Strom made im Vinschgau
Eine neue Ära, möglicherweise von historischer Tragweite, beginnt im Vinschgau: Das Vinschgauer Energiekonsortium VEK ist operativ und hat mit VION eine Strommarke eingerichtet. VION kann - wenn diese wollen - Strom an die Vinschger liefern. Ab sofort kann man beim VEK Mitglied und bei VION Stromkunde werden. Vorerst die BürgerInnen von Laas bis Graun. VEK-Obmann Alexander Telser über den aktuellen Stand der Dinge.
Vinschgerwind: Das Vinschgauer Energiekonsortium ist eine Genossenschaft. Kann man da Mitglied werden?
Alexander Telser: Richtig, beim Vinschgauer Energiekonsortium kann man ab sofort Kunde und Mitglied werden.
Wo kann man sich informieren?
Die Informationen werden in unserem Büro in Prad, Hauptstraße 50, gegeben. Es sind schon viele bei uns mit ihren Stromrechnungen vorstellig geworden. Wir sind schon bei den Beratungen. Es gibt zwei Varianten: Man kann bei unserer Genossenschaft Mitglied werden und in die Vorteile der Genossenschaft kommen, oder „nur“ Strom-Kunde werden.
Wieviel kostet der Mitgliedsbeitrag für die Genossenschaft?
Bei einer Anschlussleistung von bis zu 6 Kilowatt werden 100 Euro berechnet, die durch günstigere Engergiepreise wieder zurück zum Kunden kommen.
Vor kurzem haben Sie bzw. das Vinschgauer Energiekonsortium den Bürgermeistern des Tales im Beisein von Landesrat Richard Theiner, von Regionalassessor Sepp Noggler und von Kammerabgeordneten Albrecht Plangger die neue Strommarke VION vorgestellt. Was hat es mit dieser Strommarke auf sich?
Wir haben den jungen Grafiker Manuel Pazeller von Vinschgau Design beauftragt, ein Logo mit allem Drum und Dran zu erstellen zur Strommarke Vinschgau, unter der wir den Vinschger Strom anbieten werden. VI steht für Vinschgau und ON steht für eingeschaltet. Wir sind also bereit. Wir können den im Vinschgau produzierten Strom an die Vinschger weitergeben.
Ist es nicht etwas verwirrend, wenn man Genossenschaftsmitglied des Vinschgauer Energiekonsortium werden möchte, den Strom aber über die VION bezieht?
Könnte so scheinen. Aber im Grunde genommen ist das alles eine Genossenschaft. Wir haben einfach festgestellt, dass wir beim Stromverkauf bzw. den Kunden gegenüber einen anderen Namen wollen. Allerdings bleibt das VEK natürlich bestehen. VION ist ein klingender, leicht aussprechbarer Name für uns als Stromanbieter, den sich die Vinschger über eine Umfrage bei Euch selbst ausgesucht haben.
Das Stromnetz hat das VEK von den Gemeinden Laas, Schluderns, Glurns, Taufers, Mals und Teile von Graun übertragen bekommen. Ist das das vorläufige Einzugsgebiet für Genossenschaftsmitglieder bzw. Stromkunden?
Das ist unser Einzugsgebiet. Wir schließen allerdings eine Ausdehnung nicht von vornherein aus.
In den genannten Gemeinden sind die Kunden derzeit ENEL-Kunden.
Die meisten schon. Einige sind vor einiger Zeit zur SEL oder zu den Etschwerken gewechselt. Jetzt ist das die Alperia.
Interessant: Auf Landesebene haben sich die SEL und die Etschwerke zur Alperia zusammengeschlossen und der Vinschgau von Laas bis Graun beginnt einen eigenen Weg.
Meine Vorgänger als VEK-Obmänner, Josef Noggler und Albrecht Plangger, haben gemeinsam mit den Bürgermeistern bzw. den Gemeinderäten damals beschlossen, einen eigenen Weg gehen zu wollen. Ich glaube, dass der entscheidende Punkt der ist, dass es bislang auf lokaler Ebene keinen direkten Ansprechpartner zum Stromkauf, zur Netzverwaltung usw. gegeben hat. Es ist wichtig, dass ein Stromanbieter vor Ort bei den Leuten ist. Das habe ich auch schon als Gemeindereferent bzw. als Gemeinderat in Schluderns vertreten. Langfristig ist das auch für die Kunden das Wichtigste. Die Preisschiene ist, wenn man dieses Thema genau betrachtet, nicht das Ausschlaggebende. Wenn etwa ein Anbieter heute einen Skonto von 10 oder 20 Prozent anbietet, dann macht das am Ende des Jahres nicht viel aus. Denn der Skonto kann nur auf die Komponente Energie gemacht werden, alle anderen Komponenten auf der Stromrechnung sind vom Gesetzgeber fixiert. Deshalb sind die Leute ja auch zum Großteil bei ENEL geblieben. Das Grundkonzept des VEK war und ist es, dass damit ein Anbieter vor Ort ist, ein Ansprechparnter in allen Stromsachen, der die Sprache der Leute spricht, der Dienstleistungen rasch und ohne großen Aufwand mit kurzen Wegen erledigen kann.
Landeshauptmann Arno Kompatscher hat kürzlich gesagt, dass innerhalb der Alperia eine Abteilung für die Verlegung von Glasfasernetzen vorgesehen werden soll. Wird diese Arbeit im Obervinschgau das VEK übernehmen?
