Nicht nur Ötzi
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Das 25-Jahr-Jubiläum der Auffindung des Eismannes und die “allgemeine Ötzi-Manie”, wie sie es nennen, nehmen die Grünen Landtagsabgeordneten zum Anlass, kritisch nachzufragen. Die umfassende Würdigung der Gletschermumie ein Vierteljahrhundert nach seiner Entdeckung stellen sie dabei keineswegs in Frage. Im Gegenteil: “Ihre wissenschaftliche Bedeutung weltweit ist ebenso unbestritten wie ihr wirtschaftlicher Effekt für den Tourismus in Südtirol und die Landeshauptstadt Bozen.” Auch seien die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Herkunft von Ötzis Kupferbeil und seinen Gesundheitszustand, die dieser Tage in der EURAC präsentiert werden, mehr als erfreulich – ebenso wie die Tatsache, dass der aktuelle Standort des Archälogiemuseums zugunsten eines neuen Museumspols ausgeweitet werden soll, schreiben die Grünen in einer Aussendung.
Die “Aber”
Nichtsdestotrotz gebe es neben der Genugtuung auch Grund zur Nachfrage, so Hans Heiss, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba. Und zwar in zwei Punkten: der Rolle von Museen und der Zeitgeschichte:
Das Beispiel des Eismanns zeige, dass Südtirols Museumslandschaft “mit relativ überschaubaren Mitteln Herausragendes leistet”, weisen die Grünen hin. Denn mit weit weniger Budget und Mitarbeitern wie im Trentino würden ähnlich hohe Besucherzahlen realisiert. “Dabei laufen aber alle Landesmuseen Gefahr, durch personelle Ausdünnung Substanz zu verlieren und vorab im Bereich wissenschaftlicher Forschung ihren Aufgaben nicht mehr zu genügen”, warnen Heiss, Foppa und Dello Sbarba.
Als zweiten Punkt bemängeln die Grünen das ungleiche Interesse an wissenschaftlich relevanten Themen. Der detaillierten Untersuchung der Gletschermumie könne man nur höchste Bewunderung zollen, “dennoch wäre begrüßenswert, wenn etwa die zeitgeschichtliche Forschung im Lande auf einen Bruchteil jenes Supports zählen könnte, mit dem die Ötzi-Archäologie rechnen kann”, so die Landtagsabgeordneten. Denn: “So wichtig seine Todesumstände im globalen Maßstab sind, so wüsste man auch gerne mehr über zeithistorische Kernfragen der Regionalgeschichte: Etwa über Todesursachen im Lager Bozen ab 1944, die Flucht von NS-Tätern durch Südtirol nach 1945 oder die Rolle von Geheimdiensten im Zuge der Südtirol-Attentate. Gewiss keine Fragen von weltweiter Bedeutung, aber für die politische Kultur des Landes wäre ihre Beantwortung von nicht geringem Wert.”
Ötzi ist 5000 Jahre alt, die
Ötzi ist 5000 Jahre alt, die Grünen scheinen ihren Fokus auf die Geschichte der Großeltern zu haben (sind diese zwei Felder wirklich die einzigen "zeithistorischen Kernfragen der Regionalgeschichte"?). Was ist mit all der Geschichte und Kultur zwischen diesen Zeiträumen?!? Ich finde es schade, das Räterzeit, Römerzeit, Völkerwanderungen, Mittelalter, und Neuzeit bis zu Beginn des Nationalismus derart wenig gefördert und beleuchtet werden. Die Aufarbeitung der rezenten Geschichte wirkt meines Erachtens mehr durch die Förderung des Interesses bei Schülern einen Blick auf Verwandtschaft und Bekanntschaft zu werfen. Außerdem gibt es m.E. eh schon viele Publikationen lokaler Historiker zu den Geschehnissen ab dem 1. Weltkrieg, viel mehr als von den Zeiten davor, die mehr im Nebel der Zeit verschwinden.