Der Siegessichere
Es geht ums Eingemachte an diesem Pfingstsonntag in Meran. Immerhin ist die Passerstadt die einzige der drei Gemeinden, in der es bei der anstehenden Stichwahl um einen SVP-Bürgermeistersessel geht. Und den Meraner Bürgermeister zu verlieren, wäre wohl der schwerste Schlag, den die Volkspartei bei diesen ohnehin unglücklich verlaufenen Gemeindewahlen verkraften müsste. So weit wird es aber nicht kommen, zeigte sich Bürgermeisterkandidat Gerhard Gruber bei einer der wenigen Diskussion im Vorfeld des zweiten Wahlsonntags in diesem Mai siegessicher. „Ich bin davon überzeugt, dass die WählerInnen in der Stichwahl den sicheren Weg gehen, also wissen, wo die Mehrheit liegt und wo die Leute sind, die Sachen umsetzen“, erklärte er in der Direktkonfrontation mit seinem Herausforderer Paul Rösch im Mittagsmagazin von RAI Südtirol.
Diesbezüglich hat er seinem Konkurrenten zweifelsohne einiges voraus. Eine Mehrheit von 20 der insgesamt 36 Mandate, eine Fortführung der Zusammenarbeit mit den beiden bisherigen Partnern La Civica per Merano und Alleanza per Merano, mit denen die Volkspartei in der abgelaufenen Legislatur „bereits viele gute Erfahrungen gemacht und 90 Prozent der vorgegebenen Ziele erreicht hat“ und - mit dem vierten Partner PD an Bord - ein politisches Spektrum aus „vielen unterschiedlichen Seelen, von grün-links bis rechts“: So verkaufte Gruber sein Angebot auf RAI Südtirol. Bereits am Montag lieferten die vier Parteien in einer Presskonferenz auch ihre ersten zwölf gemeinsamen Programmpunkte mit – von Wahlzuckerlen wie der Abschaffung des Irpef-Zuschlags für Einkommen bis zu 28.000 Euro bis zum neuen Sozialplan, von einer 300 bis 400 Personen fassenden Halle für Konzerte und andere Jugend-Events bis hin zum Versprechen, den Stadtvierteln ein Budget zur Eigenverwaltung zuzuweisen oder in Gratsch und Untermais einen echten Ortskern samt Dorfplatz zu schaffen.
"Drohender wirtschaftlicher Stillstand"
Flankiert wird das Paket des siegessicheren SVP-Kandidaten nicht zuletzt von der SVP-Wirtschaft. Bezirkspräsident Hansi Pichler entwarf am Dienstag ein wahres Untergangszenario für den Fall eines Sieges der Gegenseite. „Die Bürgermeisterstichwahl am kommenden Sonntag ist für die Stadt Meran, aber auch für den gesamtem Bezirk Burggrafenamt richtungsweisend“, rüttelt er in einer Aussendung auf und warnt darin vor der „Gefahr des wirtschaftlichen Stillstands für Meran und den gesamten Bezirk in den nächsten Jahren“. Wie schon die SVP-Arbeitnehmer in der vergangenen Woche schiebt Pichler dabei vor allem den Grünen den Schwarzen Peter zu.
„Die Partei der Grünen weist keinerlei Wirtschaftsprogramm vor und verkörpert Verhinderungspolitik und Stillstand. Zu den verschiedensten Themen haben die Grünen und ihr Bürgermeisterkandidat Paul Rösch keine einheitliche oder keine nachvollziehbare Meinung. Man stellt sich lediglich strikt gegen jegliche wirtschaftliche Entwicklung. So zum Beispiel im Fall des Küchelbergtunnels: Während sich Paul Rösch zwar für den Tunnel, aber gegen die Kavernengarage ausspreche, haben sich die Grünen mehrfach gegen das gesamte Tunnelprojekt positioniert.“
Mediale Rückendeckung
Doch auch das mächtige Tagblatt der Südtiroler und sein Meraner Redakteur Klaus Innerhofer erweisen sich in diesen schwierigen Tagen als verlässlicher Partner. Nach den Angriffen auf die Grüne Cristina Kury von Seiten der SVP-Arbeitnehmer am vergangenen Freitag oder dem Versuch, das Wahlergebnis der SVP mittels Vorzugsstimmenanalyse schönzuschreiben, wird Gerhard Gruber beispielsweise in der Dienstags-Ausgabe der Dolomiten als „Opfer einer Diffamierungskampagne in sozialen Netzwerken und Internetmedien“ dargestellt. Zweifelsohne auch eine direkte Anspielung auf die salto-Artikel zu Gerhard Grubers Immobiliensteuer-Causa oder über das Geschäftsmodell seiner kroatischen Firma „Paljari d.o.o“. Ob es seiner Wiener Politikberaterin Michaela Mojzis zu verdanken ist, dass Gruber nun von den Dolomiten gefragt wird, warum er erst jetzt auf das „Dirty Campaigning“ oder die Schmutzkübelkampagne reagiert, wie die Zeitung die Berichte über ihn nennt, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass der SVP-Bürgermeisterkandidat dort nun breiten Raum erhält, noch einmal alle Kritikpunkte zu entkräften.
