Arno Kompatscher hat Recht. Wirtschaftlich und aus pragmatischer Sicht hat die Landesregierung mit dem Rahmenabkommen zur Brennercom einen Sieg eingefahren. Man hat das durchgesetzt, was man wollte. Es kommt zu einer Spaltung der Brennercom AG in zwei Teile.
Das Südtiroler Breitbandnetz geht samt Lizenzen, Know-how, Immobilien und Mitarbeitern an die öffentliche Hand über. Die Athesia bekommt den Rest: die Telefonie und das halbe Dutzend Firmentöchter im In- und Ausland. Inklusive Saudi Arabien.
Die Privaten werden am Ende deutlich tiefer in die Brieftasche greifen müssen, als sie sich erhofft hatten. Der Athesia wird das zwar ein bisschen weh tun, doch die Differenz wird man in wenigen Jahre allein durch die öffentlichen Todesanzeigen in den Dolomiten wieder hereinholen.
Michl Ebner hat am Ende das bekommen, was er wollte. Denn es gab – vor diesem Rahmenabkommen – auch noch eine andere Lösung, die man bewusst nie öffentlich ins Spiel gebracht hat. Die öffentlichen Körperschaften hätten nach dieser Trennung ihre 51 Prozent an der Brennercom auch europäisch ausschreiben können. Interessenten gibt es für die Mehrheit an dem Telekommunikationsunternehmen zur Genüge. Finanziell würde damit für das Land wahrscheinlich mehr herausschauen.
Das aber würde Michl Ebner wirklich weh tun. Doch das wollte man nicht.
Lieber zwei Sieger als einen Verlierer.

Die öffentlichen Körperschaften hätten nach dieser Trennung ihre 51 Prozent an der Brennercom auch europäisch ausschreiben können. Das aber würde Michl Ebner wirklich weh tun. Doch das wollte man nicht.

Arno Kompatscher hat Unrecht. Denn es gibt in diesem Schmierentheater um die Brennercom auch einen prominenten Verlierer. Auf der Strecke bleibt die politische und ethische Anständigkeit.
Denn die Affäre zeigt, dass manche in diesem Land ohne Konsequenzen befürchten zu müssen, sich am Volksvermögen vergreifen können. Je bunter man es dabei treibt, desto sicherer kommt man ungeschoren an sein Ziel.
Natürlich wird jeder private Unternehmer seine Interessen verfolgen. Auch gegenüber öffentlichen Körperschaften. Das ist absolut legitim. Dass Michl Ebner, der seit einigen Wochen auch Chef von 7 Millionen Europäischen Jägern (FACE-Präsident) ist, mitunter dem Raubkapitalismus frönt, sei ihm durchaus gegönnt.
Michl Ebner ist aber nicht nur ein privater Unternehmer. Als Präsident der Handelskammer steht er einer öffentlichen Körperschaft vor. Ebner bekommt nicht nur zwei fürstliche Leibrenten aus Steuergeldern, sondern als Handelskammerpräsident auch eine Entschädigung und Spesenvergütungen von insgesamt 180.277,77 Euro. (Jahr 2014).
Die Ausrede, dass das keine öffentlichen Gelder sind, sondern die Kammergebühren der Wirtschaft, darf man so ernst nehmen, wie die Behauptung des Unterfertigten, kein Cent seiner Steuern fließt in die italienischen Militärausgaben.
Tatsache ist, dass jeder kleine Gemeinderat, der ein Verfahren gegen die Gemeinde anstrengt, sofort zurücktreten muss. Der Präsident der Handelskammer kann in diesem Land und gegen dieses Land aber anscheinend alles tun, was er will. Und es passiert nichts.

"Jeder kleine Gemeinderat, der ein Verfahren gegen die Gemeinde anstrengt, muss sofort zurücktreten. Der Präsident der Handelskammer kann in diesem Land und gegen dieses Land aber anscheinend alles tun, was er will."

Arno Kompatscher oder die Landesregierung kann den Handelskammerpräsidenten nicht abberufen. Das müsste der Kammerrat tun. Doch keiner der 48 Mächtigen der Südtiroler Wirtschaft hat anscheinend auch nur ansatzweise den Mut, dem eigenen Präsidenten zu erklären, dass er an der Spitze einer öffentlichen Institution - spätestens jetzt - nicht mehr tragbar ist.
Anstand und Ethik trägt man damit endgültig zu Grabe.