Gesellschaft | Impfpflicht

Der nächste Anlauf

Wie kann man die Südtiroler vom Impfen überzeugen? Ein schwieriges Unterfangen, zeigt der jüngste Anlauf des Sanitätsbetriebs.

Andreas Pöder scharrt bereits in den Startlöchern. Er will die Debatte zum Omnibusgesetz für ein Anliegen nutzen, dass in Südtirol regelmäßig für Diskussionen sorgt: die Pflicht zu impfen. „Nein zur 50.000 Euro teuren Impfkampagne des Landes“,  ist ein Tagesordnungsantrag zum Landesgesetzentwurf 96/2016 übertitelt, den der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion in der kommenden Woche einbringen will. Hintergrund ist ein weiterer Anlauf des Sanitätsbetriebs im Land, die niedere Südtiroler Impfrate anzuheben. Gerade einmal 68 % der Südtiroler Kinder werden heute in Südtirol noch gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft. Das sind rund 20 Prozent weniger als im restlichen Italien, aber auch in Deutschland geimpft sind, Deshalb soll nun mit einer breiten Kampagne des Sanitätsbetriebes Bewusstseinsarbeit betrieben werden. Und zwar gewissermaßen geheim, wie die Südtiroler Tageszeitung am Mittwoch berichtet. Demnach wird das Ziel der Kampagne erst im Nachhinein  enthüllt; davor sollen die Botschaften in Zeitungsanzeigen, auf Informationskärtchen, über Online-Werbung oder Kino-Spots vor allem zum Diskutieren anregen, wie Kampagnen-Verantwortliche Martina Born vom Dienst für Hygiene im Gesundheitsbezirk Meran der Zeitung verriet.

Damit ist wohl nicht nur der Überraschungseffekt der Kampagne vorweggenommen. Wie Pöders Antrag zeigt, scheint auch die Strategie auf „versteckten Werbung“ zu setzten, um den Widerstand der Impfgegner zu vermeiden, nicht aufzugehen. Wie schon bei vergangenen Bemühungen – dem  Bonus für Hausärzte, mögliche Strafen für Mediziner, die vom Impfen abraten, kein Schulbesuch für Kinder, die nicht geimpft sind – geht die Debatte über die Notwendigkeit solcher Maßnahmen sofort wieder los.

"Geldspritze für Pharmalobby"

„Die Durchimpfungsrate in Südtirol ist hoch genug, die Infektionsgefahr ist durch die hohe Durchimpfungsrate kaum mehr existent“, eröffnet sie Pöder in seinem Antrag. Laut seiner Einschätzung würden die knapp 50.000 Euro, die für die Kampagne veranschlagt wurden, vor allem eine Geldspritze für die Pharmalobby darstellen. Für die Prämien für Basisärzte hätte die Landesverwaltung bereits 290.000 Euro bereitgestellt. Nachdem es die Prämien in Zukunft nicht mehr geben würde, soll nun erneut auf einer anderen Schiene für Impfungen geworben werden, kritisiert der Landtagsabgeordnete. „Dabei sollen natürlich die Risiken und Schäden und auch die Zweifel an bestimmten Impfungen ausgeblendet werden“, meint Andreas Pöder und erinnert daran, dass in Südtirol vor einigen Jahren ein teurer 6-fach-Impfstoff an tausenden von Kindern eingesetzt worden sei, der sich dann im Nachhinein als wirkungslos erwiesen habe.

Deshalb will Pöder im Landtag in der kommenden Woche dafür plädieren, die Landesregierung dazu zu verpflichten, die geplante Impfkampagne nicht umzusetzen. Sollte dies nicht gelingen, hat Pöder einen Alternativvorschlag im Ärmel:  „Den Impfgegnern soll ein Betrag in derselben Höhe der Kosten der Pro-Kampagne bereitzustellen, um ihre Bedenken hinsichtlich der Impfungen der Öffentlichkeit zu erläutern.“

Nicht zuletzt das Abstimmungsverhalten der Vergangenheit zeigt jedoch wie hoch die Chancen auf öffentlich finanzierte Anti-Impf-Kampagnen sind. Bereits im Vorjahr wurde im Landtag der Antrag von Elena Artioli versenkt, die Geldstrafen für Eltern zu streichen, die sich weigern, ihre Kinder gegen Kinderlähmung, Difterie, Tetanus und Hepatitis B zu impfen - mit 5 Ja, 21 Nein und 4 Enthaltungen.  

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Mensch Ärgerdi… Mi., 28.09.2016 - 16:32

Muss Pöder jetzt schon auf Karren von Verschwörungstheoretiker und sonstige verrückte aufsteigen um wahrgenommen zu werden? Impfungen RETTEN Leben! Nur weil sie es vorbeugend tun und nicht erst wenn die Lage kritisch geworden ist, schmälert das doch nicht im geringsten ihre Wichtigkeit. Was ist daran so schwer zu verstehen?

Mi., 28.09.2016 - 16:32 Permalink