Politik | SAD-Vision Dolomitenbahn

Wo die Bahnen in den Himmel wachsen

„Es wird die schönste Bahn der Welt“, zitierte Ing. Moroder den SAD-Direktor Vettori am vergangenen Freitag auf der hochkarätigen Verkehrspolitik-Tagung auf Burg Prösels.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Um Visionen ging es dabei, denn Visionen sind zurzeit gefragt, koste es buchstäblich was es wolle.

Es war schlicht und einfach faszinierend wie Ing. Moroder seine Bahntrasse virtuell durch die Dolomiten zog. Anhand von Luftaufnahmen, in die er live die Bahnstrecke hineinsetzte und durch die Landschaft zog, zwischendurch ein Rendering einer Brücke, eines Bahnhofs, eines Tunnels, eine Meisterleistung an Präsentationstechnik. Hut ab. Die 75 Km lange Dolomiten-Bahn startet von Bozen, quert das Seiser Hochplateau, durchfährt Ladinien und erreicht Cortina in zwei Stunden und 17 Minuten. Von St. Ulrich klettert sie wie zahlreiche weitere Passagen als Zahnradbahn aufs Grödnerjoch, dann über Corvara, Stern, St. Kassian zum Falzarego-Pass und gemächlich runter nach Cortina. Nicht nur Chinesen, Japaner und Inder werden begeistert sein von solch einer Fahrt durch die Dolomiten. Moroders Enthusiasmus steckt an, der Saal ist eine halbe Stunde lang wie gebannt.

Auch wirtschaftlich hat Moroder das Projekt durchgerechnet: 1,6 Milliarden Euro Baukosten, 6,5-7,5 Millionen Fahrgäste im Jahr, bei 22 Mio. Euro Betriebskosten und 18-24 Mio. Euro Einnahmen, somit voraussichtlich kostendeckender Betrieb oder gar ein Gewinn im Unterschied zu den übrigen Bahnstrecken Südtirols. Wirtschaftlich rechnen würde sich das Projekt aber vor allem deshalb, so Moroder, weil es auch zusätzlichen Tourismusumsatz, BIP und zusätzliche 40 Mio. Euro im Jahr an Steuereinnahmen für das Land einbringen würde, die eben in den Bau fließen müssten.

In der Schweiz gibt es derartige Bahnen seit gut 100 Jahren (die Jungfraujoch-Bahn ist 1903 fertiggestellt worden, der Glacier-Express ist allen ein Begriff) und sind heute Geldmühlen mit 100.000en Gästen aus Übersee. Vielleicht hat dieses Modell für die Dolomitenbahn Pate gestanden, zumal in 10 Jahren wie beim Gotthard-Tunnel Millionen Menschen wie durch eine Pipeline durch den BBT fließen werden, ungenutzt, das darf nicht sein.

Doch keiner der Diskutanten am Podium fragt: Brauchen die Dolomiten auch das noch? Sind die heutigen Millionen Besucher nicht schon genug? Gibt es keine Grenze für alpine Rummelplätze? Natürlich geht es bei diesem Bahn-Megaprojekt auch darum, den heutigen PKW-Verkehr einzudämmen, wird die SAD antworten. Doch kann man den Lärm reduzieren, die Umwelt und Landschaft schonen, sich sanft bewegen auch ohne eine komplett neu in die Landschaft gefräste, 1,6 Mrd. Euro teure Bahntrasse?

Als Vize-Verkehrsminister Nencini zu Wort kommt, gibt er sich beeindruckt. Nebenbei erlaubt er sich auf die näherliegenden gewaltigen Bauvorhaben hinzuweisen, den BBT, die Tunnelumfahrung von Bozen, die Zulaufstrecken des BBT bis Verona, die veralteten Regionalbahnen in Italien. Er spricht vom etwas bescheideneren Dolomiten-Bahnprojekt der Toblach-Cortina-Verbindung. Nur in einem Nebensatz fällt das Stichwort: „Progetti fantasmagorici possono aspettare“.

Dabei war neben der Vision der Dolomiten-Bahn auf dieser Verkehrstagung eine zweite Vision der SAD schon ganz verblasst, die Überetsch-Bahn. Ing. Moroder zeigte den Trassenverlauf zum Einstieg ganz nebenbei: er verläuft fast zur Gänze auf bestehenden Straßen und kostet 200 Millionen, also Peanuts im Vergleich mit der Dolomitenbahn. Was bisher als unüberwindliches Hindernis für diese wirklich dringende Nahverkehrsinfrastruktur galt, nämlich die Kosten, standen plötzlich als reine Nebensache da. Woher nimmt die SAD diese Zuversicht, und woher das Kapital?