Lust auf mehr politische Mitbestimmung
Können Merans WählerInnen davon überzeugt werden? Schafft es Gerhard Gruber im zweiten Anlauf für sein aufwändig geschnürtes Paket doch noch eine breite Zustimmung zu bekommen? Oder haben die MeranerInnen tatsächlich genug von der Mehrheitspartei und Menschen wie Gruber, die trotz ihrer zu Schau gestellten Sympathien für Jugendkultur oder Mitbestimmung den Mief des alten Systems nicht loswerden? „Ich denke, sowohl der Erfolg von Paul Rösch als auch unserer Liste, die nun gleich viele Mandate wie der PD hat, können als Indikator für eine Lust auf Veränderung gesehen werden“, beantwortet die frisch gewählte M5S-Gemeinderätin Francesca Schirr solche Fragen. Beide Wahlprogramme haben laut ihrer Einschätzung jenen Nerv im Volk getroffen, der vom bisherigen politischen Angebot nicht bedient wurde. „Die direkte Demokratie, den Wunsch, ernst genommen zu werden, sich aktiv in die Politik einbringen zu können.“
Wahlempfehlung bekommt Paul Rösch von der in dieser Hinsicht rigiden Bewegung dennoch keine. „Das würde unseren Grundsätzen widersprechen“, sagt Schirr. „Doch Rösch wird keine Probleme haben, unsere WählerInnen dennoch zu überzeugen, sofern er jene Programmpunkte vorne anstellt, die wir teilen: von der direkten Demokratie über die Reduzierung der Politikkosten bis hin zur Umwelt.“
Ungewohnte Schützenhilfe kam am Dienstag auch von der Südtiroler Freiheit. „Dieses Bündnis ist nur dazu da, alte Seilschaften fortzuführen“, kritisierte der einzige Meraner Gemeinderat der Bewegung Christoph Mitterhofer die Allianz der Volkspartei mit ihren italienischen Bündnispartnern. „Genau diese Seilschaften wurden aber bei der Gemeinderatswahl am 10. Mai abgewählt.“ Mitterhofer wäre kein Vertreter der Südtiroler Freiheit, wenn er bei seiner Kritik nicht deren Hauptanliegen in den Vordergrund stellen würde.
„Zudem stellt die SVP in diesem Bündnis nun zahlenmäßig (9 zu 11) eine Minderheit dar. In der neuen Koalition haben die Italiener die Mehrheit, währenddessen im Gemeinderat von den 36 Gemeinderäten, 21 der deutschen Sprachgruppe angehören. Die SVP geht in Meran eine Koalition mit jenen Parteien, die unter anderem gemischtsprachige Kindergärten fordern. Diese Entwicklung sieht die Süd-Tiroler Freiheit in Meran mit großer Sorge entgegen und wird im Gemeinderat dagegen ankämpfen.“
Wo sind die Partner?
Doch was macht Paul Rösch mit Verbündeten, die ein Mandat im Gemeinderat halten und deren Programm vor allem in interethnischen Fragen konträr zu seinem steht – oder die per se keine politischen Bündnisse eingehen? Tatsächlich ist die Frage der Allianzen die Achillesferse des erfolgreichen Newcomers. „Als Demokraten sind unsere Traumgesprächspartner jene, die am meisten Stimmen vom Volk erhalten“, wiederholte er in der RAI-Diskussion mit Gerhard Gruber sein Angebot an die SVP gemeinsam zu reagieren. Auch die Liste Balzarini und der PD würden zu den bevorzugten Ansprechpartnern gehören, sagt Rösch.
