Politik | Bozen 2016

“Müssen jetzt Nägel mit Köpfen machen”

Was sagt der meistgewählte SVP-Kandidat zum Wahlergebnis? Und wie positioniert sich die SVP für die Stichwahlen? “Es sind zwei verschiedene Welten”, sagt Luis Walcher.

Nur zwei Kandidaten haben bei den Gemeinderatswahlen in Bozen die 1.000er-Marke bei den Vorzugsstimmen geknackt. Einer davon ist Sandro Repetto vom PD. Der andere ist Luis Walcher. 1.193 Wähler haben ihm ihre Stimme gegeben, 75 mehr als im Vorjahr.

Herr Walcher, sind Sie mit Ihrem persönlichen Wahlergebnis vom 8. Mai zufrieden?
Luis Walcher: Wenn man 400 Stimmen Vorsprung hat auf den zweiten (Judith Kofler Peintner, Anm.d.Red.) hat, dann muss man, glaube ich, mehr als zufrieden sein. Und das bin ich auch.

Im Wahlkampf hat man nicht viel von Ihnen gehört.
Der Wahlkampf war auf den Bürgermeisterkandidaten und die Jugend abgestimmt und wenn ich dann trotzdem am meisten Stimmen bekomme, heißt das schon, dass die Leute in Bozen mich kennen, mich schätzen und mich auch wählen. Das macht mich auch ein bisschen stolz. Für diese Menschen werde ich auch weiterhin meine ganze Zeit opfern und mich einsetzen.

Ich glaube, dass jemand, den über 1.000 Leute gewählt haben, auch in der Volkspartei noch das Wort erheben darf.

Wer sind “diese Menschen”, Ihre Wähler?
Das sind die kleinen Menschen von der Straße, die in Bozen auch Gehör finden wollen. Und das werden sie durch mich, wie in der Vergangenheit, auch weiterhin.

Sind Sie neben dem persönlichen Ergebnis auch mit jenem Ihrer Partei, der SVP Bozen, zufrieden?
Wir haben wieder ein bisschen zugelegt, haben statt 7 wieder 8 Gemeinderäte. Wir sind die zweitstärkste Fraktion im Gemeinderat. Daher sind die Wahlen eigentlich sehr gut gelungen. Wobei erinnert werden muss, dass wir in der Vergangenheit auch schon 10 Räte hatten. Aber zumindest sind wir nicht weiter abgesackt.

Am Nachwahltag des Vorjahres haben Sie im Hinblick auf das Resultat der SVP gesagt: “Dieses Ergebnis ist ein Desaster” und von einer “Misere” gesprochen, die gestoppt werden müsse. Ist sie das?
Sie ist gestoppt, ja. Wir haben um einige Stimmen zulegen können. Die Kandidaten haben sich, glaube ich, als Gruppe sehr homogen gegeben und gemeinsam gekämpft. Aus dieser Sicht war es ein ganz guter Wahlkampf, auch wenn ich glaube, dass uns nicht so viele Italiener gewählt haben, wie die Partei gehofft hat.

Es sind zwei verschiedene Welten, die sich in der Stichwahl anbieten.

Das scheint Ihnen kaum zu denken zu geben?
Ich habe eine etwas andere Beziehung zu dem Ganzen und suche erst gar nicht groß die italienischen Stimmen. Aber logisch hätten uns viel mehr Italiener wählen können als es effektiv getan haben.

Nach dem Ergebnis der SVP im vergangenen Jahr waren sie darüber besorgt, dass die Volkspartei das Recht verliere, “zu sagen, dass sie die deutschsprachigen Bozner Bürgerinnen und Bürger vertritt”. Sehen Sie die deutschsprachige Bevölkerung und Ihre Anliegen nun ausreichend vertreten?
Wir sind vertreten. Aber wir werden jetzt Nägel mit Köpfen machen müssen. Das habe ich auch bei einem Gespräch zu Landesrat Achammer vergangene Woche gesagt. Sprich, wir müssen unseren Mitbürgern zeigen, dass es uns etwa mit den Missständen in den deutschen Kindergärten ernst ist. Dass wir für sie da sein und dieses Problem endlich angehen wollen. Dann, so glaube ich, sehen die Leute, dass diese Volkspartei auch etwas angehen und umsetzen kann.