Interessant bei dieser Tagung, dass andere Bahnprojekte, die halbfertig in der Schublade liegen und kein UNESCO-Weltnaturerbe mit einer neuen Trasse durchschneiden - die Riggertal-Bahnschleife, die Verbindung der Vinschgerbahn mit dem Schweizer Bahnnetz, der neue Bahnhof Bozen, und eben die noch nicht projektierte BBT-Zulaufstrecke Verona-Bozen - zwar genannt wurden, aber als irgendwie schon finanziert, realisiert und abzuhaken erschienen. Wenn hierzulande so viel freies Kapital auf Verwertung in Gebirgsbahnen wartet, könnte Nencini freilich auf die Idee kommen, dass Südtirol für die teuren BBT-Zulaufstrecken etwas mehr abzwacken kann als bisher vorgesehen.

Klaus-Peter Dissinger war es schließlich, der zu bedenken gab, dass es noch andere „Visionen“ zu pflegen gilt: etwa den Umwegverkehr über den Brenner von 600.000 LKW im Jahr in die Schweiz auf den Bestweg zu bringen, die Zulaufstrecken mit ihrem enormen Kapitalbedarf rechtzeitig bis 2026 fertigzustellen, Garantien dafür zu schaffen, dass der BBT wirklich den Gütertransit auf die Schiene bekommt, die Warentransitmenge mit ihren unvermeidlichen Transport- und Umweltkosten überhaupt zu reduzieren. Solche Visionen haben freilich weit geringeren Unterhaltungswert. Und den Verkehr durch Naturlandschaften – oder was davon übrig ist -  insgesamt zu reduzieren, dem Tourismus in einem Weltnaturerbe insgesamt Grenzen zu setzen, vorhandenes Kapital wirklich klimaschutzbewusst einzusetzen, ist schon gar keine Vision mehr. Dabei hatte Moroder abschließend sein Projekt sogar in diesen Zusammenhang gestellt, nämlich das Klimaschutzabkommen von Paris 2015. Doch geht Klimaschutz auch ohne 1,6 Mrd. Euro teure neue Bahntrasse mit 7,5 Mio. Fahrgästen im Jahr quer durchs UNESCO-Naturerbe?

 

PS: In diesem brillanten Projekt wird Plan de Gralba mit Bozen mit einer komplett neuen Bahntrasse verbunden, die laut SAD-Projektion für sich genommen die Kleinigkeit von 900 Mio. Euro kostet. Dabei gibt es noch eine alte Bahntrasse nach Gröden, die mit einem Bruchteil davon erneuert werden könnte, wenn man schon auf die Bahn setzt.

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Benno Kusstatscher So., 31.07.2016 - 12:51

Wiedereinmal typisch: Jemand traut sich mit einer neuen Idee in die Öffentlichkeit und sofort werden ihm die Augen ausgehackt. Lieber Thomas, Gatterers Traum wirft in der Tat viele Fragen auf. Er gibt aber auch Antworten auf Nahverkehr, mögliche, sanftere Weiterentwicklung von Tourismus, Verkehrsbelastung mehrere Dolomitenpässe und nicht zuletzt bessere Eingliederung von Cortina. Weder steht hier irgendwo, dass diese Bahn die Kalterer Strecke oder die Engadiner Anbindung auf niederere Priorität deplatzieren würde, noch dass die Bahn genauso umgesetzt werden müsste, wie in der netten Simulation gezeigt. Eine Variante über Arabba/Reba lässt sich da wohl genauso andenken wie ein Tunnel unterm Grödner Joch, um die zwei gröbsten Schneisen zu vermeiden. Dass die alte Grödner Dampflokstrecke weder den direkten Weg nach Bozen findet, noch das Verkehrsproblem des finanzkräftigen Schlerngebiets bedient, ist mühsam zu betonen. Geben wir der Idee doch ersteinmal die Chance, vertieft durchgedacht und debattiert zu werden, bevor wir sie mit negativem Blickwinkel niedermachen.

