Wer will, soll können
“Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird.” Diesen Leitsatz des konstruktivistischen Forschers Heinz von Förster haben sich die Landtagsabgeordneten der Grünen als Ausgangspunkt für einen Landesgesetzentwurf herangezogen, der morgen, Dienstag, im zuständigen Gesetzgebungsausschuss behandelt wird. Damit wollen Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba und Hans Heiss “ein weiteres Mal einen Schritt vorausgehen”. Und zwar Richtung “moderne, überzeugt mehrsprachige Gesellschaft”. Konkret geht es um die Einführung eines freiwilligen, mehrsprachlichen Zusatzangebots an Kindergärten und Schulen.
Keine Bedrohung, für niemanden
Es war eines der zentralen Themen bei den Open-Space-Veranstaltungen zum Autonomiekonvent: Zusammenleben der Sprachgruppen in Südtirol. “Von vielen Teilnehmern wurde ein echtes mehrsprachiges Schulsystem als dringendstes Mittel für mehr sprachliches und kulturelles Verständnis angeführt”, berichten Foppa, Dello Sbarba und Heiss, die selbst bei mehreren Open Spaces dabei waren. Sie sind sich sicher: “Die Zeichen der Zeit und des Zeitgeistes sprechen hier eine überdeutliche Sprache – nämlich mehrere.” Basierend auf mehreren Studien (darunter etwa das Sprachenbarometer 2014) und Umfragen (von EURAC und Landesbeirat der Eltern), den oftmals bemängelten schlechten Zweitsprachkenntnissen der Südtiroler Oberschüler und des bereits bestehenden – durchwegs erfolgreichen – mehrsprachlichen Angebots (CLIL, “Zweitsprachjahr”) haben die Grünen den Landesgesetzentwurf 67/15 ausgearbeitet, um das Recht auf Mehrsprachlichkeit im Südtiroler Bildungssystem zu verankern – “das ureigenste Anliegen der Südtiroler Progressiven”, so die Grünen. “Die Zeit ist reif.”
“Es wäre gar nicht so schwer und niemand würde irgendein Recht verlieren”, greifen die drei Landtagsabgeordneten dem Inhalt des Gesetzentwurfs vor. Dieser sieht vor, dass das bestehende schulische Angebot um ein mehrsprachliches ergänzt wird. Aber nur falls erwünscht und genügend Anmeldungen vorliegen: 14 Einschreibungen für den Kindergarten, 15 für die Schule). Dadurch biete das neue Angebot “auch einen Schutz für all jene, die sich der mehrsprachigen Orientierung im Sinne der ausdrücklichen Muttersprachlichkeit nicht anschließen möchten.”
Zentrale Details
“Das freiwillige Zusatzangebot kann im Kindergarten, in der Unter- und Oberstufe gewählt werden, das übliche Angebot bleibt ausnahmslos unverändert erhalten”, führen die Grünen aus. Das Recht auf muttersprachlichen Unterricht wie im Art. 19 des Autonomiestatuts vorgesehen werde daher nicht beschnitten. Auch über Details hat man sich bereits Gedanken gemacht: Das Personal für die mehrsprachlichen Abteilungen soll sich aus beiden Sprachgruppen zusammensetzen und eine spezielle Aus- und Weiterbildung erhalten. “Der Fachunterricht”, so Foppa, Dello Sbarba und Heiss weiter, “erfolgt in einer der beiden Landessprachen Deutsch beziehungsweise Italienisch. Um einen ausreichenden Fachwortschatz zu garantieren, wird die Sprache im Laufe der Schulkarriere gewechselt”.
Rechtliche Grundlagen für den Grünen Vorschlag bilden unter anderem die Europäische Vorgabe “Mutersprache +2”, diverse Landesgesetze sowie das Autonomiestatut. “Die bereits bestehenden gesetzlichen Grundlagen geben ausreichend Anhaltspunkte und den Auftrag, die Mehrsprachlichkeit im Südtiroler Bildungssystem auszubauen. Dieser Landesgesetzentwurf geht den ersten Schritt dazu”, sagen die Grünen. Sie rechnen zwar mit “Widerstand der Konservativen”. Gleichzeitig sind sie sich aber gewiss: “Das mehrsprachige Angebot ist eine Bereicherung der Bildungslandschaft Südtirols.” Von der derzeitigen Schule, die ja schon mit der Realität der mehrsprachlichen Zusammensetzung konfrontiert sei, werde Druck genommen. Wer sich mehrsprachigen Unterricht wünscht, kann diesen erhalten, wer nicht, greift auf den muttersprachliche Angebot zurück – “damit wäre eine Situation allgemeinen Gewinnes geschaffen”, zeigen sich die Grünen zuversichtlich.
Schon vor zwei-drei Jahren,
Schon vor zwei-drei Jahren, wo man bereits über Änderungen des Autonomiestatuts begonnen hat zu sprechen und Richard Theiner Obmann der SVP war und die Voll-Autonomie gefordert hat, habe ich einige Blogbeiträge zum Thema Zwei- und Mehrsprachige Schule geschrieben. Ich habe mich auch detailliert über die Sprach-Schul-Bedürfnisse der Zuwanderer-Familien befasst und bin auf die Frage eingegangen, wie wichtig das Erlernen der eigenen Muttersprache für die Integration und die Erhaltung ihrer Identität wichtig ist. Leider haben die folgenden drei Beiträge (Link) wenig Beachtung gefunden:
http://www.salto.bz/de/article/06042013/zweisprachige-schule-und-autono…
http://www.salto.bz/de/article/06062013/zweisprachige-schule-fuer-und-a…
http://www.salto.bz/de/article/14062013/biodiversitaet-bei-uns-menschen