“So machen wir nicht weiter”
Ein Satz hat gereicht, um zahlreiche Veranstalter und Organisatoren von Events im Land gegen Renzo Caramaschi aufzubringen. “Die Organisatoren sollen einmal lernen, zu organisieren!” (im Original: “Che imparino ad organizzare!”), hatte der neue Bozner Bürgermeister zu salto.bz am vergangenen Donnerstag gesagt. Es ging um das Elysium School’s Out Festival, das am Vortag zu scheitern gedroht war, weil Caramaschi den Flughafen-Risikoplan in restriktiver Art und Weise ausgelegt hatte und die Veranstaltung, die um 19 Uhr in und vor der Diskothek Life in der Bozner Industriezone beginnen sollte, erst ab 23 Uhr (nach Ende des Flugverkehrs) erlauben wollte. Eine Ausnahmegenehmigung, wie sie in den vergangenen Jahren für mehrere Events in den Zonen des Risikoplans ausgestellt worden war, kam für Caramaschi nicht in Frage.
“Nach untragbaren Problemen, die uns die Gemeinde Bozen beschert hat, nun auch noch solche Beleidigungen”, schreiben die Organisatoren des School’s Out Festival noch am Freitag, als der salto-Artikel mit besagtem Zitat erscheint, auf Facebook. “Nur durch einen Landesrat (!!!) konnten wir absichtlich von der Gemeinde Bozen kreierte Hindernisse und auch nur mit Limitierungen überwinden.” Es war Jugend- und Kulturlandesrat Philipp Achammer, an den sich die Jugendlichen am Mittwoch gewandt hatten und der nicht zum ersten Mal einschritt, um von jungen Veranstaltern organisierte Events doch noch beziehungsweise im Falle des School’s Out Festival früher stattfinden zu lassen. Dessen Organisationsteam jedenfalls ist angefressen: “Wir haben die Nase voll von lähmender Bürokratie, jugendfeindlicher Politik, unfähigen Beamten und absichtlich geschaffenen Hindernissen. So kann es nicht weitergehen, so können und werden wir nicht weiter machen!”
Es geht um mehr
Reaktionen kommen auch von anderen Event-Veranstaltern, darunter niemand geringerem als Tobe Planer, der für die Grünen im Bozner Gemeinderat sitzt und am Donnerstag Renzo Caramaschi und seiner Stadtregierung das Vertrauen ausgesprochen hat. “Man kann die Paragraphen reiten wie man will, Flughafen-Risikoplan hin oder her, ok, aber den jugendlichen Enthusiasmus und Organisationsgeist mit fadenscheinigen Argumenten zu verhindern, ist nicht zielführend!”, zeigt sich Planer in einem Facebook-Eintrag besorgt. Walter Eschgfäller, der ebenfalls für die Organisation zahlreicher Events und seinen Einsatz für Jugendkultur in Bozen bekannt ist, stellt sich in einem Kommentar die Frage: “Da bin ich mal gespannt , was der Bürgermeister macht, wenn die nächste Messe ansteht bzw. beim nächsten Hockeyspiel über 500 Personen anwesend sind.” “Und wenn die Jugend gar nix mehr macht, dann schmerzt das auch!!!!!!!”, kommentieren die Verantwortlichen von Af Zack (Initiative von Forum Prävention) in Hinblick auf einen weiteren Satz, den Caramaschi im salto-Interview fallen gelassen hat: “Wenn einem ein Flugzeug auf den Kopf fällt, dann schmerzt das!”
Wie die Kommentare in den sozialen Medien durchblicken lassen, geht es in der losgetretenen Debatte zwar vordergründig um den Bozner Bürgermeister und den Fall “School’s Out”. Aber dahinter verbirgt sich doch viel mehr: Es geht um Jugend, ihre Kultur(en), ihre Freiräume und Möglichkeiten, sich zu entfalten und auszuleben – Themen, bei denen man sehr häufig sehr schnell an bürokratische, politische und gesellschaftliche Grenzen stößt. Vor allem in Bozen. “Alle wissen, wie schwer es ist in der Landeshauptstadt etwas auf die Beine zu stellen, was mit Musik zu tun hat. Niemanden wundert es, dass es viele aufgegeben haben.” Diesen Satz stellen die Initiatoren von “Save the Nightlife Südtirol” am Samstag auf ihre Facebook-Seite. Seit mehreren Jahren setzt man sich dort für mehr Akzeptanz “für ein soziales und frisches Umfeld auch in der Nacht” ein. Vor diesem Hintergrund nehmen die Verantwortlichen daher ausgiebig Stellung zu dem jüngsten Vorfall in Bozen:
“Man hat sich eine gewisse Veränderung erwartet mit den Gemeinderatswahlen in Bozen. Man hat sich einen anderen Umgang, in Sachen Veranstaltungen und Musikbegeisterten erhofft. (…) Indem er (Bürgermeister Caramaschi, Anm.d.Red.) das Organisationsteam des grossen Südtiroler Schulschluss-Openairs in der Bozner Industriezone öffentlich zurechtweist “erstmal das Organisieren zu erlernen” - weil es verschiedene Auslegungen des Flughafen-Risikoplans gibt - enttäuscht jedoch. (…)
Doch die Schwierigkeit liegt nicht nur bei Herrn Caramaschi, sondern insbesondere bei der Gemeinde Bozen, wo man seit Jahren das Gefühl hat, dass bei Musikveranstaltungen & Jugendkultur die Willkür entscheidet. Wenige in der Gemeinde scheinen zu wissen, welche Regeln wie und wann zu respektieren sind. Gleichzeitig verlangt man aber, dass diese von den Vereinen und Veranstaltern präzise gekannt und eingehalten werden. Die Bürokratie und das Misstrauen haben die Überhand gewonnen. Präventiv wird alles in Frage gestellt und generell verdächtigt.