So., 31.07.2016 - 12:51 Permalink
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Christian Mair So., 31.07.2016 - 12:57

Das Projekt täuscht über einen Fehler in der BBT Planung hinweg und zwar den mangelden Anschluss Osttirol/Pustertal/Brixen/Wipptal an den BBT. Die derzeitige Planung sieht keine Haltestelle Brixen vor. Von Innsbruck kommend muss man also nach Bozen fahren um ins Pustertal/Osttirol/Brixen zu gelangen.

Bevor Touristen in die Berge gegeondelt werden, sollten Bürger Anschluss an wesentliche Bahnprojekte erhalten. Oder was sonst ist die res publica?

So., 31.07.2016 - 12:57 Permalink
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Michi Hitthaler So., 31.07.2016 - 13:34

Antwort auf von Christian Mair

Also, wenn ein Tourist im Jahre 2024+X vom Norden her käme, könnte er doch in Innsbruck in den Regionalzug ins Pustertal umsteigen. Ist eh schöner als die Strecke im dunklen BBT zu fahren, außerdem spielt Zeit für die Touristen kaum eine Rolle.
Gab es da nicht den Plan in Franzensfeste einen BBT-Bahnhof zu errichten?

So., 31.07.2016 - 13:34 Permalink
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F. T. So., 31.07.2016 - 18:49

Vergessen wir doch nicht, dass die Sad sich bei den Leuten wieder beliebter machen muss, nach den Streiks und den Streitereien. Da eignen sich solche
futuristische Projektionen sehr gut, alle träumen ja gerne. Mir fällt aber dazu
nur das Lied ein: "Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld ?" DerMinister hat
die Antwort schon gegeben.

So., 31.07.2016 - 18:49 Permalink
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Thomas Benedikter Mo., 01.08.2016 - 08:57

Jeder kann seine Visionen entfalten, so lang und breit wie gewünscht, lieber Benno, doch war die Pröselser Tagung geradezu darauf angelegt, die Diskussion zu eröffnen. Einen Einstieg dazu auf SALTO bildete eben mein Beitrag.
Interessant am Zeitpunkt dieser Vorstellung ist schon, dass es für die näher liegenden, wirklich sinnvollen Projekte wie die Überetschbahn, die Riggertalschleife oder gar eine Bahnverbindung mit der Schweiz noch gar keine politischen Beschlüsse oder Absichtserklärungen (ausgenommen Riggertal) gibt, und die SAD schon über die Finanzierung der nächsten Vision nachdenkt.
Die Dolomitenbahn ist bestechend neu, folgt aber einer alten Logik: nochmals Erschließung, nochmals Wachstum, noch mehr Tourismus. Im Kern wäre diese Bahn keine Nahverkehrsverbindung, sondern eine zusätzliche Attraktion für ein Gebiet, das schon übererschlossen ist. Ing. Moroder rechnet mit einer Steigerung der Ankünfte um 500.000 im Jahr. Eher untertrieben bei der "schönsten Bahn der Welt". Abgesehen vom völlig untragbaren Landschaftseingriff, erreicht man das Gegenteil einer Verkehrsberuhigung: neue Massen, vor allem per Flug aus Übersee hergeholt, fahren die Dolomiten ab wie heute Chinesen, Russen, Japaner und Inder die Jungfraujochbahn bevölkern. Nach den Zahlen von Ing. Moroder werden auch nach dem Bau der Bahn bestenfalls 25% der Dolomiten-Touristen per Bahn anreisen.
Was soll daran nachhaltig sein? C. Mair hat ganz recht: wenn man Cortina mit Bozen per Bahn erreichen will, kann man mit einem kleinen Bruchteil der 1,6 Mrd. Euro der Dolomitenbahn-Kosten die Trasse Toblach-Cortina wiederbeleben und die Riggertalschleife bauen. Geht schneller und von den Dolomiten sieht man fast genau so viel. Dass der BBT keine Haltestelle in Brixen vorsieht und somit keine direkten Anschluss zur Pustertalbahn bringt, sollte eigentlich das ganze Pustertal aufrütteln.

Mo., 01.08.2016 - 08:57 Permalink
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Albert Hofer Mo., 01.08.2016 - 09:21

Antwort auf von Thomas Benedikter

Wieso sieht der BBT keinen Anschluss zur Pustertalbahn vor? Der BBt endet in Franzensfeste, also exakt dort, wo die Pustertalbahn ihren Anfang nimmt. Das nennen ich mal perfekte Anbindung...

