Politik | Bozen

"Rechtsextremes Gedankengut ist demokratisiert"

Der Einzug von Casa Pound-Vertreter Andrea Bonazza in den Bozner Gemeinderat sorgt weiterhin für Diskussionen.

„Sono fascista, perché no? Non c’è niente di male”: Das sind nicht die einzigen Aussagen des neugewählten Bozner Gemeinderats Andrea Bonazza auf dem Radiosender Radio 24, die vergangene Woche für Diskussionen gesorgt haben. Und es sind nicht die einzigen alarmierenden Taten des Neo-Politikers, der nun im Namen von Casa Pound die Bozner Geschicke mitlenken soll. Bonazza war nicht nur bei Gründung der Bozner Skinheads beteiligt, er war auch anwesend, als 2003 in einer Bozner Bar der erst 26-jährige Fabio Tomaselli von Naziskins zu Tode geprügelt worden war. Andrea Bonazza widmete „Capitano“ Erich Priebke, dem letzten deutschen Kriegsverbrecher in italienischer Haft, nach dessen Tod auf Facebook ein Lied und fiel bei einer Veranstaltung zum Foibe-Massaker mit dem Saluto romano auf – ein Verhalten, das ihm eine Verurteilung zu zwei Monaten Haft einbrachte.

All das beunruhigt auch die Hebräische Gemeinschaft in Meran. „Welche Zukunft erwartet uns“, fragt Präsidentin Elisabetta Rossi Innerhofer in einer gemeinsamen Mitteilung mit dem Präsidenten der gesamtitalienischen Gemeinschaft Renzo Gattegna. In dem von der Tagezeitung Alto Adige veröffentlichen Schreiben zeigen sich die beiden Vertreter angesichts der Wahl des Casa Pound-Vertreters äußerst alarmiert. „Wir sind angewidert von denjenigen, die Hass und Lügen verbreiten, um sich politisch zu profilieren – und denken, dass Menschen auf dem Niveau mit Entschlossenheit und mit Geschichtslektionen begegnet werden muss“, schreiben Rossi Innerhofer und Gattegna. Wer die Rolle des faschistischen Italiens und Nazi-Deutschlands bei der Shoah verharmlose oder negiere, beleidige auch die Erinnerung an alle Opfer dieser Regime. In einer Zeit großer sozialer Spannungen, wie sie Italien derzeit erlebe, sei eine solche Propaganda und Geschichtsverzerrung besonders zu verurteilen, erklären die beiden Vertreter der hebräischen Gemeinschaft.

„Es jubelt auch die faschistische Bourgeoisie, die nicht mehr versteckt im Keller ihre Feste feiern muss, sondern bei Tageslicht ihre krude Ideologie in die Welt brüllen kann. Bozen versinkt in seiner Schande.“

Klare Worte zum rechten Zuwachs im Bozner Gemeinderat findet am Montag aber auch Dolomiten-Redakteur Michael Fink in der Rubrik „Vorausgeschickt“: „Rechtsextremes Gedankengut ist demokratisiert“, lautet der Titel des Kommentars, in dem Fink eine Änderung des Lebensgefühls in Bozen prophezeit. „Es ist nunmehr legitim, mit Mussolini haussieren zu gehen, römisch zu grüßen und ‚demokratisch’ gegen Andersdenkende zu hetzen“, schreibt er. Das Gerede vom friedlichen Zusammenleben und gegenseitigem Respekt entpuppe sich somit als „nichts anderes als eine hohle Phrase“. „Es jubelt auch die faschistische Bourgeoisie, die nicht mehr versteckt im Keller ihre Feste feiern muss, sondern bei Tageslicht ihre krude Ideologie in die Welt brüllen kann. Bozen versinkt in seiner Schande.“

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Martin B. Mo., 18.05.2015 - 10:03

Ein sehr unangenehmes Gefühl: Bozen eine Stadt mit (zumindest) einem bekennendem Faschisten in der Gemeinde. Ich hoffe wirklich diese Strömung erstarkt nicht weiter.

Mo., 18.05.2015 - 10:03 Permalink
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Liselotte Lenna Mo., 18.05.2015 - 10:54

Antwort auf von Martin B.

Nicht einer ist es - es sind vier: Aufklärung bietet Bonazza selbst in einem von verschienen Medien aufgegriffenen Interview: Schiatti (Lista Benussi) und Caruso (Unitalia) kommen aus den gleichen Reihen (CasaPoundItalia). Nicht zu unterschätzen ist BM-Kandidat Benussi, jener der sich kurz vor den Wahlen von CasaPound distanziert hat, aber eben nur einige Stunden lang.

Und was macht BM Spagnolli? http://www.salto.bz/article/15052015/bonazza-dixit

Da kann er jetzt sagen was er will. Das Bild spricht Bände!

Mo., 18.05.2015 - 10:54 Permalink
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Dr. Streiter So., 21.06.2015 - 00:13

der Dolomiten 'Redakteur' Fink weiss nich wass Bourgeoisie ueberhaupt bedeutet. Ich kenne ihn seit langem, er ist politisch ignorant, aber SVP treu, jedoch er verwendet den Begriff auch ziemlich definitionslos, weil er keine Geschichte kennt.

So., 21.06.2015 - 00:13 Permalink