„Ein absoluter Tiefpunkt“
Salto.bz: Herr Riedl, sind die Vorgänge rund um die Genehmigung des Parkplatzes am Pragser Wildsee ein Skandal?
Andreas Riedl: Ja, auf jeden Fall. Wobei man hier zwei Ebenen unterscheiden muss. Zum einen die formalen Vorgänge beim Bau des Parkplatzes und die nachträgliche Sanierung in der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentüwicklung. Und zum anderen die inhaltliche, thematische Ebene.
Kommen wir zu letzteren Ebene: Kann der Dachverband den Bau des Parkplatzes nachvollziehen?
Nein. Man geht her und bewirbt mit der Südtiroler Filmförderung ein Gebiet, das touristisch bereits unter Druck steht. Danach legt man ein Verkehrskonzept vor, das mehr oder weniger ausschließlich aus dem Bau eines Parkplatzes besteht. Man fordert damit die Menschen auf, direkt an den See zu fahren. Was ich dabei als besonders problematisch sehe, ist die Tatsache, dass die Parkplatzbewirtschaftung einem privaten Hotelier überlassen wird. Das ist für mich inhaltlich eine äußerst fragwürdige Vorgangsweise.
Was wäre für Sie ein gangbarer Weg?
Ich denke es sollte ein öffentliches Interesse da sein. Warum macht man nicht talauswärts einen öffentlichen Parkplatz, der von der öffentlichen Hand betrieben wird und wenn nötig einen Shuttle-Dienst an den See? Wir wären für die Schließung der Straße. Derzeit aber wirbt der Hotelier damit, dass man sich den Fußweg ersparen kann. Das aber kann doch nicht im Sinne der Landschaft und des Umweltschutzes sein, in einem sensiblen Gebiet, das unter Schutz steht.
Werbung für den neuen Parkplatz: „Das kann es doch nicht sein“.
Sie sprachen von der zweiten Ebene: den Genehmigungsweg?
Das ist der eigentliche Skandal. Wenn der private Unternehmer das will, aber auch die Politik, sowohl die lokale wie auch die Politik auf Landesebene dafür ist, im traditionellen Verwaltungsweg aber herauskommt, dass das Projekt nicht umsetzbar ist, dann ist das Anliegen normalerweise gestorben. Hier aber hat man das Ganze in einer skandalösen Art und Weise zurechtgebogen. Es ist ein Vorgang, der ein sehr schlechtes Licht auf die derzeitige Praxis und die beteiligten Personen wirft. Vor allem aber hat man damit einen sehr problematischen Präzedenzfall geschaffen. Denn jeder andere kann sich jetzt sagen: Auch wenn die zuständige Verwaltung Nein sagt, verwirkliche ich mein Projekt trotzdem und mit den richtigen politischen Kontakten wird das Ganze dann schon irgendwie nachträglich saniert werden. Das kann es doch nicht sein, dass man Dinge im Nachhinein so generalstabsmäßig saniert.
„Es ist ein Vorgang, der ein sehr schlechtes Licht auf die derzeitige Praxis und die beteiligten Personen wirft. Vor allem aber hat man damit einen sehr problematischen Präzedenzfall geschaffen.“
Sie gehen davon aus, dass die Genehmigung direkt von der Landesregierung und dem Landeshauptmann gefordert worden ist?
Ich glaube nicht, dass die Pragser Lokalpolitik im Stande ist, einen solchen politischen Druck aufzubauen. Hier kam der Druck von ganz oben. Der Pragser Bürgermeister hat selbst in den Medien erklärt, dass dieses Projekt von ganz oben gewollt ist. Den Herrgott wird er dabei wohl kaum gemeint haben. In diesem Sinne ist es enttäuschend, weil ja diese Landesregierung mit dem Versprechen der großen Erneuerung angetreten ist.
Sie sind Ersatzmitglied in der zuständigen Kommission. In dieser Funktion verweisen Sie auf einige Merkwürdigkeiten bei der Behandlung dieses Projektes?
Es gibt hier gleich mehrere Punkte. Aus verfahrenstechnischen Gründen ist es manchmal nötig, Zusatzpunkte im allerletzten Moment auf die Tagesordnung zu tun. Es gibt verschiedene Gesuche, die, wenn sie nicht innerhalb eines gewissen Zeitraumes behandelt werden, als genehmigt gelten. Deshalb passiert es immer wieder, dass Zusatzpunkte im Nachhinein kommen. Das ist auch durchaus sinnvoll. So war es auch auf der Sitzung am vergangenen Donnerstag. Noch am Montag, den 1. August, habe ich einen Zusatztagesordnungspunkt per E-Mail erhalten. Doch der Zusatzpunkt zum Pragser Wildsee wurde mir bis heute nicht mitgeteilt.
