Gesellschaft | Im Paradies

Das Land der Feingeister

In meiner verqueren Haltung habe ich nur Probleme gesehen. Und übersehen, dass wir längst im Paradies leben, im gottgesegneten Alpenlantl mit der Schönwettergarantie.
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Foto: Salto.bz

In großen deutschen Zeitungen und an Plakatwänden sucht Südtirol neuerdings nach Feingeistern, die aus Deutschland flüchten wollen, um hier ein besseres Leben zu finden und Reichtum, Demokratie und Lebensqualität aufzubauen, im gottgesegneten Alpenlantl mit der Schönwettergarantie.

Finde ich gut, wir brauchen das dringend, und die Musikkapellen und Schützenkompanien stehen schon bereit, um die PionierInnen zu empfangen, die sich zu diesem wichtigen zivilisatorischen Akt entschließen werden.

Im Zeitalter des Internet müssen sich die potenziellen Zivilisationskatalysatoren auch nicht auf irgendwelche Geschichtchen aus dem Wunderland verlassen, um die Aufbruchsentscheidung zu treffen, sie werden nicht nur ins Land geladen, sondern auch auf eine schöne Internetseite.

Dort werden Südtirols Feingeister abgebildet. Alexander Agethle und andere verdienstvolle Pioniere, die auf gesunde und nachhaltige Weise hochwertige Lebensmittel herstellen, von einem Spitzenkoch liebevoll ermuntert.
Das sind also wir. Auf solche edlen Menschen – die, um ganz klar zu sein, meinen vollsten Respekt genießen und von denen ich stets dachte, dass sie viel zu wenige seien – dürfen sich die Flüchtlinge aus Deutschland freuen.
 

Unser neues Selbstverständnis freut mich über alle Maßen. Ich habe da in meiner verquerkritischen Haltung überall Probleme gesehen: Verwüstete Gräber in Mals, Pestizidfontänen, abgeschnittene Apfelbaumzwergelen, weil sie einen anderen Spritzzyklus haben als die Nachbar-Apfelkrüppel, Politiker, die sich gegen die Bürger stellen, weil sie basisdemokratische Entscheidungen treffen und keine Pestizide im Ort haben wollen, Genossenschaftsfunktionäre, die die Krätze bekommen, wenn das Wort Bio fällt – alles schlechte Träume, die nur der kranken Phantasie ewiggestriger Gutmenschen entspringen können.

Und dabei sind wir längst schon im Paradies. Im Land der Agethles, wo Bio-Milch, Bio-Honig und Bio-Euros fließen.

Das ist wohl mein letzter Beitrag als kritischer Zeitgenosse. Jetzt, wo alle unsere Träume wahr geworden sind…

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Hartmuth Staffler Mi., 19.10.2016 - 21:59

Im Lied heißt es "... isch a schians, isch a feins, und des Landl isch meins". Wenn Markus vom Alpenlantl schreibt, was meint er damit eigentlich? Unser Landl kann es nicht sein.

Mi., 19.10.2016 - 21:59 Permalink