Eine geänderte Situation gäbe es erst bei einer Verwirklichung der Riggertalschleife, die die Pustertalbahn dann nicht mehr in Franzensfeste, sondern in Brixen beginnen lassen würde. Aber selbst dann weiß ich nicht, warum Panik geschürt werden müsste. Es besteht auch danach noch für jeden Personenzug die Möglichkeit, nicht in den Zulaufstreckentunnel Franzensfeste-Waidbruck einzubiegen, sondern die normale, bereits bestehende offene Trasse zu verwenden und in Brixen zu halten.

Mo., 01.08.2016 - 09:21 Permalink
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Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher Mo., 01.08.2016 - 09:35

Antwort auf von Thomas Benedikter

Bruchteil? Die Verbindung Calalzo-Cortina-Toblach wurde meines Wissens auch mit einer Milliarde veranschlagt, wobei eine Projektvariante sogar untertags über St.Kassian angedacht wird, also gar nicht nach Toblach führen würde und das Gatterer-Bahndl einen Brocken billiger machen dürfte.
Jungfrauenjoch? Bitte, aufs Jungfrauenjoch fährt man hinauf, genießt Aussicht, Höhenrausch und Gletscherluft und fährt dann wieder herunter. Hat mit Nahverkehr als rein gar nichts zu tun. Wenn wir schon einen schweizer Vergleich brauchen, warum die Jungfrau Bahn und nicht etwa die Rhätische?
Nachhaltigkeit? Darüber denke ich weiter nach, wenn ich das nächste Mal von Gröden oder Seis heimwärts im Stau stehe, oder wenn ich am Sellajoch vor lauter reflektierender Autoscheiben die Marmolada nicht mehr ausmachen kann.
Riggertalschleife? da geht doch etwas weiter, oder?
Kaltererbahn? dafür hatte sich die SAD auf Prösels doch auch ausgesprochen.
Schweizer Anbindung? War im letzten Jahr mehrmals im Gespräch.
BBT-Haltestelle in Brixen? Geht am Thema vorbei, aber ja, das regt mich auch auf.
Keiner meiner Punkte macht mich zum SAD-Fan oder entschlossenen Befürworter des Projektes, aber ich verfechte die Fairness gegenüber neuen Ideen.

Mo., 01.08.2016 - 09:35 Permalink
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Argante Brancalion Mo., 01.08.2016 - 09:25

Quello che pochi sanno è che il TAV probabilmente nel suo viaggio verso nord non si fermerà nemmeno a Bolzano, figurarsi a Bressanone. Il TAV ha bisogno di molti km per raggiungere la velocità di crociera, per questo non si può fermare ovunque. Poi non sarà un treno per turisti ma piuttosto viaggiatori di lunga percorrenza.
Riguardo il superprogetto di Moroder mi chiedo chi oltre all'ambiente pagherà i costi. Quali servizi pubblici dovranno essere tagliati per trovare tutti quei soldi. Si potrebbe scommettere sicuri di vincere su sanità e sociale. Ci siamo risparmiati un centinaio di mil. con lo stop all'aeroporto e ora arriva questo e ne vuole spendere 1,6 miliardi per portare qui gli stessi 500.000 turisti.
Oltre alle domande di Thomas ne pongo alcune altre: a chi serve una ferrovia del genere, da dove nasce un tale bisogno, quale è la visione che gli amministratori hanno del futuro della provincia, ce n'è una?

Mo., 01.08.2016 - 09:25 Permalink
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Profil für Benutzer Albert Hofer
Albert Hofer Mo., 01.08.2016 - 13:02

Antwort auf von Argante Brancalion

Diese supergeheimen Informationen (quello che pochi sanno...), dass der "TAV" (welches Modell auch immer das sein soll) nicht in Bozen halten soll, habe ich zwar schon mehrfach gehört, aber leider immer nur als belegloses Gerücht. Ich weiß auch bei bestem Willen nicht, wieso man hier Angst schüren sollte. Die Frecce bedienen jetzt schon umstandslos Bozen, der ICE hält in Deutschland an 180 verschiedenen Bahnhöfen, wieso sollte der Eurocity plötzlich Bozen ignorieren?

Mo., 01.08.2016 - 13:02 Permalink