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So klein und doch Giganten

Was unser Leben prägt, ist das permanente Eingetauchtsein in unsere kleineren und größeren Probleme, die von den Gipfeln unserer Berge aus betrachtet winzig klein erscheinen. Denn trotz allem sind wir winzig klein auf diesem wunderschönen blauen Planeten.
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 „Sieh dir dieses Wasser an, Michil. Es ist hundert Jahre alt. Und davon wird in 50 Jahren noch ein weißer Fleck oben am Gipfel übrig sein. Mehr nicht."

Dass das Flüchtlingsproblem, das zurzeit im Zentrum unserer Aufmerksamkeit steht, lässt sich nicht leugnen. Menschen flüchten vor Krieg, Gewalt und Unterdrückung, die oft als Folge einer westlichen Politik aus Kriegstreiberei, Lügen und Feigheit entstehen. Die Katastrophen, die wir heute erleben, haben einen ganz präzisen Ausgangspunkt: der von Bush und Blair im Jahr 2003 beschlossene Irak-Krieg. Wahr ist aber auch, dass es stets Migrationsbewegungen in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Und die Geschichte könnte uns einiges lehren, wenn wir nur in der Lage wären, ehrlich zu uns selbst zu sein. In 50 Jahren werden wir Italiener – trotz des von der Regierung neulich durchgeführten „Fertility Days“ – elfeinhalb Millionen Menschen weniger sein als heute. Im selben Zeitraum wird die Migrationsbewegung ca. 12 Millionen Menschen in unser Land gebracht haben. Ja, Menschen: Frauen und Kinder, Jugendliche und Männer. Woher also kommt all diese Angst? Diese absurde Paranoia vor „dem anderen“, die die Dinge immer nur noch schlimmer macht? Sie fesselt uns an unsere grenzenlosen Egos und lässt uns den Blick für das große Ganze verlieren. Uns ist nicht klar – oder vielleicht wollen wir es auch einfach nur nicht glauben, oder wir leugnen es vor uns selbst – dass die künftigen Migrationsbewegungen von einem Ort zum nächsten immer stärker vom Klimawandel abhängen werden. Während in einem Teil der Welt die Gletscher schmelzen, steigt in einem anderen der Meereswasserspiegel. Dehnen sich die Wüsten aus. Wird Wasser in vielen Regionen des Planeten zu einem immer selteneren, kostbaren Gut. Wir sehen nicht, oder besser: wir wollen es in unserer konsumistisch-egozentrischen Kurzsichtigkeit nicht erkennen, dass sich unsere Erde rasend schnell verändert. Und zwar zum Schlechteren.

Vor Kurzem war ich in einer echten Gletscherregion in den Alpen, im Val Ferret bei Courmayeur im Aostatal, an den Hängen des Mont Blanc. Ich war der Einladung von Freunden aus dem Aostatal gefolgt, bei dem von Cesare und Federica Bieller organisierten, wunderbaren Kultur-Festival „Festival delle Nuove Vie“ zu sprechen. Und saß irgendwann zusammen mit einem Freund, dem Meteorologen Luca Mercalli, in einer gemütlichen Almhütte. Während wir auf den Bergbach guckten, sagte Mercalli: „Sieh dir dieses Wasser an, Michil. Es ist hundert Jahre alt. Das Abschmelzen der Gletscher lässt sich nicht mehr aufhalten, jedenfalls nicht für die nächsten Jahrhunderte. Diese Gletscher hier haben nicht nur die Natur dieses Tals beeinflusst und beeinflussen es immer noch, sondern auch die der Menschen. Und davon wird in 50 Jahren noch ein weißer Fleck oben am Gipfel übrig sein. Mehr nicht.“ Ich musste an unsere Königin der Dolomiten denken, die Marmolada. Schon jetzt macht es mich unendlich traurig, sie leiden zu sehen.

Was unser Leben prägt, ist das permanente Eingetauchtsein in unsere kleineren und größeren Probleme. Probleme, die auf einmal winzig klein erscheinen, wenn wir sie von den Gipfeln unserer Berge aus betrachten. Denn trotz allem sind wir winzig klein auf diesem wunderschönen blauen Planeten. Fühlen tun wir uns allerdings wie Giganten. Wir glauben, die Natur nach unserem Gusto richten zu können. Glauben, dass wir eines Tages viele Planeten zu unserer Verfügung haben könnten, statt uns um unseren einen liebevoll zu kümmern. Und haben gleichzeitig schreckliche Angst vor Unsresgleichen, die in unser Land kommen. Das allerdings macht uns wirklich winzig. Die Angst lässt uns vergessen, dass wir an die Natur gebunden sind, in der wir leben. Und zwar äußerst fest. Eine Bombe, die irgendwo im Süden des Planeten explodiert, trifft auch uns. Ein gefällter Urwaldriese irgendwo auf Borneo macht auch unsere Luft heißer, trockener. Das wissen wir genau, trotzdem zerstören, durchbohren, bombardieren, töten, fällen, verletzen, vergewaltigen wir unsere arme Erde weiter. Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist schädlich für uns Lebewesen. Doch obwohl der Klimawandel bereits Katastrophen produziert, denken wir nicht genügend über neue Lebensformen und Entwicklungsmodelle nach. Die Politiker wollen das nicht, und wir Sterblichen auch nicht.

Ob unsere Erde noch zu retten ist, weiß ich auch nicht. Doch die Fähigkeit des Menschen, sich den Widrigkeiten des Lebens zu stellen und positiv, wenn nicht sogar gestärkt daraus hervorzugehen, lässt mich wenigstens halbwegs optimistisch in die Zukunft blicken. Nicht immer denke ich positiv, aber ich versuche jeden Schritt mit Optimismus zu gehen. Denn ich weiß, dass wir nur dann überleben können, wenn wir weiterhin kommunizieren, nachdenken und verantwortungsvoll handeln. Überleben ist mehr als schlichtes „Über-Existieren“. Und sollten wir doch umkommen? Wir sind nicht die einzigen unserer Art im Universum. Die anderen werden unsere Geschichte erforschen und aus unseren Fehlern lernen. Vielleicht sind wir wenigstens dazu nütze. Aus Schaden werden andere klug.

 

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Klemens Kössler Sa., 24.09.2016 - 18:42

Der Klimawandel wird von den allermeisten immer noch ignoriert und mit Kraft nicht wahrgenommen, zu gern konzentriert man sich auf morgen und vergisst dass Übermorgen vieles zu spät ist.
Das sperren der Dolomitenpässe für kurze Zeit ist ein Anfang, mit mehr Mut kann diese Aktion zu einem großen Beispiel werden wenn die Motorradfahrer auch die Gelegenheit bekommen still und leise ohne "Sound" mit elektrischen Motorrädern weiter zu fahren (BMW und KTM hat sehr tolle E-Modelle) dann kann dies eben auch für einen Biker ein tolles und interessantes Erlebnis werden.

Sa., 24.09.2016 - 18:42 Permalink