Chronik | Klassement

Das Fleiß-Ranking

Openpolis hat Daten zu Präsenz und Produktivität der italienischen Abgeordneten und Senatoren veröffentlicht. Wie schneiden die Südtiroler PolitikerInnen in Rom ab?

Wenn das Jahr dem Ende zugeht, wird gern und häufig Bilanz gezogen. Was wurde in den vergangenen zwölf Monaten geschafft, was ist gelungen, was weniger? Auch Politiker nutzen das ausklingende Jahr gern, um ihren unermüdlichen Einsatz für ihre Wähler zu bekräftigen. Wirft man einen Blick auf die Profile gewisser Politiker in den sozialen Netzwerke, könnte der Eindruck entstehen, mancher Leben bestehe nur aus Sitzungen, Versammlungen, Debatten und Abstimmungen. Objektiv lässt sich schwer festzustellen, ob man den medialen Zur-Schau-Stellungen Glauben schenken kann. Dass mediale Präsenz nicht gleichzusetzen ist mit politischem In- und Output, zeigt etwa das Beispiel von Luisa Gnecchi. Die Südtiroler PD-Kammerabgeordnete ist weder auf Facebook noch auf Twitter zu finden. Pressemitteilungen verschickt sie auch keine, wenn, dann bekommt man über die nationale Presse mit, woran sie gerade arbeitet. Und doch ist Luisa Gnecchi jene Südtiroler Parlamentarierin, die mit den meisten Präsenzen in der Kammer glänzt.


Zahlen sprechen lassen

Bei 96,75 Prozent der Sitzungen war Luisa Gnecchi seit Beginn der Legislaturperiode im März 2013 bis heute anwesend. Das geht aus den Daten hervor, die die Bürger-Beobachtungsstelle der italienischen Politik Openpolis kürzlich veröffentlicht hat. Das Dossier kann dazu dienen, die subjektiven Ein- und häufig Selbstüberschätzungen, die die Politiker von ihrem eigenen Engagement haben, objektiv zu überprüfen. Neben den Informationen zur Anwesenheit in Kammer und Senat stellt Openpolis auch jene zur Produktivität der einzelnen Abgeordneten und Senatoren zur Verfügung. Denn Präsenz muss nicht gleichzeitig auch bedeuten, dass viel gearbeitet wird. Berechnet wird der Produktivitätsindex auf Basis folgender Indikatoren: Teilnahme an den Arbeiten im Parlament; Einbringung von Dokumenten; Genehmigung der eigenen Gesetzesprojekte beziehungsweise die Fähigkeit, dafür einen parteiübergreifenden Konsens zu erzielen.

Und auch bei diesem zweiten Indikator zur Produktivität schneidet Luisa Gnecchi gut ab. Nach SVP-Senator Karl Zeller, der auf einen Wert von 218 kommt, ist die PD-Politikerin mit knapp 204 die zweiteifrigste Südtiroler Parlamentarierin. Eifrig ist auch Michela Biancofiore. Allerdings vielmehr wenn es darum geht, mit halbseriösen Zwischenrufen Schlagzeilen zu machen. Denn in der Abgeordnetenkammer ist die Forza-Italia-Vertreterin kaum anzutreffen. Nur bei 44 Prozent der Sitzungen war sie in der laufenden Legislaturperiode anwesend. Und mit einem Produktivitätsindex von 17,83 rangiert sie auf dem letzten Platz der Südtiroler Politiker im römischen Parlament. Und wie machen sich die restlichen Kolleginnen und Kollegen der beiden Südtiroler Vorzeigedamen (im positiven wie im negativen Sinn)?

ParlamentarierIn Anwesenheiten Produktivitätsindex
Karl Zeller (SVP) 88,15% 218,04
Luisa Gnecchi (PD) 96,75% 203,68
Francesco Palermo (SVP-PD) 75,94% 168,82
Manfred Schullian (SVP) 43,87% 185,96
Hans Berger (SVP) 92,49% 133,36
Renate Gebhard (SVP) 73,19% 129,82
Daniel Alfreider (SVP) 63,76% 100,42
Florian Kronbichler (Sinistra Italiana) 86,42% 90,98
Albrecht Plangger (SVP) 52,99% 76,67
Michaela Biancofiore) 44,00% 17,83

