Gesellschaft | Zwischenbilanz

Studentenvertretung an der unibz: Quasi ein Job

Der Wirtschaftsstudent und StudentInnenvertreter Tristan Post im Interview über seine Amtszeit, neue Herausforderungen, Euregio-Unis – und „la Buona Università“.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Zwischenbilanz nach knapp einem Semester Amtszeit als Studentenvertreter im Universitätsrat der Uni Bozen: Was haben Sie bewegt?

Tristan Post: Das letzte Semester war ich hauptsächlich damit beschäftigt, mich mit möglichst vielen Interessensvertretern, Studierende und Leuten inner- und außerhalb der unibz, zu treffen und ihnen zuzuhören. Ich habe alle drei Campus unserer Universität besucht und auch mit Studentenvertretern von anderen Unis im Ausland gesprochen. Wichtig für mich war es erstmals mit möglichst vielen Menschen zu sprechen, um ein Maximum an Information zu bekommen und damit die Interessen der Studierenden kompetent und zielführend zu vertreten. Es ist, zu diesem Zeitpunkt, noch nicht so einfach zu sagen, was ich bis dato bewegt habe, da es sich meist um langwierige und komplexe Prozesse handelt, die noch nicht abgeschlossen sind. Im Frühjahr wurde zum Beispiel – für uns Studierende sehr überraschend– die Wohnheimregelung, ohne unseren Konsens, geändert. Wir, d.h. die anderen Studentenvertreter und ich, haben innerhalb kürzester Zeit einen Runden Tisch zwischen Land, Unileitung, sh.asus, Wohnheimleitern und Studierenden organisiert. Mit den Ergebnissen aus diesem Gespräch setzen wir uns dann Mitte Juli im kleinen Kreis mit dem Land und der Uni zusammen, um eine langfristige Lösung für die Wohnsituation zu finden.

Ansonsten habe ich ganz konkret kleinere Sachen umgesetzt, wie dass man während der Prüfungsphase bestimmte Plätze in der Bibliothek für Studierende reserviert, um ihnen einen Platz zum Lernen zu garantieren, wie es an anderen Hochschulen gang und gebe ist. Zudem sollen in Zukunft Professoren die neu berufen werden ein sogenanntes „Teaching Statement“ (ein kurzes Statement darüber, wie der Professor in der Vorlesung den Studierenden seinen Lehrstoff zu vermitteln gedenkt) verfassen, das für alle einsehbar ist. Dies soll dazu dienen die Qualität der Lehre an unserer Universität zu verbessern.

Und was müssen Sie noch bewegen?

Es gibt sehr vieles, was ich gerne noch bewegen möchte bzw. muss. Theoretisch müsste ich, um meinen Ambitionen gerecht zu werden, mein Studium unterbrechen und mich nur um meinen Job als Studentenvertreter im Universitätsrat kümmern.

Wenn man sich die unibz im Vergleich zu anderen renommierten Universitäten anschaut, so sehe ich einen großen Vorteil. Wir sind eine kleine Gemeinschaft mit vielen verschiedenen akademischen Ausrichtungen; wenn wir es als Studenten schaffen unsere verschiedenen Backgrounds, Interessen und Erfahrungen miteinander zu verbinden und offen aufeinander zuzugehen, dann können wir nur gewinnen und sind in der Lage ein viel breiteres Verständnis für zukünftige Herausforderungen zu entwickeln. Ich muss zugeben, das klingt trivial, aber die Umsetzung ist nicht so einfach. Wenn man zum Beispiel sieht wie unterschiedlich die verschiedenen Fakultäten in ihren Ansichten sind und dass Studenten unterschiedlicher Disziplinen bisher oft nur koexistiert haben. Hier ist die Uni gefragt, und darauf arbeite ich hin, ein Framework zu errichten, dass nicht nur die Zusammenarbeit von Studierenden verschiedener Studienrichtungen gefördert, sondern dass auch der offene Austausch Teil des Studierendenalltags wird. Ein Beispiel für so ein Framework wäre die Schaffung von fakultätsübergreifenden Projekten, an deren Teilnahme man durch ECTS-Punkte honoriert wird. Ein anderes Beispiel sind Lehrveranstaltungen, die für Studierende unterschiedlicher Fakultäten interessant sind, so wie Marketing, die Lehre unter Professoren aus den verschiedenen Fachrichtungen aufgeteilt werden könnte.

Zusammenfassend haben wir noch viel Luft nach oben, wenn wir es schaffen, es richtig umzusetzen. Auch muss es uns als regionale Universität besser gelingen, lokale Unternehmen und Institutionen besser zu integrieren und mit Studenten zu vernetzen, dadurch würden wir für alle Beteiligten eine Win-win-Situation schaffen.

Welche großen Arbeitspakete kommen in den nächsten Monaten auf den Bozner Universitätsrat zu?

