“Übertrieben und realitätsfern”
Sind Verbote das richtige Mittel, um gesellschaftlichen Problemen Herr zu werden? In Bozen bahnt sich in dieser Frage ein Generationenkonflikt innerhalb der Regierungskoalition an – und das nicht zum ersten Mal.
Nach dem im vergangenen Sommer von Teilen der SVP geforderten Ausschankverbot nach 23 Uhr am Bozner Obstmarkt, geht es dieses Mal um ein Trinkverbot in Parks, an dem sich die Geister scheiden. Geht es nach Bürgermeister Renzo Caramaschi, könnte in der Landeshauptstadt schon bald eine Regelung eingeführt werden, die den Konsum von Alkohol in Parks verbietet. Der Vorschlag war vom Mitte-Rechts-Bündnis Uniti per Bolzano gekommen und gestern (24. Jänner) in der zuständigen Kommission diskutiert worden. “Die Kommissionsmitglieder waren alle dafür, daher werde ich jetzt einen Vorschlag aufsetzen und dem Gemeinderat zur Abstimmung vorlegen”, wird Caramaschi in der Mittwoch-Ausgabe der Tageszeitung Alto Adige zitiert. “Ein ähnliches Verbot gibt es bereits in anderen Städten und es ist an der Zeit, es auch in Bozen einzuführen. Denn gewisse Situationen sind nicht mehr tolerierbar.”
Aus den Augen, aus dem Sinn?
Mit “gewisse Situationen” meint der Bürgermeister die sich laut ihm häufenden Fälle, in denen die Reinigungskräfte der Müllabfuhr in Bozen leere Glasflaschen von öffentlichem Grün entfernen müssen. Die nach abendlichen oder nächtlichen Trinkgelagen – insbesondere von Jugendlichen, so die Hypothese – zurückgelassen werden. Ein klares “NEIN zu Prohibitionismus und Verbotsgesellschaft” kommt vom Grünen Gemeinderat und Koalitionspartner von Caramaschi, Tobe Planer, der am Mittwoch Vormittag eine Stellungnahme auf Facebook veröffentlicht. “Ein Alkoholverbot in Parks, um übermäßigen Alkoholkonsum einzudämmen, ist kontraproduktiv und sinnlos und geht an der Realität vorbei”, schreibt Planer, der selbst seit Jahren in der Jugendarbeit tätig ist. In dieselbe Kerbe schlägt Sebastian Seehauser, Fraktionssprecher der SVP und jüngstes Mitglied des Bozner Gemeinderats. “Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass eine Bevormundungskultur nicht immer zielführend ist”, sagt er auf Nachfrage von salto.bz. Und weiter: “Übertriebene Verbote der öffentlichen Hand bewirken oft das Gegenteil und treiben in diesem Fall Jugendliche und ihr soziales Leben in den Untergrund.” “Das Problem wird sich wieder mal verlagern und noch mehr in die Abgeschiedenheit der eigenen vier Wände, in Partykeller oder an den Stadtrand verdrängt”, warnt auch Planer.
“So ein Verbot verhindert eine Bildung von Verantwortungsbewusstsein.”
(Tobe Planer)
Geht es nicht anders?
Den vermehrten Müll als weiteren Rechtfertigungsgrund für das Alkoholverbot in Parks lassen weder der Grüne noch der SVPler gelten. “Um dem Flaschenmüll Herr zu werden, bräuchte es natürlich mehr an vielzitiertem Hausverstand, eventuell mehr Müllkübel und auf alle Fälle endlich ein vernünftiges Pfandsystem à la Deutschland oder Österreich”, meint Planer dazu. “Müll wird nicht nur durch liegen gelassene Flaschen produziert”, erinnert Seehauser. Er ist sich mit seinem Grünen Gemeinderatskollegen einig: Es gibt sinnvollere Lösungen als – Zitat Seehauser – “öffentliche Räume zu sterilisieren um den Schein zu wahren”. Für Planer wäre etwa es “viel sinnvoller”, mehr Präventionsarbeit zu betreiben, auf Streetworker zu setzen und “endlich angemessene Freiräume und sinnvolle Angebote vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene zu bieten, als Alternative für oft aus Langweile, Frust und Leistungsdruck hervorgerufene Besäufnisse”.
“Jugendliche müssen integriert werden und brauchen Platz, um sich auszuleben.”
(Sebastian Seehauser)
Für Tobe Planer ist klar: Er wird bei der Abstimmung im Gemeinderat gegen das Trinkverbot in Parks stimmen. Und Sebastian Seehauser? “Nur weil der Bürgermeister diese Aussagen gemacht hat, ist die Sache noch nicht gegessen”, betont er. Auf jeden Fall soll der Vorstoß noch in der Mehrheit diskutiert werden. Für Zündstoff ist gesorgt. Denn inzwischen kommt auch Gegenwind aus dem regierenden PD, für den Caramaschi im Mai 2016 zum Bürgermeister gewählt wurde. Ebenfalls auf Facebook veröffentlicht Alessandro Huber am frühen Mittwoch Nachmittag folgende Zeilen:
Gegen mehr Streetworker ist
Gegen mehr Streetworker ist nichts einzuwenden, verstehe nicht wieso es zugleich sinnvoll sein soll das Saufen in öffentlichen Parks zu erlauben.
Verbieten war noch nie eine
Verbieten war noch nie eine Lösung und eine Bevormundungskultur ist in der Tat nicht sinnvoll. Das hat und die Geschichte abermals gelehrt... Das Verbot wäre meiner Meinung nach ein Eingriff in die Grundrechte der Bürger, es fehlt mal wieder an der Verhältnismäßigkeit. Wenn Glasflaschen in öffentliches Grün geworfen werden dann sollte gegen dies vorgegangen werden. Es wird so getan als wäre der Park ein Rechtsfeier Raum, die bestehenden Gesetze warten auf Anwendung.
Antwort auf Verbieten war noch nie eine von G. M.
Ist der Konsum von Alkohol in
Ist der Konsum von Alkohol in öffentlichen Park wirklich ein "Grundrecht der Bürger"? Da hab ich schon starke Zweifel. Wenn, dann ist die Strafe unverhältnismäßig die dafür vorgesehen ist, was beträgt diese überhaupt? Was aber auf jeden Fall unverhältnismäßig ist, ist der Vergleich zwischen ein Verbot heute im Stadtpark und den amerikanischen Prohibitionismus der zwanziger Jahre, denn damals war Alkohol als solcher verboten und dessen Konsum strafrechtlich verfolgt.