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Sommerschlussverkauf

Am Landesgericht Bozen werden Immobilien der Sparkassentochter Raetia SRG im Wert von über 130 Millionen Euro zwangsversteigert. Die Abwicklung eines Millionenverlustes.
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Foto: salto

Wenn Sie Kleingeld haben, dann fahren Sie am Donnerstag, den 29. September 2016 nach Rom. Dort werden um 12 Uhr Mittags im Studio Notaio Basile Federico in der Viale Liegi 1 Immobilien im Wert von über 90 Millionen Euro versteigert.
Schaffen Sie es aber nicht so schnell das nötige Geld aufzutreiben, so bietet sich eine zweite Gelegenheit. Zwischen dem 12. und dem 26. Oktober stehen bei Notaren in Brescia und Ravenna weitere Immobilien im Gesamtwert von über 45 Millionen Euro zur Versteigerung an.
Trotz der Versteigerungsorte handelt sich bei diesen Auktionen um eine Zwangsversteigerung des Landesgerichts Bozen. Denn der Besitzer dieser Immobilien hat mehr mit Südtirol zu tun, als vielen lieb ist. Die versteigerten Immobilien stammen aus zwei Immobilienfonds der Sparkassentochter „Reatia SRG Spa“.
Die Fondsverwaltungsgesellschaft der Sparkasse befindet sich seit Jahren mit einem zweistelligen Millionenverlust in Liquidation. Auch die drei Fonds der Raetia sind mitten in der Zwangsliquidation. Demnach sind die Versteigerungen dieser Immobilien im Wert über 130 Millionen Euro nichts anderes als die Abwicklung der Fonds und indirekt der Sparkassentochter.
Die große Frage aber wird sein, ob überhaupt ein Käufer zu finden ist, oder ob diese Versteigerungen – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – leer ausgehen.

Die Vorgeschichte

Gerhard Brandstätter klang euphorisch. „Wir sind dabei den Fall Raetia abzuschließen“, erklärte der Sparkassenpräsident auf der letzten Gesellschafterversammlung im Juli 2016. Es ist für die Sparkasse ein teurer Abschluss.
Im Herbst 2005 gründete die Sparkasse mit privaten Partnern eine Fondsverwaltungsgesellschaft, die „Raetia SRG SPA“. Wenig später legte die Raetia drei geschlossene Immobilienfonds auf: Den „Diaphora 1 und 3“ sowie den „Katikia 1“. Das geplante Geschäft wurde zum Millionenflop. Nachdem die Sparkasse um viele Geld die Anteile der privaten Partner erworben hatte, verfügte die Banca d´Italia Ende 2011 wegen grober Unregelmäßigkeiten die Liquidation der Fondsverwaltungsgesellschaft sowie aller von ihr verwalteten Fonds. Aus der freiwilligen Liquidation wurde am Ende ein gerichtliche Liquidation vor dem Landesgericht Bozen.
Dazu kamen für die Sparkasse arge rechtliche und finanzielle Probleme. Die Agentur der Einnahmen Trient verlangte 42 Millionen Euro an Mehrwertsteuer von der Raetia und damit von der Sparkasse zurück. „Wir konnten diesen Fall mit einer ausgezeichneten Einigung abschließen“, verkündete Gerhard Brandstätter im Juli auf der Gesellschafterversammlung. Am Ende musste die Sparkasse rund 18 Millionen Euro hinblättern.
Zudem hatten die Quotenbesitzer der drei Fonds gegen die Raetia bzw. die Sparkasse geklagt. Der Vorwurf: Mala gestio. Der Großteil dieser Klagen ist vor Gericht abgeschmettert worden. Es ging dabei um Forderung von über 100 Millionen Euro. Aus dieser Entwicklung resultiert auch die Zufriedenheit der aktuellen Sparkassenführung.
Jetzt aber müssen noch die Immobilien der Fonds abgewickelt werden, die zum Großteil als Sicherheiten für Kredite stehen, die die Sparkasse vergeben hat.

Park der Schande

Die Zwangsversteigerung, die am Donnerstag in Rom stattfindet, betrifft das Herzstück des Fonds „Diaphora 1“. Es geht dabei um ein Projekt, das in den nationalen Medien den Namen „Il parco della vergogna“ erhalten hat.

Halbfertige Bauten in Pomezia: Versteigerung um 90 Millionen Euro.

Der Bauunternehmer Raffaele di Mario hatte in Pomezia südlich von Rom unter dem wohlklingenden Namen Parco della Minerva auf einem 131.886 Quadratmeter großen Grundstück den Bau von 1.200 Wohnungen und eines Einkaufszentrums geplant. Rund 300 Wohnungen wurden bereits in der Planungsphase verkauft. Bis heute haben die meisten dieser Käufer aber weder ihre Wohnung bezogen noch ihr Geld zurückbekommen. Di Mario wurde später wegen betrügerischen Konkurses verhaftet und sein gesamtes Imperium platzte wie eine Seifenblase. Der Skandal um den Parco della Minerva ging in den vergangenen Jahren durch fast alle nationalen Medien.
Am Donnerstag Mittag wird in Rom das Projekt des Parco della Minerva gestückelt in vier Losen zwangsversteigert. Interessenten können wählen zwischen Grundstücken mit Baugenehmigung oder solchen, wo bereits fertige Wohntürme in der Pampa stehen. Die Ausrufpreise betragen stolze 46.235.000 Euro, 25.868.000 Euro, 9.684.000 Euro und 9.300.000 Euro. Insider gehen davon aus, dass man zu diesen Summen kaum Käufer finden wird.

Einkaufszentrum und Wohnungen

Eine weitere Immobilie aus dem Fond Diaphora 1 soll am 26. Oktober 2016 in einem Notariat in Ravenna versteigert werden. Es handelt sich um ein 150.000 Quadratmeter großen Einkaufs- und Dienstleistungszentrum in Ozzano bei Bologna. Der Ausrufpreis: 17, 55 Millionen Euro.

Wohnkomplex am Gardasee: Ausrufpreis rund 6,5 Millionen Euro.

Die Versteigerung des Immobilienbesitz des Raetia-Fonds „Diaphora 3“ hat hingegen bereits begonnen. Hier stehen Wohnungen in Mazzano und Calcinato bei Brescia, aber auch ein Einkaufszentrum und ein Wohnkomplex in Tuscolano Maderno und in Polpenazze am Gardasee zur Versteigerung.
Dass diese Veräußerungen alles andere als ein Kinderspiel sind, musste man erst vor wenigen Wochen erfahren. Die Versteigerung des Wohnkomplexes in Polpenazze am 12. Juli um 6,5 Millionen Euro ging leer aus. Ein neuer Termin wurde noch nicht festgelegt.
Wahrscheinlich muss der Sommerschlussverkauf als Winterschlussverkauf noch einmal wiederholt werden.

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Stefan Wedra Mi., 28.09.2016 - 21:13

So lange Objekte überwertet bei Versteigerungen ausgerufen werden, stehen sie wohl so in der Bilanz. Würden sie gleich zu einem marktgerechtem Preis ausgerufen werden - das wäre ein Preis, bei dem sich Käufer finden ließen - müssten sie noch weiter abgewertet werden und das Ausmaß der Pleite wäre noch katastrophaler. Das Herauszögern von Versteigerungen durch Überbewertung der Objekte ist sinnvoll, werden so die Bilanzen künstlich hochgehalten und Wertberichtigungen können verschoben werden.

Mi., 28.09.2016 - 21:13 Permalink