Das Augenmerk wird in den kommenden Monaten auf dem Campus Brixen liegen, insbesondere auf dem Studiengang Bildungswissenschaften für Primarbereich. Hier hat die Freie Universität Bozen vom Land einen klaren Bildungsauftrag bekommen, der im Moment, aus verschiedenen Gründen, noch nicht vollends erfüllt wird. Doch besonders im Bereich der Ausbildung von deutschsprachigen Lehrkräften für Kindergärten, Grund-, Mittel- sowie Oberschulen mangelt es noch an Qualität aber vor allem an Quantität. Schaut man sich alleine die Zahlen an, muss man feststellen, dass Ende des Jahres mehr deutschsprachige Lehrer in Pension gehen, als neue nachkommen, was zu einem großem Problem nicht nur für das Land werden kann. Schaffen wir es als Universität nicht dies in den Griff zu bekommen, so müssen wir uns an die eigene Nase fassen und mit Konsequenzen rechnen. Im Moment sind wir als Universitätsrat bereits dabei, fieberhaft kurz- und langfristige Lösungen mit Hilfe des Landes zu finden. Ich hoffe, dass es uns zeitnah gelingt eine passende Option zu finden, die uns in der Zukunft die Möglichkeit gibt, die Fakultät in Brixen effizient umzustrukturieren.

Zusammenarbeit der Euregio-Unis. Was denken Sie darüber?

Auf dem Papier klingt das Konzept der Euregio-Unis sehr gut und hat sehr viel Potenzial. In der Realität sieht es leider noch etwas anders aus. Zwar gibt es schon die Abkommen zwischen den Universitäten Innsbruck, Bozen und Trient und es werden im Bereich der Forschung schon ein paar Projekte zusammen durchgeführt, jedoch sehe ich unsere Uni in Bozen noch nicht als Euregio-Uni. Dafür profitieren wir als Studierende viel zu wenig von der Zusammenarbeit, bzw. fast gar nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein Großteil sich nicht einmal über die gemeinsamen Abkommen bewusst ist. Ich kann es auch niemanden verübeln, so war mir selbst der Begriff „Euregio“ bis vor sechs Monaten komplett fremd. Gerade bei dem Euregio-Projekt handelt es sich um einen sehr langen Prozess bei dem alle beteiligten Universitäten zu 100 Prozent von dem gemeinsamen Ziel überzeugt sein müssen und dies auch zusammen umsetzen wollen. Ich bin der Überzeugung, dass, wenn es gelingt die Studierenden besser einzubinden, man in der Lage ist, das Projekt Euregio zu beschleunigen.

Zahlreiche LehrerInnen und SchülerInnen demonstrierten gegen die neue Schulreform der Regierung Renzi mit dem Namen „Buona Scuola“. Ein ähnlicher Gesetzentwurf über die Universitätsreform wird im Herbst kommen – ein weiterer Schritt in Richtung Privatisierung. Braucht Italien eine „Buona Università“?

Aus meiner Sicht ist im Moment noch nicht zur Gänze klar, wie die neue Reform „Buona Università“ aussehen wird. Jedoch kann man die grobe Richtung dieser kommenden Reform bereits ausmachen. Schaut man sich die Zahlen an, die das jetzige italienische Unisystem im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hervorbringt, so sehe ich eindeutig die Notwendigkeit einer Reform. Ob dies ein weiterer Schritt in Richtung Privatisierung ist, kann und möchte ich jetzt noch nicht vorschnell beurteilen. Dazu muss man erst sehen, wie letztendlich die Reform aussieht und wie diese dann tatsächlich umgesetzt wird.

Geht man davon aus, dass die neue Reform vor allem eine Entbürokratisierung mit sich bringt und ähnlich wie die Reform der „Buona Scuola“ die einzelnen Hochschulen stärkt, so ist das eine Entwicklung die wir an der unibz begrüßen würden.

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Kris Krois Do., 02.07.2015 - 10:23

Lieber Valentino,
die Zusammenarbeit zwischen Studierenden über die Grenzen der Fakultäten hinweg halte ich auch für sinnvoll und habe öfter versucht diese konkret in die Wege zu leiten – im Rahmen der projektorientierten Lehre an der Fakultät für Design und Künste. Bis auf seltene Einzelfälle hat dies aber nicht geklappt, da die konventionellen Studienstrukturen der meisten Fakultäten dies kaum zulassen. Die Studierenden sind dort werden zu sehr mit der Menge an Kursen und Prüfungen beschäftigt, um gemeinsam Projekte zu machen. Um dies zu ermöglichen müssten alle Fakultäten mehr auf das Lehren und Lernen in Projekten setzen. Dann ließen sich diese auch über die Fakultäten hinweg verbinden.

Die EUREGIO-Uni ist eine schöne Idee. Für die Studierenden unseren neuen Masterstudiengangs in Eco-Social Design sahen wir vor, dass die StudentInnen ihre "Free Choice-Kurse" auch in Innsbruck und Trento machen können. Leider ist dies am Italienischen Hochschulgesetz gescheitert, das genau dies verbietet.

Es gibt noch viel zu tun, ...

Beste Grüße,
Kris >< Krois

Und zum Schluss noch etwas Werbung: für unseren Master in Eco-Social Design kann sich frau/man noch bis zum 8. July bewerben:
http://designdisaster.unibz.it/MA/
Willkommen sind nicht nur DesignerInnen, sondern alle die an der Gestaltung ökosozialen Wandels interessiert sind.

Do., 02.07.2015 - 10:23 Permalink