Das wird nur innerhalb einer Koalition gelingen…
Man setzt im Prinzip immer alles mit einem Koalitionspartner um, alleine macht man ganz wenig.

Wir werden jetzt Nägel mit Köpfen machen müssen.

In zwölf Tagen, am 22. Mai, stehen die Stichwahlen an. Wie wird sich die Partei im Vorfeld positionieren? Bleibt sie bei der Blockfreiheit? Oder wird es eine Wahlempfehlung für einen der beiden Kandidaten geben?
Heute (10. Mai, Anm.d.Red.) Abend haben wir ein Treffen, bei dem erst einmal die Wahlergebnisse analysiert werden. Aber eines ist schon jetzt zu sagen: Es sind zwei verschiedene Welten, die sich in der Stichwahl anbieten. Zum einen die PD-Linie mit einem 70-jährigen Spitzenkandidaten. Renzo Caramaschi kennt die Gemeinde wie eine Westentasche. Zum anderen Mario Tagnin, der bereits für fünf Jahre Gemeinderat war und die Sachen von einer ganz anderen Sicht aus angeht.

Sie könnten mit beiden?
Freilich, dass in dem Bündnis um Tagnin (Uniti per Bolzano, Anm.d.Red.) auch Unitalia drin ist, ist für uns nicht gerade erfreulich. Deshalb werden wir uns sehr gut überlegen müssen, ob man mit Parteien, die Unitalia mit im Boot haben, Mehrheiten eingeht, um eine Stadt wie Bozen zu verwalten. Insbesondere, weil wir eh schon mit den drei CasaPound-Gemeinderäten einen Rechtsruck in Bozen erleben, mit dem so keiner gerechnet hat.

Zumindest sind wir nicht weiter abgesackt.

Senator Francesco Palermo sagt im salto.bz-Interview, dass eine Koalition zwischen PD, SVP, Grünen, Gennaccaro und Holzmann “gut funktionieren” könnte. Sehen Sie das auch so?
Das mit den Koalitionen weiß ich jetzt noch nicht und möchte es zu diesem Zeitpunkt auch nicht kommentieren. Noch habe ich mir nicht einmal die Wahlergebnisse im Detail angeschaut, daher will ich auch noch nicht so weit vordenken. Jetzt lassen wir die Stichwahl vorübergehen und dann wird über Koalitionen nachgedacht, wie groß sie sein soll, mit wie vielen Parteien und vor allem welche Hauptziele eine Koalition weiterbringen soll.

Man kann erwarten, dass Sie als meist gewählter SVP-Rat ihre Stimme in diesen Gesprächen und Verhandlungen gewichtig einbringen werden?
Mich haben 1.193 Leute gewählt, was in Bozen einige Straßenzüge sind. Und ich glaube schon, dass ein Kandidat, den über 1.000 Leute gewählt haben – wir haben übrigens nur zwei davon – auch in der Volkspartei noch das Wort erheben darf. Was ich auch tun werde.

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Andreas gugger Di., 10.05.2016 - 13:06

Achso, jetzt sind die Bozner und Grieser Bauern die kleinen niedlichen Menschen von der Strasse. Und die haben wohl auch die beiden anderen SVP Bauernvertreter mit Warasin und Ramoser gewählt. Klasse. Wieso auch nicht. Wenn man jahrelang erfolgreiche Politik geleistet hat dann wäre doch gerade jetzt ein günstiger Zeitpunkt gewesen und hätte den jungen Platz machen können. Noch mehr Platz. Herr Walcher hätte ja schon lange die Nägel reinhauen können. Wie man als Wähler so agieren kann ist schon sehr eigenartig. Und vor allem als Nichtwähler. An Sonntagen hätten doch die meisten genügend Zeit zum wählen. Nicht nur unsere armen Bauern.

Di., 10.05.2016 - 13:06 Permalink
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Martin B. Di., 10.05.2016 - 22:13

Mir scheint einer der wenigen bodenständigen Leute mit Hausverstand in der Bozner Politik. Ob es diesmal nützen wird ist fraglich, auch die eigene Partei hört lieber auf "Verwaltungsexperten".

Di., 10.05.2016 - 22:13 Permalink