Gruber hatte im ersten Wahlgang nur einen Vorsprung von rund 350 Stimmen.
Vor diesem Hintergrund versucht man jetzt eine Art Generaloffensive, um für die Stichwahl am kommenden Sonntag möglichst viele Wähler zu mobilisieren.

Grubers Bürgergespräche

Mit Michaela Mojzis sollte jetzt eine erfahrene Politikberaterin engagiert werden, mit der Aufgabe den Edelweiß-Karren so schnell wie möglich aus dem Dreck zu ziehen. Nach Informationen von salto.bz war die Antwort aus Wien aber sehr ernüchternd. Mojzis erklärte, dass der Wahlkampf bereits zu weit fortgeschritten sei, um noch große Kurskorrekturen machen zu können. Das einzige, was jetzt noch nütze, sei das Klinkenputzen durch den Bürgermeisterkandidaten. Im Klartext: Gerhard Gruber soll Bürgernähe zeigen. Durch die Stadt gehen und mit den Bürgern reden.
Genau das setzte der SVP-Bürgermeisterkandidat auch umgehend um. Unter dem Schlagwort „Bürgergespräche“ flaniert Gerhard Gruber seitdem durch Meran. Auf Facebook wird die Aktion dann per Foto und Text publikumswirksam verbreitet.


Unter dem Foto heißt es:
Kontinuierlich im aktiven Gespräch mit den Bürgern. Gruber Gerhard fragt nach der Meinung, hört zu und steht allen Rede und Antwort.“

Der Stratege

Man verlässt sich aber nicht nur auf Hilfe aus Wien. Ulrich Mayer war der Kabinettschef des Meraner Bürgermeisters Günther Januth. Der ehemalige Dolomiten-Journalist hat Januth bei seinem Aufstieg in die Gemeindepolitik maßgeblich unterstützt und danach jahrelang die Politik des Meraner Bürgermeisters absolut professionell gemanagt und medial verkauft.
Mit Januths Ausscheiden verlässt auch Mayer das Meraner Rathaus. Vor zwei Wochen holte SVP-Obmann Philipp Achammer den Meraner in die SVP-Zentrale. Zur besonderen Verwendung.
Nach dem Wahldesaster wurde Ulrich Mayer aber umgehend wieder nach Meraner zurückbeordert. Er soll Gerhard Gruber in den letzten Tagen vor der Stichwahl zur Hand gehen.

Der Kopf

Seit den Gemeinderatswahlen hat aber auch einer das Ruder wieder in die Hand genommen, der traditionell die politischen Geschehnisse in Meran lenkt: Karl Zeller.
Gerhard Gruber ist nicht nur ein enger Freund des Meraner Senators und SVP-Bezirksobmannes, sondern Zeller hat auch Grubers Karrieren seit 20 Jahren maßgeblich mitgestaltet. Auch als Meraner Bürgermeister ist Gruber eine Erfindung von Karl Zeller.
Nachdem man Gerhard Gruber durch die SVP-Vorwahl geboxt hat, hielt sich der SVP-Senator bewusst zurück. Man ging davon aus, dass der neue Mann auch dann das Rennen macht, wenn sich die Partei-Kapazunder nicht zu groß einmischen.
Doch nach den Gemeinderatswahlen ist es mit der Zurückhaltung vorbei. Karl Zeller hat in der Meraner SVP und vor allem im Wahlkampf für die Stichwahlen wieder die politische Regie übernommen. Es ist vordergründig ein Engagement, um dem SVP-Kandidaten zum Sieg zu verhelfen. Gleichzeitig aber auch ein Engagement in eigener Sache. Denn Karl Zeller weiß nur zugut: Verliert Gerhard Gruber die Stichwahl gegen Paul Rösch, wird man innerhalb der SVP das tun, was man sich bisher noch nicht getraut hat. Nach der Mitverantwortung des Meraner SVP-Bezirksobmannes für die Wahlschlappe zu fragen oder gar seinen Rücktritt einfordern.

Verliert Gerhard Gruber die Stichwahl gegen Paul Rösch, wird man innerhalb der SVP auch nach der Mitverantwortung des Meraner SVP-Bezirksobmannes für die Wahlschlappe fragen.

Italienische Partner

Die Handschrift von Karl Zeller machte sich vergangene Woche bereits maßgeblich bemerkbar. Die Idee, bereits jetzt offensiv die italienischen Koalitionspartner vorzustellen und gemeinsam in die Stichwahl zu marschieren, stammt vom Meraner SVP-Parlamentarier. Zeller weiß, wie man mit den italienischen Parteien in der Passerstadt umgeht. Vergangene Woche posierten Gruber und seine italienischen Partner wie die vier Musketiere für die Fotografen.


Vier Meraner Musketiere: Poker um Sessel und Ämter.

Bei den internen Verhandlungen pokern die italienischen Parteien hoch. Man tritt als gemeinsamer Block auf. Wobei Giorgio Balzarini 1.000 Stimmen für Gerhard Gruber in der Stichwahl verspricht und Nerio Zaccaria zwischen 300 und 400 zusichert.
Im Gegenzug will vor allem Balzarins Civica dafür ordentlich belohnt werden. Civica-Macher Diego Cavagna weiß nur zugut, dass die SVP jetzt in der Klemme steckt und er und seine Partei legen deshalb ordentlich vor. So fordert man gleich drei der wichtigsten Ämter in der Meraner Gemeinde: Den Referenten für öffentliche Bauten, jenen für öffentliche Arbeiten und den Vorsitz in der Gemeindebaukommission.
Die SVP hat in den Verhandlungen bisher dazu nicht Nein gesagt.

Problem SVP-Wähler

In der SVP geht man davon aus, dass Gerhard Gruber vor allem mit Hilfe der italienischen Stimmen die Stichwahl gegen Paul Rösch gewinnen kann. Grundvoraussetzung dafür aber ist, dass er die SVP-Stimmen aus dem ersten Wahlgang halten und ausbauen kann.
Doch in der Meraner SVP befürchtet man, dass genau das schwierig wird. Denn viele SVP-Wähler haben ganz bewusst – trotz Gruber – SVP gewählt. Sie wollten die Partei unterstützen, aber nicht den Bürgermeisterkandidaten. Gelingt es diese Wählerinnen und Wähler im allerletzten Moment nicht umzustimmen, besteht die Gefahr, dass sie der Stichwahl fern bleiben. Oder für die SVP noch schlimmer: Paul Rösch wählen.

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Josef Rohrer Mo., 18.05.2015 - 08:24

Wer zumeist im stillen Kämmerlein paktelt und "Bürgernähe" erst in der Woche vor Wahlen übt, darf sich nicht wundern, dass man sie ihm nicht glaubt.

Mo., 18.05.2015 - 08:24 Permalink
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Richard Lang Mo., 18.05.2015 - 08:40

Ich denke nicht, dass es die Politikberaterin Michaela Mojzis war, die zu den Dreckvorwürfen an Frau Kury durch Herrn Enz und Herrn Hölzl geraten hat.
Herr Gruber muss wohl zudem zu diesen Massnahmen des Bürgergesprächs greifen, denn die kosten nichts. Ich denke nämlich dass er die angegebenen 3.500 € fürs Wahlkampfbudget schon ausgegeben hat.
http://www.gemeinde.meran.bz.it/de/download/Gerhard_Gruber.pdf

Mo., 18.05.2015 - 08:40 Permalink