Überetscher Disagio
Für den morgigen Mittwoch, 30. September, steht die Wahl des neuen Präsidenten des 24-köpfigen Bezirksrats der Bezirksgemeinschaft Überetsch/Unterland an. 18 Mitgliedsgemeinden hat die Bezirksgemeinschaft, einigen davon bereiten die anstehenden Wahlen Bauchschmerzen. Die vier Überetscher Gemeinden Andrian, Eppan, Kaltern und Terlan wollen eine Verschiebung der Wahl. Sie fühlen sich an die Wand gedrängt und benachteiligt. Die Hintergründe über die verstimmten Überetscher erklärt der Terlaner Bürgermeister Klaus Runer.
Herr Runer, Sie haben gemeinsam mit Vertretern der anderen drei Überetscher und Etschtaler Gemeinden um eine Verschiebung der Wahl des neuen Präsidenten des Bezirksrats der Bezirksgemeinschaft Überetsch/Unterland gebeten. Warum?
Klaus Runer: Es hat ein einziges Treffen vor diesen Wahlen gegeben. Bei diesem sind einige Fragen offen geblieben, die es unserer Meinung nach im Vorfeld noch zu klären gibt. Daher unsere Bitte, den Termin der Wahl zu verschieben. Dann ist aber die Meldung gekommen, dass die Sitzung wie geplant am Mittwoch stattfinden wird. Dabei ist unserer Meinung nach noch nicht alles ausgeredet und wir haben gemerkt, dass etwas Spannung in der Sache vorherrscht.
Der Minderheit wird zu spüren gegeben, dass sie, nun ja, in der Minderheit ist.
Weswegen?
Die Spannung ist deshalb da, weil die Bezirksgemeinschaft Überetsch/Unterland keine homogene Gemeinschaft wie etwa das Pustertal, der Vinschgau oder das Burggrafenamt ist. Sondern eine politisch gewollte. Aus diesem Grund hat man am Anfang ihres Bestehens einen Modus gesucht, damit sich keiner benachteiligt fühlt – es wurde ein Rotationsprinzip bei der Vergabe des Präsidentenamtes vereinbart. Das heißt, dass abwechselnd Vertreter des Unterlands und des Überetschs/Etschtals der Bezirkgsgemeinschaft vorstehen soll. Dieser Modus wurde dann ausgesetzt, vor allem durch die lange Amtsperiode von Oswald Schiefer, der fast 23 Jahre an der Spitze der Bezirksgemeinschaft stand.
Da hat es keinerlei Proteste aus dem Überetsch und dem Etschtal gegeben? Gegen den Kurtatscher Schiefer?
Es hatte sich gezeigt, dass alles recht gut läuft und da haben wir gesagt: “Ja, ok passt.” Aber wir beabsichtigen dann allerdings die Nachfolge von Schiefer einzufordern, damit diesem Rotationsprinzip wieder Genüge getan wird. Die Kollegen aus dem Unterland wollten und wollen von dem nichts mehr wissen. Ganz nach dem Motto: “Es interessiert uns nicht mehr, was die Gründungsväter damals festgesetzt haben.”
Nun wird es aber schwer werden, sich gegen die Unterlandler durchzusetzen? Sie haben ja bereits einen Kandidaten aus ihren Reihen ernannt?
Wir wissen, dass das Unterland die Mehrheit im Bezirksrat hat, das ist klar. Wir sind aber überzeugt, dass es für eine gute Partnerschaft trotzdem gut wäre, wenn man sich an diese Regeln halten würde. Damit bei niemandem ein Benachteiligungsgefühl aufkommt. Gerade in so einer Gemeinschaft. Daher sind wir davon ausgegangen, dass dieses Mal das Überetsch den Kandidaten für das Präsidentenamt nominieren wird. Allerdings haben uns die Unterlandler dieses Vorschlagsrecht streitig gemacht. Sie haben auch heuer einen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt. Und dieser kommt natürlich aus dem Unterland. Wir sind aber damit nicht einverstanden, dass wir einfach ignoriert werden.
