"Das ist eine emotionsfreie Geschichte"
Herr Achammer, Sie werden derzeit mit Schlagzeilen à la „Wenn unibz Lehrerausbildung nicht verbessert, soll Uni Innsbruck übernehmen“ zitiert. Attackiert der Bildungslandesrat gerade die bildungswissenschaftliche Fakultät oder wird das Thema medial aufgebauscht?
Philipp Achammer: Ein wenig aufgebauscht wird all das auch. Fakt ist jedoch, dass wir mit der Schulreform „La buona scuola“ seit vergangenen Juli die Kompetenz für die Lehrerausbildung übertragen bekommen haben. Das heißt, wir sind direkt dafür verantwortlich, wie und unter welchen Voraussetzungen wir Lehrpersonen ausbilden.
Und mit dem aktuellen „Wie“ ist die Landesregierung so unzufrieden, dass nun im Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Schulreform von weiteren Ausbildungsstätten innerhalb der Euregio die Rede ist?
Wir haben festgeschrieben, dass das Land in Kooperation mit Universitäten im Euregio-Raum eigene Ausbildungslehrgänge zur Lehrbefähigung errichtet, sofern die nötigen Anforderungen durch die bestehenden Ausbildungsprogramme nicht erfüllt werden können. Da ist eine völlig emotionsfreie Geschichte, da geht es weder um Polemiken noch um Schwarz-Weiß-Malerei. Es muss uns vielmehr allen darum gehen, sowohl qualitativ wie quantitativ die bestmögliche Lehrerausbildung zu gewährleisten und dafür müssen verschiedene Anstrengungen unternommen werden. Da wir nun direkt dafür verantwortlich sind und mehr Spielräume haben, müssen wir als Landesregierung dafür sorgen, dass dies auch passiert.
Wo zum Beispiel?
Rein quantitativ zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir den Bedarf an Lehrkräften nicht mit den Studienplätzen in Brixen decken können. Im Bereich Grundschule haben wir bereits eine beträchtliche Zahl an Stellen, die nicht durch Absolventen der vorgeschriebenen Studiengänge abgedeckt werden. Zusätzlich haben wir viele Lehrende der geburtenstarken Jahrgänge, die nun in Pension gehen werden. Auch im Bereich Kindergarten ist jetzt schon abzusehen, dass mit dem schrittweisen Abtritt der Babyboomer-Generation ein großer Bedarf entsteht. Sprich, entgegen der häufig gehörten Behauptung, dass wir zu viele Lehrkräfte ausbilden, ist genau das Gegenteil der Fall.
Auslöser der aktuellen Polemik war aber eher die Ungeduld all jener Supplenten, die immer noch auf einen Lehrbefähigungskurs warten. Von Seiten der Univerwaltung hört man aber, dass dies nicht ohne das Placet aus Rom möglich ist.
Ich bezweifle stark, dass es hier noch ein Placet aus Rom braucht. Schließlich steht in der staatlichen Schulreform nicht nur, dass wir die Lehrerausbildung selbst regeln können, sondern dass wir uns auch in den Zeitplänen und Modalitäten von den staatlichen Regeln unterscheiden können. Doch mir ist klar, dass dieser Punkt unterschiedlich gesehen wird und möglichst bald zu klären ist. Schließlich haben wir als Landesregierung bereits im vergangenen Dezember die Voraussetzungen für die Lehrbefähigungskurse beschlossen und es gibt sehr viele AbsolventInnen von Fachstudien, die darauf warten.
Das heißt, in Sachen Lehrbefähigungskurse gibt es tatsächlich einen Konflikt mit der Universität Bozen?
Konflikt ist zu viel gesagt. Es gibt eine unterschiedliche Rechtsauslegung. Doch als Landesregierung sind wir im Zweifelsfall immer für autonome Kompetenzen – und in dem Fall bin ich der festen Überzeugung, dass diese Kurse in unserer Verantwortung liegen. Und vor allem bin ich überzeugt, dass wir jungen angehenden Lehrkräften Sicherheit geben müssen.
Wie zufrieden ist der Bildungslandesrat dagegen mit der Qualität der Lehrerausbildung im Land? Die steht schließlich seit Jahren immer wieder in der Kritik....
Auch hier möchte ich nicht schwarz-weiß malen. Wir sind uns, genauso wie die Universität selbst, sehr wohl bewusst, dass es in einigen Bereichen noch eine Weiterentwicklung braucht. Dazu hat es ja auch in der Vergangenheit recht emotionale Diskussionen gegeben, etwa nach der Veröffentlichung der Feldstudie unter Abgängerinnen im Kindergartenbereich. Einer der großen Kritikpunkte war auch dabei der unzureichende Praxisbezug der Ausbildung. In der Vergangenheit war die Antwort darauf immer, dass Rom ein sehr enges und theorielastiges Korsett bei der Studienordnung vorgibt, was auch absolut gestimmt hat. Doch da wir eine andere Bildungsrealität und andere Traditionen haben und nun auch über die entsprechenden Spielräume verfügen, wird die Studienordnung für den Kindergarten und die Grundschule derzeit in Kooperation mit der Universität qualitativ überarbeitet – um eben zum Beispiel auch mehr Praxisbezogenheit zu verankern.
Dennoch würden Sie sich persönlich wünschen, dass Südtirols GrundschullehrerInnen und KindergärtnerInnen nicht mehr nur in Brixen studieren? Was schließlich einst als große Errungenschaft gefeiert wurde....
Ja, damals hat man bewusst gesagt, wir sind nicht imstande, eine Ausbildung außerhalb zu organisieren und brauchen einen einzigen Standort. Mir ist auch völlig klar, dass das es diesbezüglich auch heute noch einige Fragen zu klären gilt, also weitere Ausbildungsstandorte sicher nicht so einfach zu errichten und gestalten sind. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass es jeder Universität – unabhängig von Inhalt und Struktur – gut tut, keine Monopolstellung zu haben. Denn ein Austausch und ein Nebeneinander zwischen Universitäten sind immer fruchtbar. Ich würde mir aber auch wünschen, dass die Studierenden in Brixen ganz unabhängig von etwaigen Defiziten einen Teil ihres Studiums außerhalb absolvieren. Denn das ist einfach wichtig, um den eigenen Horizont zu erweitern.
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Pädagogen - Menschen, die wohl den wichtigsten Beruf des Landes lernen/haben...