Kultur | Salonfähig?

Kein Platz für alle

In Bruneck geht es dieser Tage hoch her. Zum zweiten Mal steht heuer die beliebte Veranstaltungsreihe "Salon/e" an. Doch die Sache hat einen unschönen Haken.

Im Frühjahr 2015 befindet sich ganz Südtirol im Wahlkampf. Ganz Südtirol? Nein! In Bruneck etwa sieht man dem Sommer gelassen entgegen. Denn in der Pusterer Stadt an der Rienz hat man bereits 2014 einen neuen Bürgermeister und Gemeinderat gewählt. Dadurch kann man sich angenehmeren Dingen widmen. Wie etwa den Vorbereitungen für die sommerlichen Unterhaltungsveranstaltungen. Einer der wichtigsten Termine ist seit vergangenem Jahr die Kulturreihe “Salon/e”. Mit großem Erfolg lief das Event damals ab. Deshalb soll den Bruneckern im heurigen Sommer erneut für zwei Monate regelmäßig Musik, Kunst und Unterhaltung geboten werden. Dafür sorgt das Stadtmarketing Bruneck, in exklusiver Zusammenarbeit mit dem Kulturverein “Confusion/e”. Doch im Hintergrund brodelt es. Denn das Projekt “Salon/e” wurde eingefädelt vom ehemaligen Bürgermeister und heutigen Landtagsabgeordneten Christian Tschurtschenthaler. Dieser hat, so der Vorwurf, ohne lange zu fackeln einem Parteikollegen einen vorteilhaften Auftrag verschafft. Und dabei anscheinend auf demokratische Prozesse vergessen. Aber der Reihe nach.


Salonfähig war das nicht

Im Herbst 2013 wird ein junger Mann beim damaligen SVP-Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler vorstellig. Dieser befindet sich bereits im Wahlkampf, er will in den Landtag einziehen. Tschurtschenthaler kennt den jungen Mann, er ist ein aufstrebender Parteijüngling. Gemeinsam mit zwei Freunden hat er ein Konzept ausgearbeitet, das man dem Bürgermeister präsentiert. Es geht um eine kulturelle Veranstaltungsreihe, die am Rathausplatz von Bruneck stattfinden soll. Man habe zwar keinerlei Erfahrung in Sachen Eventorganisation oder kultureller Tätigkeit, doch man wolle mit dem Projekt “Salon/e” etwas für die Jugend- und Festkultur sowie das Brunecker Nachtleben tun, so die drei Männer. Die Unerfahrenheit der jungen Truppe scheint Bürgermeister Tschurtschenthaler nicht weiter zu stören. In Wahlkampfzeiten auf loyale Unterstützer zählen und ein innovatives Projekt herzeigen zu können, ist sicherlich nicht schlecht. Zumindest findet es der angehende Landtagsabgeordnete nicht notwendig, die Kulturvereine der Stadt in das Projekt mit einzubeziehen. Was verwundern kann. Denn im Gegensatz zu den drei Initiatoren des Projekts gäbe es in Bruneck zahlreiche kleinere und größere Vereine, die auf eine lange Erfahrung im Kulturbereich zurückblicken und mit Rat und Tat zur Seite stehen könnten. Doch Tschurtschenthaler lässt die örtlichen Kulturschaffenden außen vor und setzt die drei Männer mit dem Stadtmarketing Bruneck in Kontakt. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin übernimmt man dort die gesamte Organisation und Realisierung des Projekts “Salon/e”. Doch das schmeckt nicht allen. Und wer genauer hinsieht, findet den Haken an der Sache.

Für die demokratische Kultur der Stadt ist das Projekt ein Armutszeugnis.


Wir fördern die Welt, wo sie uns gefällt

Das Stadtmarketing Bruneck kümmert sich seit 2002 um die Durchführung diverser kulturellen Aktivitäten auf dem Brunecker Gemeindegebiet. Als privater Verein gegründet, lebt das Stadtmarketing vorrangig von öffentlichen Geldern. So gab es etwa 2014 von der Gemeinde Bruneck insgesamt 382.730 Euro an ordentlichen und außerordentlichen Beiträgen. 2015 waren es bislang über 100.000 Euro. Diese können ganz nach dem Ermessen des Vereins investiert werden. Nach dem Motto: “Was uns gefällt, fördern wir.” Doch ist das nicht ganz unproblematisch. Denn: Die Beitragssummen werden vom Gemeindeausschuss genehmigt, der Gemeinderat befasst sich damit nicht. Es gibt demnach keinerlei demokratische Kontrolle darüber, an wen die Gelder der Gemeinde gehen und wie sie von den geförderten Vereinen eingesetzt werden.