Langfristig haben wir schon mehrere Dienste ins Auge gefasst. Was für die Genossenschaft und die beteiligten Gemeinden Sinn macht, werden wir sicher in verschiedenen Kooperationen aufnehmen können. So zum Beispiel auch bei der E-Mobilität. Da könnte es durchaus Sinn machen, dass diesen Bereich das VEK im Auftrag der Gemeinden betreut. Konkret haben wir uns über die Glasfaser bisher keine Gedanken gemacht, weil wir momentan genug damit zu tun haben, uns gut aufzustellen.
Abgesehen von der Ausbeute am Reschensee etwa, in Martell mit dem Kraftwerk in Laas haben einige Inselbetriebe überlebt: Die E-Werk Prad Genossenschaft, die E-Werk Genossenschaft in Stilfs. Mit der EGO ist in Reschen eine neue Genossenschaft hinzugekommen. Den Gemeinden Mals und auch Laas wurde die Stromproduktion in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts regelrecht weggenommen. Wie ordnen Sie das nun operativ gewordene VEK mit dem Stromanbieter VION historisch ein?
Ich sage, dass man mit dem VEK einen Teil des verloren gegangene Know-hows zurückgewinnen kann. Wie auch immer es den Leuten damals ergangen ist, ich gehöre einer Generation an, die nach vorne blickt und blicken will. Wir möchten ein gutes Produkt schaffen und anbieten. Und wir möchten, mit den Vorteil einer Genossenschaft, den neuen Mitgliedern, den neuen Kunden den Vinschger Strom zurückbringen.
Das VEK möchte anteilsmäßig jenen Strom, der im Kraftwerk von Laas - gespeist aus dem Stausee Martell - erzeugt wird, zertifizieren lassen. Was heißt das?
Wir möchten mit diesem Zertifikat die Garantie geben, dass wir den Leuten den Strom liefern, den wir hier produzieren.
Auf den Stromrechnungen wird der aktuelle Strommix angegeben, z.B. 30 Prozent Strom aus Wasserkraftwerken, 30 Prozent Strom aus Kohlekraftwerken, etwas aus Windenergie usw..
Genau deshalb wollen wir den Strom zertifizieren lassen, damit auf den Rechnungen aufschienen kann, dass der Strom aus einheimischer Wasserkraft ist. Derzeit ist die Stromabnahme allerdings noch vertraglich gebunden.
Derzeit wird das von den Gemeinden an das VEK übertragene Netz von der SELnet betreut. Wie kann man sich diese Hilfestellung vorstellen?
Wir haben diese Kooperation mit SELnet bis Ende des heurigen Jahres. Das VEK hat zwei Netzarbeiter angestellt, die mittlerweile die erforderlichen Sicherheitskurse zum Großteil abgeschlossen haben. Voraussichtlich ab Mai werden unsere Leute mit den SELnet-Mitarbeitern unterwegs sein, um in die tägliche Arbeit Einblick zu erhalten. Wenn SELnet Investitionen vornehmen will oder aufgrund von Notwendigkeiten machen muss, wird das mit uns abgesprochen. Denn am Ende des Jahres wird das VEK sämtliche neuen Investitionen von SELnet ablösen.
Wie viele Mitarbeiter hat das VEK aktuell?
Florian Pinggera ist Geschäftsführer und betreut gemeinsam mit dem erfahrenen Bürosachbearbeiter Marco Masiero die administrative Seite. Technischer Direktor ist Egon Alber und mit Ulrich Federspiel und Erwin Klotz sind zwei Netzarbeiter unterwegs. Im Laufe des Jahres soll noch Büro und Buchhaltung und auch bei den Netzarbeitern aufgestockt werden.
Das VEK ist operativ. Welche Einnahmen hat das VEK derzeit?
Mit SELnet haben wir einen Pachtvertrag für die Netzbetreuung abgeschlossen. Mit diesen Einnahmen finanzieren wir die Aufbauarbeit. In meinen Augen ist die getroffene Entscheidung der Betreuung im heurigen Jahr durch SELnet nach wie vor die beste gewesen.
Josef Noggler und Albrecht Plangger, Ihre Vorgänger, waren Politiker. Sie betreuen als Bankkaufmann die operative Phase. Welches Know-how bringen Sie mit?
Ich habe einige Jahre Bankerfahrung, einige Jahre politische Erfahrung in der Gemeinde Schluderns. Ich muss zugeben, dass ich bei Amtsantritt im Stromsektor noch keine Erfahrung gehabt habe. Aber durch die tägliche Auseinandersetzung der einzelnen Themen bzw. der Entscheidungen die zu treffen war und sind konnte ich in die Materie hineinwachsen und wachse weiterhin.
Sie verkörpern die Lernphase des VEK?
Ja, mit meinem gesamten Team.
Wo steht das VEK Ende 2016?
Wir haben mit Ende 2016 den Mitarbeiterstab soweit, dass wir ab 1.1.2017 das Netz selbstständig betreuen können. Unser Ziel ist es, mit Ende 2016 mindestens 500 Mitglieder bzw. Kunden gewonnen zu haben. Wir laden die Leute ein, zu uns zu kommen, obwohl es preislich wohl kaum Unterschiede geben wird. Aber wir werden den Leuten unsere Vorteile aufzeigen und erklären. Unser erklärtes Ziel ist es, die Entscheidung der Gemeinden das Netz zu kaufen zu rechtfertigen in dem die Bürger zu uns wechseln, ja sogar das Projekt weiterzuführen und zu unterstützen, das ein lokaler Anbieter im Tal entstehen und langfristig bleiben kann.
Dieses Interview ist in der Ausgabe 8/2016 der Zeitschrift Vinschgerwind erschienen.
Eine Chance für uns Vinschger
Eine Chance für uns Vinschger zu beweisen, dass wir nicht nur Korrner sind.