Politik | Reaktionen

“Über das Ziel hinaus geschossen”

Rückenwind und eine Rüge vom Landeshauptmann haben sich die Südtiroler Jungärzte mit ihrem offenen Brief und der Kritik am Gesundheitssystem eingehandelt.
Arno Kompatscher
Foto: Salto.bz

Der offene Brief des Südtiroler Ärztenachwuchses in Österreich hat diesseits des Brenners ein breites Echo hervorgerufen. Opposition und Mehrheit, Studentenvertreter und pensionierte Primare zeigen jedoch nicht nur Verständnis. Und der Landeshauptmann mahnt die jungen Leute ab.

Opposition springt auf

Wie berichtet, haben 159 angehende und bereits praktizierende Südtiroler Jungärzte in Österreich ihrem Frust Luft gemacht. Und in einem Schreiben  ausführlich erklärt, aus welchen Gründen sie – auch wenn viele gerne wollten – nach ihrer Ausbildung wohl kaum nach Südtirol zurückkehren werden. “Die Politik muss uns zeigen, dass sie uns haben will und Optionen schaffen, damit wir wieder zurückkommen können”, bringt es Elisa Reiterer, die Erstunterzeichnerin des offenen Briefes im salto.bz-Interview auf den Punkt.

Teile der Politik scheinen die Anliegen und Sorgen der Jungärzte durchaus ernst zu nehmen, wie mehrere Stellungnahmen beweisen. Nichts ahnend von dem offenen Brief, hat die Süd-Tiroler Freiheit für Dienstag Vormittag eine Pressekonferenz einberufen, zur Präsentation eines Begehrensantrags, mit dem “die Sicherstellung der Facharztausbildung an den Südtiroler Spitälern sowie die automatische Anerkennung österreichischer Studientitel in Südtirol” gefordert wird. Dass viele Jungakademiker nach ihrem Studium in Österreich nicht nach Südtirol zurückkehren – wegen der fehlenden Möglichkeit, hier die Facharztausbildung zu absolvieren, die Fragezeichen bei der Studientitelanerkennung, bürokratischer Hürden und mangelnder finanzieller Anreize –, bedeute, dass dem Land “ein akuter Ärtzemangel” bevorstehe, zeigen sich Knoll & Co. besorgt. Vor dieser bedenklichen Entwicklung habe die Bürgerunion bereits vor Jahren gewarnt, will der Landtagsabgeordnete Andreas Pöder in einer Aussendung erinnern: “Die Perspektivlosigkeit für Südtiroler Jungärztinnen und Ärzte haben wir im Landtag des Öfteren thematisiert, die Landesregierung hat zumeist erfolgreich weggehört.”

Rüffel vom Landeshauptmann

Dass sich zumindest der Landeshauptmann vor der Diskussion nicht drückt, beweist er am Dienstag Mittag. Nach der Sitzung der Landesregierung fordert er die Medienvertreter geradezu auf, ihn nach seiner Meinung zum offenen Brief der Jungärzte zu fragen. “Konstruktive Kritik ist immer willkommen”, schickt Arno Kompatscher voraus, zeigt sich jedoch verärgert sowohl über die Wortwahl in dem offenen Brief (“Da dürften sehr viele Emotionen mit im Spiel gewesen sein”) als auch darüber, dass mit dem Schreiben “sehr viel Hören-Sagen und leider zum Teil nicht korrekte Informationen” verbreitet worden seien. “Natürlich gibt es immer Luft nach oben und wir machen uns sehr wohl Gedanken darüber, wie wir den Sanitätsbetrieb attraktiver machen könnten”, betont der Landeshauptmann. Allerdings entspreche es unter anderem nicht den Tatsachen, dass an Südtirols Krankenhäusern keine Facharztausbildung möglich sei. “Jene für die in Italien Studierenden findet sowohl in Bozen als auch in Meran, Brixen und Bruneck statt. Auch Teile der österreichischen Facharztausbildung konnten bis 2013 problemlos in Südtirol absolviert werden.” Dann allerdings habe Rom Zweifel an dieser Form der Ausbildung – die österreichische Spezialisierung ist um einiges praxisbezogener als jene in Italien – angemeldet. “Und nicht am Niveau des Gesundheitssystems, wie es in dem Brief behauptet wird”, stellt Kompatscher klar. “Im Übrigen finde ich es etwas anmaßend, dass sich Studierende ein Urteil über das Ausbildungsniveau unserer Primare erlauben. Hier wurde wohl über das Ziel hinausgeschossen.”

“Wir brauchen euch”

Abgesehen von der Rüge des Landeshauptmannes erhalten die angehenden Mediziner weiter Zuspruch. “Die Südtiroler HochschülerInnenschaft unterstützt die zentralen Forderungen der Jung-MedizinerInnen”, heißt es in einer Stellungnahme der sh.asus am Dienstag Vormittag. Nicht aufgeben, das rät Heinrich Tischler den Südtiroler Medizinstudierenden im Ausland. In einem Kommentar auf salto.bz wendet sich der ehemalige Reha-Primar und Grüne Gemeinderat in Meran direkt an den Nachwuchs. Er glaube zwar nicht, dass sich so bald etwas an ihrer Situation ändern werde, so Tischler, aber: “Liebe Jungärzte, bleibt aber trotzdem dran am Problem, denn wir brauchen euch, vielleicht sogar als eure zukünftigen Patienten, ich bin da auch etwas egoistisch und denke eigennützig, ich bin nämlich ein älterer pensionierter Arzt.”

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Andrea Terrigno Mi., 18.01.2017 - 10:17

Hallo Arnie, Schaelie und Stockie,
ich erlaube mir zu denken, dass hier nicht über das Ziel hinausgeschossen wurde, sondern vorsätzlich etwas stärker gepfeffert wurde, damit sich dies oder jenes Popochen eine "mossa" gibt, auf gut Deutsch: aktiviert.
Wenn man immer nur brav daherplappert, wenn man dazu Erlaubnis bekommt, bewegt sich rein gar nix, und die Zeit verrint...
Mahlzeit!

Mi., 18.01.2017 - 10:17 Permalink