Gesellschaft | Undercover

Vergebliche Herbergsuche

Er gab sich als syrischer Flüchtling aus und bat um Schutz in 23 Pfarreien. 22 Mal wurde der Espresso-Journalist Fabrizio Gatti verschickt. Auch in Südtirol.

Zwei Monate vor dem Weihnachtsfest hat sich Ibrahim Bilal mit Frau und seinen zwei kleinen Kindern auf Herbergsuche begeben. Die kurdische Flüchtlingsfamilie musste vor dem Terror des Islamischen Staates aus Syrien fliehen und sucht nun in Europa eine neue Heimat. Diese Geschichte erzählte der Espresso-Journalist Fabrizio Gatti den Priestern und Geistlichen, an dessen Türen er auf seiner Reise klopfte. Gatti wollte herausfinden, ob die Botschaft, die Papst Franziskus Anfang September verkündete, bei denen, an die sie gerichtet war, angekommen ist: “Jede Pfarrgemeinde und religiöse Gemeinde in Europa möge eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen”, hatte der Pontifex damals aufgerufen.

Diese mag wohl überall gehört und vielleicht auch gepredigt worden sein. Aber in der Realität schaut dann vieles oft ganz anders aufs. Mit der christlichen Nächstenliebe und dem Willen, des Papstes Auftrag auszuführen, ist es in den Pfarreien zwei Monate vor dem Fest zur Geburt Jesu Christi nicht weit her. An die Türen von 23 Pfarreien klopfte Bilal/Gatti an, fragte nach einer Schlafmöglichkeit, einem Raum, wo er und seine Familie sich von den Strapazen ihrer Flucht erholen konnten. 22 Mal wurden sie weggeschickt.

“Ich Flüchtling, verjagt von Franziskus' Priestern”

In der Titelgeschichte des Espresso vom 22. Oktober, “Io profugo, cacciato dai preti di Francesco”, erzählt der Journalist seine Reise und die Erfahrungen, die er dabei gemacht hat nach. Drei Wochen war er unterwegs, legte insgesamt 5.327 Kilometer zurück. Seine Herbergsuche führe ihn in den Vatikan, durch ganz Italien bis nach Deutschland. Im bayrischen Marktl, wo Joseph Ratzinger, der später zu Papst Benedikt XVI gewählt wurde, getauft und aufgewachsen ist, bekam Balil/Gatti dieselbe Antwort wie in 21 anderen Pfarreien auch: Eine verschlossene Tür. Mit einem “Nein”, Schulterzucken oder der Begründung, es brauche eine Genehmigung der Polizei, um sie unterzubringen, wurde Balil/Gatti abgewiesen.  Auch in Südtirol, das er auf seiner Reise durchquert hat. In Gossensass soll ihn die Angestellte des Pfarrers verschickt haben, berichtet Balil/Gatti. Als er versuchte, sie in gebrochenem Deutsch von der Not seiner Familie zu überzeugen – “Fuori fa freddo, zwei Kinder” –soll die Frau geantwortet haben: “Ja, ma qui non si può dormire”. Um nichts besser erging es Balil/Gatti in St. Martin in Passeier. Im Dorf, über das der Heilige Martin, der seinen Mantel mit einem Bettler teilte, als Schutzpatron wacht, stand der “Flüchtling” Balil vor verschlossenen Pfarrhaus-Türen.

Die gesamte Reise hat Fabrizio Gatti mit versteckter Kamera in Bild und Ton festgehalten. Sein Fazit ist bitter. Auf Twitter schreibt er: “Es war hart, dieses Mal. Ein bisschen wie vor zehn Jahren, als ich mich im Erstaufnahmezentrum von Lampedusa einschließen ließ. Hart…”

2005 mischte sich Fabrizio Gatti unter Bootsflüchtlinge, die in Lampedusa landeten und im dortigen Erstaufnahmezentrum untergebracht wurden.

Nun das Pfarrhaus von St. Martin ist wirklich geschlossen. Der Pfarrer wohnt im Pfarrhaus von St. Leonhard, wo er vorher Kooperator war. Eigentlich schade, dass er nicht im Pfarramt anwesend war: Mich würde wirklich interessieren, wie Pater Christoph, ehemaliger Schützen-Kurat, auf diese Herbergsuche reagiert hätte - denn der Wohnteil des Widums steht wirklich leer: was läge da näher, als ihn zur Verfügung zu stellen. Wie will er sonst beim bevorstehenden Patrozinium (hl. Martin, 11. November), den Leuten vom Teilen predigen.

So., 25.10.2015 - 09:29 Permalink

I circa 840 profughi assegnati alla nostra provincia, sono ospitati in edifici pubblici o edifici comunque finanziati dall'Ente pubblico. L'unico edificio privato utilizzato (gratuitamente) per ospitare circa 160 profughi è l'Hotel Alpi di Bolzano, proprietà di Renè Benko. Così è.

Mo., 26.10.2015 - 15:59 Permalink

Für den Moment mag das stimmen, Alberto. In einer zweiten Fase, werden effektiv Unterkünfte gesucht. Was die Kirche betrifft, gibt es schon Überlegungen, was die leerstehenden Pfarrhäuser betrifft. Der Caritas-Direktor hat aber zu Bedenken gegebenen, dass sich viele davon in entlegenen Bergdörfern befinden und diese Orte nicht ideal für eine Integration seien.

Mo., 26.10.2015 - 17:08 Permalink