Es war Bruno Kreisky, der den Begriff immer wieder gebrauchte. Noch im Februar 1985 sprach der österreichische Altbundeskanzler im einem Spiegel-Gespräch von den „Pfeffersäcken in Bozen“. Kreisky hatte die Bezeichnung voller Verbitterung schon zwei Jahrzehnte früher verwendet, als die SVP jenes Autonomiepaket ablehnte, das er als österreichischer Außenminister mit seinem sozialdemokratischen Kollegen Giuseppe Saragat ausgehandelt hatte. Für Kreisky war es die Beschreibung eines opportunistischen Verhaltens, ausgerichtet ausschließlich auf den eigenen ökonomischen Vorteil, kaschiert unter dem Deckmantel des Einsatzes für die Heimat.
Der Begriff selbst ist aber weit älter. Bereits im Mittelalter bezeichnete man als „Bozner Pfeffersäcke“ jene Südtiroler Handelstreibenden, die durch den Gewürzhandel reich wurden. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde er zum Synonym für das alteingesessene Bozner Handelsbürgertum.
Dass diese Beschreibung aber auch im dritten Jahrtausend noch aktuell ist, zeigen die Ereignisse der letzten Tage.
Bereits im Mittelalter bezeichnete man als „Bozner Pfeffersäcke“ jene Südtiroler Handelstreibenden, die durch den Gewürzhandel reicht wurden. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde er zum Synonym für das alteingesessene Bozner Handelsbürgertum.
Vergangene Woche haben die 37 Gesellschafter der „Erlebnishaus GmbH“ und die „Kaufhaus Bozen GmbH“ (KHB) eine Einigung unterzeichnet. Es ist eine Art Friedensschluss.
„Es waren keine einfachen Verhandlungen, doch wir haben beschlossen, jetzt an einem Strang zu ziehen und ich habe mit Heinz Peter Hager eine Vereinbarung unterzeichnet“, erklärte der Präsident der Erlebnishaus GmbH Simone Buratti.
Der Inhalt der Vereinbarung selbst ist topsecret. Doch die Eckpfeiler des vorösterlichen Friedensschlusses sind klar: Die Erlebnishaus-Gesellschaft wird nicht weiter versuchen, das „Kaufhaus Bozen“ zu stoppen und auch keine weiteren Rekurse einreichen. Zudem sollen bereits vorliegende Rekurse zurückgezogen werden. Im Gegenzug wird sich Benkos KHB GmbH finanziell an der Entwicklung eines Konzepts für das Stadtmarketing beteiligen. Benkos Bozner Statthalter Heinz Peter Hager spricht zurückhaltend von einem „Sieg der Vernunft“.
In Wirklichkeit kommt diese Einigung aber einer kopernikanischen Wende gleich.
Im Spätsommer 2013 präsentiert der Innsbrucker Investor René Benko seine Pläne für ein großes Innenstadtkaufhaus in Bozen. Im Dezember 2013 gründen 37 Bozner Kaufleute die Erlebnishaus GmbH, die ein Konkurrenzprojekt vorlegt. Angeführt vom Gotha der Bozner Laubenkönige will man genau dort, wo Benko sein Einkaufszentrum samt Hotel und Wohnungen plant, ein kleineres und „feineres" "Erlebnishaus“ errichten. Das „Qualitätskaufhaus“ soll vor allem Südtiroler Produkte präsentieren. „Wir denken absolut gesamttirolerisch“, betont der Hauptinitiator Georg Oberrauch bei der Präsentation des Projekts. Man hege bereits seit 25 Jahren Pläne für das Areal um den Bahnhof, laufe also keinesfalls den Benko-Plänen hinterher, entgegnet der Sportler- und Oberalp-Chef auf den Vorwurf, die Erlebnishaus-Gesellschafter würden nur um ihre eigenen Pfründe fürchten.
Dabei geht es von Anfang an genau darum: Jahrzehntelang haben finanzstarke Laubenkönige die politischen und vor allem wirtschaftlichen Geschicke der Bozner Innenstadt bestimmt. Deshalb kann es nicht angehen, dass plötzlich ein 37-jähriger Innsbrucker Jungspund daherkommt und ihnen im eigenen Wohnzimmer auf die Zehen tritt.