Hoffentlich befasst man sich in Bozen zukünftig ernsthaft mit dem Thema und hält seine Versprechen den Verlust vom Kubo und der Halle 28 zu kompensieren. Hoffentlich schafft es Herr Caramaschi und Kollegen persönlich einmal zu einer Veranstaltung und informiert sich vorher was vorgefallen ist. Bozen soll Vorzeigecharakter für ganz Südtirol haben und zwar auch dann, wenn der Wahlkampf vorbei ist. Mit einem kleinen Teil der Motivation wie sie beispielsweise Landesrat Philipp Achammer gezeigt hat und in letzter Minute vermittelt hat, wäre es für junge, motivierte Veranstalter, die Bozen wachrütteln zu versuchen, um einiges leichter.”
Ob zumindest Bozens Bürgermeister nun wachgerüttelt ist?
Und jährlich grüßt das
Und jährlich grüßt das Murmeltier...
Den meisten Aussagen und
Den meisten Aussagen und Argumenten stimme ich zu: es ist schwierig!
Ich erlaube mir, einige Sätze heraus zu greifen und dazu einige Überlegungen an zu stellen:
1) Die Organisatoren sollen einmal lernen, zu organisieren!” (im Original: “Che imparino ad organizzare!”) - Einerseits stimmt es, dass es einfach Bestimmungen gibt , die für alle gelten. Es ist ein Lernprozess für Jugendliche - heißt angehende Erwachsene - anzuerkennen, dass es ab jetzt für sie (Kinder, Jugendliche) keine Ausnahmen mehr gibt.
2) “Wir haben die Nase voll von lähmender Bürokratie, jugendfeindlicher Politik, unfähigen Beamten und absichtlich geschaffenen Hindernissen. So kann es nicht weitergehen, so können und werden wir nicht weiter machen!” An meinen obigen Kommentar anknüpfend: Bürokratie kann lähmend wirken, ist aber die Umsetzung von Gesetzen und Bestimmungen. Volljährige Jugendliche müssen eben lernen zu akzeptieren, dass für sie nun die selben Bestimmungen gelten und dass sie nun die selbe Verantwortung haben, wie Erwachsene!
3) "Es geht um Jugend, ihre Kultur(en), ihre Freiräume und Möglichkeiten, sich zu entfalten und auszuleben – Themen, bei denen man sehr häufig sehr schnell an bürokratische, politische und gesellschaftliche Grenzen stößt." Es ist eine allgemeines Streitthema, wie viel man Kindern schon Grenzen setzen muss, weil sie auch lernen müssen, mit Grenzen um zu gehen und sie zu akzeptieren, denn spätestens, wenn sie ins Erwachsenen-Alter und in die Arbeitswelt kommen, werden sie damit unweigerlich konfrontiert. Viele Jugendliche habe heute als Kinder wenige Grenzen erfahren. Um so krasser erleben sie jetzt die Grenzen, die sie in der Erwachsenenwelt vor finden. Und die Gesellschaft tut gut, diesen Prozess durch Sonderbestimmungen und Ausnahmen nicht hinaus zu schieben!
Antwort auf Den meisten Aussagen und von Sepp.Bacher
Also Grenzen setzen,
Also Grenzen setzen, einschränken, zurechtweisen, keine Unterstützung für junge Leute? Ja, da jubiliert das Spiesser-Herz.
Wo haben Sie sich dieses restriktive Weltbild zugelegt, in den 1950er Jahren?
Wenn Sie ihr persönliches Leben voller Grenzen und Einschränkungen empfinden, woher leiten sie ab dass dies auch für andere und gerade die Jugend gelten soll? Dürfen andere nicht ein besseres Leben haben?
Antwort auf Also Grenzen setzen, von Alfonse Zanardi
Da habe ich Ihnen, Alfonso,
Da habe ich Ihnen, Alfonso, wohl eine Vorlage geboten, dass Sie mir in Ihren anscheinend noch nicht verdauten Frust nach der Flugplatz-Abstimmung, einen Tritt unter die Gürtellinie versetzen konnten! Welch ein Niveau!?!
Autsch. Und schon die erste
Autsch. Und schon die erste Bestätigung der Befürchtung das Bürgermeister und Vize im Pensionsalter keine Impulse für die Jugend bringen werden.
Dass eine Gesellschaft Regeln
Dass eine Gesellschaft Regeln braucht um zu funktionieren steht außer Frage!
Doch ein wesentlicher Teil unserer Erwachsenen-Verantwortung gegenüber junger Menschen ist es, ihnen die Rahmen und Möglichkeiten zu“ermöglichen“, damit sie sich zu: umfassend gebildeten, vielseitig kompetenten, umsichtigen, vorausschauend denkenden, verantwortlich handelnden, in sich ruhenden, starken, beziehungsfähigen Persönlichkeiten entwickeln können!
Viele Erwachsene und Entscheidungsträger scheinen diese noch nicht erkannt zu haben.
Antwort auf Dass eine Gesellschaft Regeln von Herta Abram
Das ist eine erschreckend
Das ist eine erschreckend lange idealistische Liste! Warum kann man junge Erwachsene nicht als Erwachsene behandeln und ihre Erfahrungen machen lassen aus denen Sie lernen können. Als Erwachsene - wenn auch junge - sind sie eben Erwachsene und brauchen keine Privilegien mehr - und brauchen auch in geringem Maße noch Aufpasser, "Anwälte" und "Ratschläger"!
Ich finde, es ist ein Problem unserer Zeit, dass die Eltern ihre Kinder nicht selbständig und erwachsen werden lassen wollen!