Sie sehen darin System?
Ich frage mich, warum schickt man mir am Montag eine Mail, am Dienstag oder Mittwoch aber nicht? Es ist das erste Mal, dass mir so etwas passiert. Vor allem aber gibt es einen fixen Verteiler, das heißt, dass alle Mitglieder die Änderungen bekommen. Deshalb muss jemand entschieden haben, dass dieser Zusatzpunkt mir und dem Dachverband nicht zugeschickt wird.
Auffallend ist auch, dass bei der Kommissionssitzung am Donnerstag – entgegen der Praxis – plötzlich auch ein Vertreter des zentralen Rechtsamtes anwesend war.
Der Vorsitzende der Kommission ist sehr pingelig hinsichtlich Personen, die während der Sitzung anwesend sein dürfen. Das ist sein gutes Recht. Normalerweise bittet er Außenstehende freundlich aber bestimmt hinaus. Die Zusammensetzung der Kommission ist durch ein Landesgesetz genau geregelt. Dabei kann der Präsident natürlich auch einen rechtlichen Berater hinzuziehen. Das ist durchaus im Sinne der Kommission. Aber bisher war das immer das Rechtsamt der Abteilung Natur, Umwelt und Raumplanung. Dort gibt es genug fähige und kompetente Juristen und Juristinnen, die in der Materie perfekt eingearbeitet sind. Es ist kaum verständlich, dass man ausgerechnet bei einem solch heiklen Fall auf einen abteilungsfremden Juristen zurückgreift. Etwas, was es nach meinem Wissen, vorher noch nie gegeben hat.
„Hier kam der Druck von ganz oben. Der Pragser Bürgermeister hat selbst in den Medien erklärt, dass dieses Projekt von ganz oben gewollt ist. Den Herrgott wird er dabei wohl kaum gemeint haben.“
Eine weitere Merkwürdigkeit ist die Tatsache, dass niemand die Kommissionsmitglieder darüber informiert hat, dass die Bozner Staatsanwaltschaft in dem Fall bereits ermittelt?
Ich denke, dass die Beschlagnahme der Akten zum Parkplatz Prags durch die Staatsanwaltschaft für jedes Kommissionsmitglied eine absolut notwendige Information ist. Es wäre die Pflicht des Vorsitzenden gewesen, die Kommission vor der Abstimmung darüber in Kenntnis zu setzen. Das ist meiner Information nach aber nicht geschehen.
Bei der Abstimmung stimmte auch Bürgermeister Friedrich Mittermair mit. Obwohl ein Verwaltungsverfahren und Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft auch gegen die Gemeinde laufen. Befangenheit und Interessenkonflikt gibt es anscheinend nicht?
Wir mahnen das schon lange in allen Kommissionen an. Wenn man schon Fachkommissionen will, dann sollte man politische Exponenten draußen lassen. In diesem Fall ist es noch problematischer, weil in strafrechtlicher Hinsicht die Ermittlungen laufen, und der Bürgermeister mit seiner Stimme ausschlaggebend war, damit die Sanierung durchgeht. Hier tritt der Fall ein, dass der Bürgermeister sozusagen seinen eigenen Gesetzesverstoß sanieren kann. Für mich ist diese Entscheidung mit ihren ganzen Merkwürdigkeiten der absolute Tiefpunkt dieser Kommission. Viel unseriöser kann es nicht mehr zugehen.
„Für mich ist diese Entscheidung mit ihren ganzen Merkwürdigkeiten der absolute Tiefpunkt dieser Kommission. Viel unseriöser kann es nicht mehr zugehen.“
Eine harte Kritik?
Es ist beschämend für die Raumplanung, dass man einer Kommission, die sich Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung nennt, überhaupt Projekte in einer derartigen Form vorlegt. Damit man widerrechtliche Dinge im Nachhinein sanieren kann.
Wird der Dachverband einen Rekurs machen?
Wir werden die Akten genau analysieren. Zudem werden wir eine Anhörung bei der Staatsanwaltschaft beantragen und dort unsere Zweifel noch einmal deponieren. Meines Wissens laufen die Ermittlungen und aus der Verwaltung selbst hört man, dass es diesmal wirklich ernst werden könnte.
Am 18.03.2015 schrieb ich
Am 18.03.2015 schrieb ich Andreas Riedl: „Zum Thema Revitalisierung von Fließgewässern habe ich leider Beobachtungen machen müssen, welche dem Ziel des Arten und Lebensraumschutzes diametral entgegenstehen. ...Was soll man da bloß machen?“ Antwort bekam ich keine.