Daten: Openpolis

Die Kammerabgeordneten Albrecht Plangger (SVP) und Florian Kronbichler (Sinistra Italiana) haben beide einen Produktivitätsindex von unter 100. Plangger (Produktivitätsindex knapp 77) glänzt auch im Plenum nicht mit regelmäßiger Anwesenheit (53 Prozent), während Kronbichler (Produktivitätsindex 91) in immerhin 86 Prozent der Fälle präsent war. Senator Hans Berger und die Abgeordneten Renate Gebhard und Daniel Alfreider (allesamt SVP) stehen sowohl bei Produktivität als auch bei Anwesenheit besser da als ihr Vinschger Kollege Plangger. Während Manfred Schullian (SVP) zwar sogar häufiger als Biancofiore im Plenum fehlt, dafür aber einen Produktivitätsindex von 186 vorweisen kann. Bleibt noch Francesco Palermo, der mit 76-prozentiger Anwesenheit und einem Produktivitätsindex von knapp 169 jeweils im vorderen Mittelfeld des Rankings der Südtiroler Parlamentarier liegt. Der Schein kann also manchmal trügen, wenn man auf Facebook und Twitter beinahe stündlich Updates aus so manchem Parlamentarier-Leben erfährt. Denn wie so oft im Leben (und in der Politik) sind es nicht die Worte, die zählen. Sondern die nackten Zahlen. Und das wird auch im kommenden Jahr so bleiben.

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Mensch Ärgerdi… Fr., 18.12.2015 - 12:21

"Nur bei 44 Prozent der Sitzungen war sie in der laufenden Legislaturperiode anwesend."
Was heißt hier nur? Das sind immerhin um die 40% mehr als im ex ex Bozner Gemeinderat!
Seit wann gehört Kronbichler nicht mehr SEL an und ist zu Fassinas SI gewechselt? Habe ich da was nicht mitgekriegt?

Fr., 18.12.2015 - 12:21 Permalink
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Albert Hofer Fr., 18.12.2015 - 12:21

Widerspruch. Zahlen sind immer nett, aber mit Vorsicht zu genießen. Nicht alles im Leben lässt sich quantitativ abbilden. Man beachte dazu die Hinweise von Francesco Palermo auf eben dieser Website: http://www.salto.bz/it/article/06112014/statistiche-parlamentari-un-vad…

Augenscheinlich wird das am Beispiel Plangger, der laut Zahlen weder Anwesenheits- noch Produktivitätsweltmeister zu sein scheint, aber dem auch Palermo bescheinigt: "gira come una trottola per smuovere qualcosa". Einem ff-Artikel vor einiger Zeit konnte man entnehmen, wie Plangger seine Parlamentarieraufgabe vornehmlich interpretiert: Er erledigt Botengänge für Bürgermeister aus seinem Wahlkreis und rennt dafür von Ministerium zu Ministerium, sucht Gesprächspartner in der römischen Bürokratie, versucht Vinschger Anliegen auch außerhalb der Gesetzgebungsmühlen voranzubringen. Man kann nun natürlich den Standpunkt vertreten, dass das nicht seine Kernaufgabe ist und er sich lieber in Kommissionssitzungen befleißigen sollte (finde ich zwar nicht, aber jedem seine Meinung), aber relative Untätigkeit, wie von openpolis suggeriert, kann man Plangger nun eben nicht vorwerfen.

Fr., 18.12.2015 - 12:21 Permalink
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Dr. Streiter Sa., 19.12.2015 - 09:51

Antwort auf von Albert Hofer

Die Aussage "Nicht alles im Leben lässt sich quantitativ abbilden" ist etwas flapsig.
Richtig ist: alles was beobachtbar ist ist auch messbar. Es kommt halt darauf an wie man zählt, was man zählt und was man nicht zählt.
Messfehler entstehen immer, das sollte man akzeptieren und mit einer gewissen Fehlertoleranz leben.
Diese Rankings werden auch nicht immer mit bestem wissenschaftlichem Gewissen durchgeführt, sondern man politisiert damit.
Wird das Ranking von besonderer Bedeutung kommt es sogar zu einer überanpassung. Wer einmal in der Verwaltung mit Key Performance Indikatoren zu tun hatte, weiss was ich meine.
Jedenfalls: kein QA ist auch nicht die Alternative, man muss also schlicht besser messen und Strategien/Taktiken gegen überanpassung finden.

Sa., 19.12.2015 - 09:51 Permalink