„Lieber allein in der Opposition als mit den Grünen in der Regierung zu sitzen“, hatte SVP-Fraktionssprecher Gerhard Hölzl bereits am vergangenen Freitag erklärt. Sollte die Volkspartei bei diesem Motto bleiben, müsste Rösch im Fall eines Sieges aber bei noch viel mehr italienischen Parteien anklopfen. Denn gemeinsam mit La Civica und PD würden die Liste Rösch und die Grünen gerade einmal auf 15 Mandate kommen. Um die nötige Mehrheit zu erreichen, müssten also wohl gewaltige Abstriche vom eigenen Programm gemacht werden. Die Weigerung, in eine Koalition mit der Konkurrenz zu gehen, ist somit wohl tatsächlich eines der stärksten Asse des Gerhard Gruber. Ob sich die Wähler davon beeindrucken lassen, wird der Pfingstsonntag zeigen. Wäre er danach im Fall einer Niederlage bereit, unter einem Bürgermeister Paul Rösch als Gemeinderat zu fungieren, wurde Gruber in der RAI von Gudrun Esser gefragt: „Ich bin überzeugt, dass ich gewinne“, lautet seine Antwort. „Und somit ist das für mich kein Thema.“
Wenn in Meran alles perfekt
Wenn in Meran alles perfekt gelaufen wäre, dann hätte die SVP in Meran bei den Wahlen wohl nicht so viele Wählerstimmen verloren. Scheinbar will man das nicht zur Kenntnis nehmen. Die SVP samt Koalition hatten in Meran in der letzten Periode die Mehrheit. Wenn es heute keinen Küchelbergtunnel gibt, muss man wohl die Koalition der Mehrheit fragen nicht die Opposition. Dass man dann in Zeiten wie diesen dem "dummen Volke" sofort Abschaffung von Steuern verspricht.....lässt Böses ahnen. Wir hatten in Italien schon einen Oberwirtschaftsprofessor Dott. Berlusconi....., wie es ausgegangen ist wissen wir. Realpolitik ist wohl ganz was anderes. Wenn ich Märchen hören möchte, lass ich mich lieber in Grimms Märchenwelt ein, das ist gute Handwerkarbeit und kein Pfusch. Und als alter Alpinist sage ich, wäre Messner immer die alten Pfade gegangen....hätte er nicht solche Ziele erreichen können!
Wenn Paul Rösch am Sonntag
Wenn Paul Rösch am Sonntag die Stichwahlen gewinnt, wird die SVP allen jetzigen Beteuerungen zum Trotz in eine Koalition einwilligen. Denn tut sie es nicht und es käme wegen ihr zu Neuwahlen, würde sie noch viel mehr verlieren als am 10. Mai. Das weiß auch die SVP.
Wäre SVP-Wirtschaftssprecher
Wäre SVP-Wirtschaftssprecher Pichler redlich, so würde er anerkennen, dass Paul Rösch mit dem Aufbau und der Führung des Touriseums sehr viel mehr zur wirtschaftlichen Stärke Merans beigetragen hat als so mancher Schreier aus der sogenannten Wirtschaft, der nur in seine Tasche wirtschaftet. Und er würde argumentieren, dass Wirtschaft in einem kreativen und wandlungsfreudigen Gemeinwesen besser gedeiht als im sturen Weiter nach altem Muster. Aber Herr Pichler ist nicht redlich. Er ist nichts als ein Polterer, der sich damit selbst disqualifiziert.
Allen Klischees zum trotz ist
Allen Klischees zum trotz ist das SVP-Team Meran mit einem Team in die Gemeinderatswahl gestartet, das alle Teile der Bevölkerung repräsentierte. Auch die Öffnung zu den Italienern in Meran ist gelungen.
Zudem hat Gerhard Gruber den Mut gehabt, junge Menschen ins Bot zu holen, um der Partei einen neuen Schwung zu geben. Mit Alexandra Ganner sitzt eine 30jährige nun im Meraner Gemeinderat.
Bei den Grünen/Liste Rösch sind nun die Pensionisten im Gemeinderat in der Überzahl.
Als so genannter "Junger" wird man den Eindruck nicht los, dass so manche/r 68er nicht los lassen kann und will. Schade, wo es doch so gute Ideen von jungen Menschen in Meran gibt...