Gesellschaft | Frauenpolitik

Cornelia, Nadia und der Spargel

Kann frau sich über sexistische Spargel-Werbung aufregen und beim neuen Wahlgesetz still bleiben? Facebook-Fight zwischen Cornelia Brugger und Nadia Mazzardis.
Brugger, Cornelia/ Mazzardis, Nadia
Foto: Salto.bz

Es war ein Sonntag, der auch im Sozialen Netzwerk Facebook ganz im Zeichen der Mütter stand. Von alten Aufnahmen bis zu aktuellen Fotos – wer am Muttertag was auf sich hielt, postete ein Foto von oder mit Mama. Doch inmitten all der mit Dank und Sentimentalität geschwängerten Mütterschau lieferten sich zwei Frauen eine Grundsatzdiskussion über Frauenpolitik: Cornelia Brugger, bei den letzten Landtagswahlen noch deutsche Spitzenkandidatin des Partito Democratico (PD), dem sie im vergangenen Mai enttäuscht den Rücken kehrte,  und die aktuelle Vize-Sekretärin der italienischen Regierungspartei Nadia Mazzardis. Die hätte es sich nicht nehmen lassen , die Spargel-Werbung einer bekannten Obst- und Gemüsehandlung als sexistisch anzuprangern, schreibt Brugger in einem polemischen Post. „Schade nur, dass dieselbe Vize-Sekretärin, genauso wie die PD-Parteisekretärin, nicht die selbe beflissene Sensibilität für Frauenfragen an den Tag legt, wenn es um das neue Wahlgesetz geht, das im Landtag mit den Stimmen von SVP und PD verabschiedet wurde.“ Denn darin, kritisiert Brugger, suche man vergeblich nach einer Förderung von Frauen. Abgesehen vom verpflichtenden weiblichen Drittel auf den Listen, gäbe es aufgrund der Kopplung der weiblichen Sitze in den Landesregierung an den Frauenanteil im Landtag keinerlei Garantie für eine angemessene Präsenz von Frauen in der Landespolitik. Auf eine entschiedene Position des PD-Führungsduos gegen dieses Männer-Gesetz wird man jedoch lange warten müssen, fürchtet Brugger in ihrem Post. „Ein Kreuzzug gegen Spargel ist sicherlich leichter, gibt imagemäßig mehr und hat weniger Auswirkungen“. Denn, wie die ehemalige PD-Politikerin meint:

"Disturbare" un negozio crea, infatti, meno problemi che disturbare il conducente politico di questa terra.“

 

 

 

Ein Angriff, den Mazzardis - Muttertag hin oder her - nicht auf sich sitzen ließ. In einer ausführlichen Antwort erinnert sie Kindergärtnerin Brugger daran, dass sie in ihrer Zeit beim PD nicht durch den Kampf für eine doppelte Vorzugsstimme oder besonderes Frauenengagement aufgefallen wäre. „Schön, dass du es nun entdeckt hast – doch wie? Indem du eine Frau attackierst“, gibt sie den Ball an ihre ehemalige Parteikollegin zurück.

In Sachen Vorzugsstimmen dagegen habe sie sich ergeben, schreibt Mazzardis. Auf nationaler Ebene konnten sie durchgesetzt werden, weil man von einer auf zwei gegangen sei. In Südtirol, wo es bereits vier Vorzugsstimmen gibt, sei der Kampf dafür verloren, habe sie nach Gesprächen mit dem Landeshauptmann, den SVP-Frauen oder Brigitte Foppa einsehen müssen. Ähnlich ernüchternd auch die Analyse der PD-Vizevorsitzenden zum frauenpolitischen Ansatz ihrer eigenen Partei:

„Il resto è storia nota, le destre non hanno il tema tra le priorità e nel PD non si può certo dire che le donne che hanno anzianità politica, abbiano fatto spazio ad altre donne, si siano coltivate una delfina. Le giovani sono poche, alcune scappano a gambe levate e quelle che dovrebbero o potrebbero essere "madri nobili", fanno ciò che è più facile fare: sparano contro altre donne.“

Und so bleibe in der frauenpolitischen Arbeit vor allem der kulturelle Aspekt – wie eben auch der Kampf gegen sexistische Werbungen oder Sprachgebrauch. „Zu tun gibt es genug, und du bist der beste Beweis dafür, Cornelia“, schreibt Mazzardis. Statt ihr frauenpolitisches Engagement mit einer Attacke auf eine andere Frau zur Schau zu stellen, wäre es weit produktiver gewesen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, einen parteiübergreifend geteilten Aktionsplan aufzustellen, unter Frauen. „Ma un post su fb è più facile, costa zero fatica“, so der bittere Schluss der PD-Politikerin. 

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Mensch Ärgerdi… Mo., 15.05.2017 - 12:38

Also dürfen Frauen, die sich egal wie für Frauen einsetzen, von anderen Frauen zu ihrer Frauentätigkeit nicht kritisiert werden weil sie Frauen sind? Dann wundern sich diese Frauen das der Großteil der anderen Frauen mit ihnen nichts zu tun haben will.

Mo., 15.05.2017 - 12:38 Permalink