Biodynamischer Hubschrauber
„Nach unserem Verständnis muss Nachhaltigkeit aber Lebenshaltung sein, damit sie dazu beiträgt, die Ressourcen dieser Welt nicht aufzubrauchen“, schreiben Michael Graf Goëss-Enzenberg und seine Frau auf der Homepage ihres renommierten Weingutes Manincor.
Enzenberg ist einer der größten privaten Südtiroler Weinproduzenten. Mit seiner Kellerei Manincor und seinen Spitzenweinen hat er längst weltweit Bekanntheit erreicht. Der Graf und seine Familie legen dabei Wert auf eine „nachhaltige Bewirtschaftung“.
2005 begann der Winzer zusammen mit dem Schweizer Agrarökonomen Andrew Lorand den gesamten Betrieb auf biodynamischen Weinbau umzustellen. 2006 war der erste vollständige Biodynamie-Jahr. Seit 2009 ist der Betrieb laut Gesetz zu 100 Prozent biodynamisch zertifiziert. Manincor-Weine wurden im Weinführer „Guida ai Vini d’Italia bio 2010“ als bester biologischer Weißwein Italiens ausgezeichnet oder sie haben im Gambero Rosso die ersten „grünen“ 3 Gläser bekommen.
Wie der biodynamische Weinbau allerdings auch ausschauen kann, zeigte sich in der vergangenen Woche. In den frühen Morgenstunden am Donnerstag kreiste über das Enzenberg-Weingut am Kalterer See aber auch in Terlan/Siebeneich ein Hubschrauber. Die Maschine eines privaten Südtiroler Unternehmens wurde als Mittel zur Frostbekämpfung eingesetzt.
Was wie ein schlechter Witz klingt, hat einen logischen Hintergrund. Nach dem überraschenden Schneefällen und einer sternklaren Nacht war in der Nacht Frost angesagt. Um Frostschäden zu vermeiden, wird im Obstbau in Südtirol die Frostberegnung eingesetzt.
Im Weinbau hingegen ist das nicht möglich. Dort versucht man neue Methoden anzuwenden. Eine der kostspieligsten und umstrittensten Methoden ist dabei der Einsatz eines Hubschraubers. Ursprünglich in Neuseeland entwickelt, schwappt diese Methode jetzt nach Europa über. So wurden Hubschrauber in der vergangenen Woche auch in der Steiermark und im deutschen Unterfranken eingesetzt.
Das Prinzip ist einfach: Der Frost kühlt den Boden aus und so sammelt sich Kaltluft am Boden. Vor allem in den frühen Morgenstunden bei Sonnenaufgang entsteht oft eine Inversionslage. Das heißt höhere wärmere Luftschichten verhindern das Abströmen der Kaltluft.
Michael Graf Goëss-Enzenberg: Hubschrauber und Biodynamischer Anbau.
Der Hubschrauber überfliegt in geringer Höhe (ca. 30 Meter) die Weinberge und verwirbelt mit seinem Rotorblättern die Luftschichten. Dadurch wird die Inversionslage durchbrochen und der Frost bzw. die Kaltluft kann abfließen.
Genau das hat der Hubschrauber auch am Kaltersee bewirkt.
Seit Jahren versucht man in Südtirol auch eine andere Methode anzuwenden, die auf demselben Prinzip wie der Hubschrauberflug beruht. Es werden große stationäre Windmaschinen aufgestellt, die aus schwenkbaren Rotoren von 5 bis 6 Meter Durchmesser bestehen, die auf 9 bis 12 Meter hohen Masten installiert werden und von am Boden befindlichen Motoren angetrieben werden. Diese Windräder können auch mit Warmluftgebläsen ausgestattet werden.
Als im Vinschgau eine solche Anlage aufgebaut wurde, musste sich die Landschaftsschutzkommission und auch die Landesregierung damit beschäftigen. Man holte ein Rechtsgutachten ein, ob diese Windmaschinen landschaftlich tragbar sind. Am Ende kam man zu keinem klaren Schluss.