Es kann einfach nicht sein, dass wir jetzt eine Beschäftigungstherapie für ausgediente Politiker machen.
Sie fühlen sich nicht ernstgenommen?
Es darf nicht sein, dass es in Bezirksgemeinschaft so ungleichberechtigte Partner gibt. Insofern, als dass die Überetscher und Etschtaler Gemeinden zwar zahlenmäßig in der Bezirksgemeinschaft in der Unterzahl sind. Aber doch immerhin 40 Prozent der Bevölkerung stellen. Doch wie gesagt, wir sind eine Minderheit. Und damit in dieser Minderheit kein “disagio” – wie die Italiener so schön sagen – aufkommt, gibt es eben diese Vereinbarungen. Die gemacht wurden, jetzt aber keinen Wert mehr zu haben scheinen. Wir hoffen aber, dass wir in der Gemeinschaft doch noch einen Modus finden, damit wir aus dieser Situation herauskommen.
Die sich zu wiederholen scheint. Vergangenes Jahr hat es ja eine ganz ähnliche Situation gegeben?
Ja, genau. Vor eineinhalb Jahren mussten wir den Nachfolger von Oswald Schiefer wählen, der in den Landtag eingezogen war. Damals hieß es, “lassen wir Edmund Lanziner die Präsidentschaft bis zu den Neuwahlen 2015 übernehmen und dann schauen wir weiter”. Jetzt allerdings heißt es “nein, jetzt ist er eingearbeitet…”. Der Minderheit wird zu spüren gegeben, dass sie, nun ja, in der Minderheit ist. Darüber hinaus finde es persönlich aber auch nicht in Ordnung, dass heute ein Nicht-Bürgermeister die Bezirksgemeinschaft führen soll.
Sie meinen Edmund Lanziner, der seine Wieder-Kandidatur für den Präsidentenposten bereits deponiert hat?
Genau. Er wurde bei den vergangenen Wahlen nicht als Trudner Bürgermeister bestätigt und hat keinen Wählerauftrag. Und ich glaube, das ist eine absolute Abwertung der Bezirksgemeinschaften, wenn ein ausgedienter Politiker über die Hintertür wieder für die Präsidentschaft kandidiert. Unabhängig ob er jetzt aus dem Unterland oder dem Überetsch kommt. Es kann einfach nicht sein, dass wir jetzt eine Beschäftigungstherapie für ausgediente Politiker machen.
Wir sind damit nicht einverstanden, dass wir einfach ignoriert werden.
Würden Sie also lieber selbst als Präsident kandidieren?
Nein. Nein, nein. Das war noch vergangenes Jahr der Fall. Aber auch da war ich mehr ein Verlegenheitskandidat, weil die Kollegin aus Kaltern nicht für das Überetsch/Etschtal kandidieren wollte. Ich habe mich schlussendlich aber nicht der Wahl gestellt, weil es auch keinen Sinn gehabt hätte. Erstens wollten wir keine Kampfabstimmung, und zweitens wissen wir, dass wir sowieso in der Minderheit sind. Das wäre ja dann Blödsinn. Wenn uns allerdings das Vorschlagsrecht zugestanden wird, dann werden wir auch unseren Kandidaten bringen. Dieser wird aber nicht Klaus Runer heißen.
Hoffen Sie, dass die Unterlandler Einsehen zeigen und einer Verschiebung der Wahl zustimmen?
Die Möglichkeit, dass die Wahl verschoben wird, ist gegeben. Die Frage ist, ob der Wille da ist. Wenn die Unterlandler Kolleginnen und Kollegen auf ihrem Standpunkt beharren, dann wird es schwer.
Probleme haben wir in
Probleme haben wir in Südtirol!
Mal so nebenbei gefragt: was wird überhaupt in der Bezirksgemeinschaft eigentlich entschieden und welche Macht hat der President die seine Stelle so appetitlich macht?