Gesellschaft | Patriotismus

Die Grenze des Erlaubten

Die Südtiroler Freiheit lässt nicht locker in der Causa Tirol-Leibchen. Was der Direktor der betroffenen Mittelschule und Schulamtsleiter Höllrigl dagegen halten.

„Entweder Direktor Ladurner weiß nicht, was sich in seiner Schule abspielt oder er lügt“: Mit dieser Stellungnahme spinnt die Südtiroler Freiheit ihre Polemik gegen das Verbot von „Dem Land Tirol die Treue“-Leibchen an der Mittelschule Lana fort. Anlass dafür gab ihnen eine Stellungnahme von Rainhard Ladurner zur Causa. Darin geht der Schuldirektor auch auf die Vorgeschichte der Diskussion ein

"Vor einigen Jahren ist eine Gruppe von Schülern der Mittelschule Lana mit besagten Leibchen und weiteren Utensilien provokativ an der Schule aufgetreten. Dieses Auftreten hat die Grenzen eines gesunden Patriotismus deutlich überschritten, und auch zu großen Spannungen innerhalb der Schulgemeinschaft geführt. Einige Schüler aus dieser Gruppe hatten Kontakte zu Jugendlichen und Erwachsenen in Nachbargemeinden, die aufgrund ihrer nationalsozialistischen Betätigung strafrechtlich verurteilt worden sind und ebenfalls besagte T-Shirts trugen."

Um ein spannungsfreies Lernumfeld zu garantieren, sei deshalb in der Mittelschule vereinbart worden, die SchülerInnen dazu aufzufordern, die T-Shirts nicht zu tragen“, erzählt Ladurner. Diese Aufforderung sei bis auf wenige Ausnahmen akzeptiert worden. Von einem ausdrücklichen Verbot will Ladurner aber nicht sprechen. „Meines Wissens erhielt auch kein Schüler wegen dieser Regelung eine Eintragung, niemand wurde vom Unterricht ausgeschlossen.“

Wie die Südtiroler Freiheit schreibt, liegt ihr eine solche Eintragung in das Klassenbuch jedoch vor. „Schüler X trägt trotz der Ermahnung am Vortag ein T-Shirt mit 'Dem Land Tirol die Treue'-Aufdruck“, laute der entsprechende Eintrag. Auch in einer Anfrage im Gemeinderat gehen die beiden Gemeinderäte Philipp Holzner und Peter Gruber nun auf das Thema ein. Ihre Überzeugung: „Artikel 21 der Verfassung schreibt das Recht auf Äußerung der eigenen Gedanken durch Wort, Schrift und jedes andere Mittel der Verbreitung fest. Zudem räumt Artikel 49 jedem Bürger das Recht ein, in demokratischer Form an der Ausrichtung der Staatspolitik mitzuwirken.“ 

Warum in dem Fall dennoch einiges für den Weg der Mittelschule spricht, begründet Schulamtsleiter Peter Höllrigl in einem Leserbrief, der am Freitag von der Tageszeitung Dolomiten veröffentlicht wurde: Darin unterstreicht Höllrigl zwar prinzipiell, dass das persönliche Erscheinungsbild Teil der Meinungsfreiheit sei, die an Südtirols Schulen gelte. Dementsprechend gäbe es weder Verbote noch Vorschriften zur Art, wie sich Schüler kleiden. Die Grenze des Erlaubten sei jedoch erreicht, "wenn mit Aufschriften und Kleidungsstücken Stimmung gegen andere gemacht wird, wenn sich SchülerInnen zusammentun und provokativ gegen andere vorgehen, wenn politische Botschaften dazu verwendet werden, sich gegenüber anderen abzugrenzen oder andere gar auszugrenzen".  Als Stammbucheintrag für die Südtiroler Freiheit kann eine weitere Aussage des Schulamtsleiters gelesen werden. 

"Der Schritt von der harmlos wirkenden Aufschrift zu einem diskriminierenden politischen Statement ist oft nur ein kleiner, und gerade Kinder und Jugendliche sind versucht, ihr Selbstwertgefühl und ihre Identität über kernige Slogans zu stärken. Das öffnet natürlich auch die Tür zur Instrumentalisierung der jungen Menschen, die noch nicht klar zwischen gesundem Patriotismus und politischer Vereinnahmung entscheiden können."