Aber auch die Wirksamkeit dieser Bewindungsmethoden ist durchaus umstritten. Vor einigen Jahren hat Martin Thalheimer vom Forst- und Landwirtschaftlichen Versuchszentrum Laimburg eine Studie zur Frostschutzbekämpfung gemacht. Im Abschlussbericht der Studie heißt es:
„ Regionale Verbreitung, besonders in Übersee, hat die Frostbekämpfung durch Bewindung erfahren. Der Einsatz der Bewindung zur Frostabwehr beruht auf der Vermischung kalter, bodennaher Luftschichten mit wärmeren, höher gelagerten Luftschichten. Diese natürliche Schichtung von Luftmassen unterschiedlicher Temperatur wird als thermische Inversion bezeichnet. Ein effizienter Einsatz von Bewindung kann nur dann erfolgen, wenn effektiv die Situation einer thermischen Inversion gegeben ist, wobei auch der Temperaturgradient gewisse Mindestansprüche erfüllen muss: die Frostgefahr kann nur dann gebannt werden, wenn ausreichend warme Luftmassen sich im Einzugsbereich der Bewindungsmaschinen befinden. Ein wirkungsvoller Einsatz der Bewindung ist also generell nur bei mäßigen Strahlungsfrösten in ebenem oder nur leicht geneigtem Gelände möglich, wo sich eine ausreichend stark ausgeprägte Inversionslage einstellen kann. ...(...)... Auch der Einsatz von Helikoptern zur Bewindung ist möglich, jedoch mit beträchtlichen logistischen Schwierigkeiten verbunden (Abrufbereitschaft des Helikopters, Sicherheitsauflagen für Nachtflug, u.a.m.).“
Martin Thalheimer sagt zu salto.bz: „Inversionlagen entstehen vor allem in der Ebene, weil bei uns der Weinbau aber vorwiegend in den Hügel erfolgt, wir diese Art des Frostschutzes in Südtirol eher die Ausnahme bleiben“.
Die gängigste Methode in Sachen Frostschutz ist im Südtiroler Weinbau aber immer noch die Versicherung. Wer einen Aufschlag von rund 30 Prozent auf die Hagelversicherung zahlt, ist auch gegen Frostschäden versichert. Genau das tun sehr viele Bauern, „Wir haben rund 70 Millionen Euro versichert“, sagt Heinrich Huber, Direktor des Hagelschutz-Konsortiums, „rund 15 Millionen davon haben auch eine Frostschutzversicherung abgeschlossen". Das sind immerhin 20 Prozent der Bauern.
„Bisher waren die Frostschäden im Weinbau in Südtirol eher gering“, sagt Huber. So war es auch vergangene Woche. Der angesagt Frost ist ausgeblieben und hat glücklicherweise kaum Schäden angerichtet.
Trotz dieses glücklichen Ausganges darf man sich aber fragen, ob und wie diese überaus teure (eine Hubschrauberminute kostet rund 30 Euro) und vor allem kraftstofffressende Methode allerdings in den biologischen Weinbau passt. Dass die Frostbekämpfung per Hubschrauber wirklich nachhaltig ist, darf offen angezweifelt werden.
Michael Graf Goëss-Enzenberg ist dabei anscheinend anderer Meinung. Stolz präsentiert das Weingut Manincor auf seinem Facebook-Account die extravagante und teure Frostbekämpfung. Dort steht auf Englisch zu lesen:
„Early morning late frost fighting with the helicopter. Flying over our lowest area vineyards, close to the lake, where ice cold air forms so called frost lakes. Frost can cause a total crop failure. By flying close over the vineyard, the wind caused by the propellers blows this ice cold air away and danger is averted.. Thank you #Elikos great job!“
Dabei wird schnell klar, dass der Hubschraubereinsatz für einige Kritik sorgen dürfte. Auf Facebook entwickelt sich folgender Dialog.
„Wir haben verstanden, dass Ihnen das nichts gefällt und nehmen es auch gerne zur Kenntnis“.
Noblesse oblige, eben. Selbst bei der Frostbekämpfung.
Der Bioland Verband Südtirol
Der Bioland Verband Südtirol vereinigt mit rund 550 Mitgliedern rund zwei Drittel der Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern Südtirols. Wir können versichern, dass keiner dieser Bauern mit einem Hubschrauber über seine Obst- und Weinberge fährt.
Ja darf der das ohne die
Ja darf der das ohne die Flughafengegner zu fragen ? Was werden denn die Gastwirte des Überetsch sagen bei diesem Lärm ?
Antwort auf Ja darf der das ohne die von ferdinand tessadri
Gastwirte und Bewohner im
Gastwirte und Bewohner im Überetsch regen sich sicherlich nicht wegen einer Frostbehandlung auf.