Was im konkreten Fall “Salon/e” für Unverständnis und Empörung in Bruneck sorgt. Nicht nur unter den Kulturschaffenden. Immerhin gehen Gelder aus der Gemeindekasse (2014 waren es 9.000 Euro, 2015 11.000 Euro) an einen privaten Verein (Stadtmarketing Bruneck), der dadurch ein Projekt (“Salon/e”) finanziert, das von Sympathisanten des ehemaligen Bürgermeisters initiiert und über diesen arrangiert wurde. Und das, obwohl die Initiatoren anfänglich weder in einem Verein organisiert sind, noch Erfahrung haben. Die Veranstaltungsreihe wurde nicht etwa ausgeschrieben, auch keine anderen Partner wurden mit ins Boot geholt. Beschlossen wurde alles hinter verschlossenen Türen. Denn die Sitzungen des Gemeindeausschusses, in denen die Beitragszahlungen genehmigt werden, sind nicht öffentlich. Darüber hinaus hat der Gemeinderat das Projekt nie zu Gesicht bekommen. Und in genau diese Richtung geht die Kritik, die laut wird.

Der alte und der neue Brunecker Bürgermeister: links: Christian Tschurtschenthaler, rechts: Roland  Griessmair. Foto: Gemeinde Bruneck


Wir bleiben exklusiv

Am 10. März 2015 erreicht den mittlerweile neu gewählten Bürgermeister Roland Griessmair eine Anfrage. Cornelia Brugger, die für den PD im Brunecker Gemeinderat sitzt, fordert einige Klarstellungen in Bezug auf das Projekt “Salon/e”. Nach welchen rechtlichen Kriterien der Auftrag an das Stadtmarketing gegangen sei, will Brugger unter anderem wissen. Denn das Projekt sei nie öffentlich präsentiert und außerdem von einem ad hoc geschaffenen Kulturverein ohne jegliche Erfahrung ins Leben gerufen worden, so ihre Bedenken.

Gelder aus der Gemeindekasse gehen an einen privaten Verein, der dadurch ein Projekt finanziert, das von Sympathisanten des ehemaligen Bürgermeisters initiiert und über diesen arrangiert wurde.

Im Rathaus erklärt man die exklusive Zusammenarbeit folgendermaßen: “Die Entscheidung, dass dieses Projekt gemeinsam vom Stadtmarketing Bruneck und dem Kulturverein Confusion initiiert und durchgeführt wurde, beruhte vor allem auf der zeitlichen Abstimmung. Das Stadtmarketing Bruneck arbeitete bereits seit Sommer/Herbst 2013 an einer Alternative für die nicht mehr zeitgemäßen und finanziell untragbar gewordenen einmaligen Großkonzerte”, so liest man in der Antwort der zuständigen Stadträtin auf Bruggers Anfrage. Und weiter: “Zur selben Zeit entstand auch bei den Initiatoren des Kulturvereins Confusion (der zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte, Anm. d. Red.) die Idee, etwas für die Jugendkultur in Bruneck zu tun. […] Zumal beide Partner Expertise in ihren Fachbereichen aufweisen konnten und diese in Kombination ideal erschien […], wurde diese Zusammenarbeit so fortgeführt.” Konkret bedeutet dies, dass man auch heuer auf die “sehr gut funktionierende” Kooperation setzen will und keinerlei Anlass sieht, “noch weitere Personen zu involvieren”.

Wenn es also ab 19. Juni am Brunecker Rathausplatz wieder für zwei Monate “Sundown, Music, Culture” heißt, kommt nicht unter allen Feierstimmung auf. Denn es ist zwar unbestritten, dass kulturelle Vielfalt die Stadt und ihr Nachtleben bereichert. Doch für die demokratische Kultur der Stadt ist das Projekt ein Armutszeugnis.