Was nicht sein kann, darf nicht sein.
Jahrzehntelang haben die finanzstarke Laubenkönige die politischen und vor allem wirtschaftlichen Geschicke der Bozner Innenstadt bestimmt.
Weil die Herren der Altstadt aber vor allem damit beschäftigt sind, die lukrativen monatlichen Einnahmen durch die Mieten der internationalen Ketten zu zählen, dürfte ihnen entgangen sein, dass man es hier mit einem Konkurrenten aufgenommen hat, der nicht in der Landesliga spielt. Benko hat das KHB-Projekt generalstabsmäßig geplant und vorbereitet. In allen Bereichen.
Als die „Erlebnishaus“-Gesellschafter merken, dass die Weichen gestellt sind, sie selbst aber im Zug auf dem falschen Gleis sitzen, geht man zum Frontalangriff auf die Politik über. Jeder, der für Benko ist, sei gekauft worden. Bürgermeister Luigi Spagnolli, Vizebürgermeister Klaus Ladinser - selbst Landeshauptmann Arno Kompatscher bekommt sein Fett ab.
„Die Verteidigung des Benko-Projekts vonseiten des Südtiroler Landeshauptmannes Arno Kompatscher ist für die Erlebnishaus GmbH nicht nachvollziehbar. Dass der Landeshauptmann ...(...)... öffentlich Position bezieht, erweckt den Eindruck, dass der Landeshauptmann in das alte System der Freunderlwirtschaft zurückfällt“, erklärt die Oberrauch-Truppe im Juni 2015.
Gleichzeitig reichen die Erlebnishaus GmbH und nochmals getrennt drei Gesellschafter rund ein Dutzend Rekurse beim Bozner Verwaltungsgericht ein. Das Benko-Kaufhaus soll so verhindert werden.
Doch die mächtigen Laubenkönige verlieren nicht nur die informelle Volksabstimmung in Bozen. Im Jänner 2017 werden vom Verwaltungsgericht Bozen auch alle Rekurse abgewiesen. Der nächste Schritt wäre jetzt die Berufung vor dem Staatsrat gewesen. Doch dazu kommt es nicht.
Denn die „Erlebnishaus“-Gruppe hat anscheinend ein Problem. Plötzlich sitzt man auf rund 125.000 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten. Für die Laubenkönige anscheinend nicht nur Pfefferkörner.
Denn die jetzt unterzeichnete Einigung zwischen der Erlaubnishaus GmbH und der KHB hat einen Grundpfeiler. Den man ganz bewusst verschweigt.
Die Oberrauch-Seilschaft verzichtet auf weitere Rekurse. Dafür verzichtet Benkos Gruppe auf die Bezahlung ihrer Anwaltskosten. Es geht dabei um rund 60.000 Euro. Das lässt sich aus den veröffentlichen Urteilen samt Kostenangaben errechnen.
Rene Benko ist nicht bei der Caritas. Es ist auch für den Innsbrucker Investor ein guter Deal. Denn die Einigung gibt ihm und seinem Projekt Rechtssicherheit. Jetzt kann er ohne Fallstricke mit dem Bau seines Kaufhauses beginnen.
Dass der Widerstand der großen Bozner Kaufleute gegen eine angeblich himmelschreiende Ungleichbehandlung bereits bei den Anwaltskosten endet, mag in der Mentalität der Bozner Krämer liegen.
„Wenn man sich die Auflistung unserer Partner genauer anschaut, kommt man drauf, dass wir vermutlich größer sind als Benko“, tönte Georg Oberrauch noch vor zwei Jahren. Und weiter: „Die Aussage, wir haben das Geld nicht, ist eine glatte Lüge.“
Die Einigung, die man jetzt angestrebt und unterzeichnet hat, widerlegt diese Aussagen nicht, spricht aber dennoch eine andere Sprache.
Dass der Widerstand der großen Bozner Kaufleute gegen eine angeblich himmelschreiende Ungleichbehandlung bereits bei den Anwaltskosten endet, mag in der Mentalität der Bozner Krämer liegen.
Aus dem „Erlebnishaus“ wird damit schnell ein „Erlebnis aus“.
Vor allem aber zeigt dieser Schritt, wie Recht Bruno Kreisky doch hatte.