Landesüblicher Empfang?
Wenn sich in Südtirol patriotischer Überschwang und Provinzialismus paaren, kann das Ergebnis nur peinlich berühren. Das gilt auch für die Polemiken um den sogenannten "landesüblichen Empfang", der so bezeichnet wird, obwohl er keineswegs landesüblich ist – eine bestechende Logik. Ganz abgesehen davon, dass all das, was in unserer traditionsbesessenen Provinz als landesüblich gilt, keineswegs immer positiv zu bewerten ist.
Nun scheint das Phantom beerdigt, noch bevor es sich etablieren konnte. Eine Träne wird ihm niemand nachweinen. Dass bei einer Begrüssung Säbel gezückt und Gewehrsalven abgefeuert werden, ist ohnedies purer Anachronismus. Die Schützen - so deren Landeskommandant Elmar Thaler – würden die kongolesische Hymne akzeptieren, aber nicht die walsche. Man wäre sogar bereit, Staatspräsident Sergio Mattarella die Hand zu reichen – um ihn daran zu erinnern, dass drei greise, in den Bombenjahren verurteilte Schützen in Nordtirol leben, weil sie nie begnadigt wurden. Freilich hätte es kaum dieser Bestätigung bedurft, um zu begreifen, dass das Weltbild der Schützen unweigerlich in der Vergangenheit angesiedelt ist.
Das gilt auch für die Zeremonie des landesüblichen Empfangs, die wir in Zukunft schmerzlich vermissen werden. Die hatte schon beim Besuch des EU-Präsidenten Juncker zu heftigen ethnischen Polemiken geführt. Reibungslos verlief die Zeremonie nur beim Abschiedsbesuch des österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer. Reibungslos, aber nicht ohne Schönheitsfehler. Denn – Vaterland hin, Vaterland her – nach dem martialischen Zwei-Minuten-Spektakel liessen sich die Schützen vom Protokollchef der Wiener Hofburg für ihre anstrengende Arbeit entlohnen.
Unklar bleibt, ob auch das zu den "landesüblichen Tugenden" gehört. Jedenfalls erhellt es die Feststellung des Landeskommandanten in der jüngsten TV-Debatte der RAI: " Es gibt den landesüblichen Empfang nicht zu jedem Preis."
Statt Säbelschwingen,
Statt Säbelschwingen, Gewehrschüssen und schnapstragenden Megetenderinnen sollte eine Volkstanzgruppe in landesüblichen Trachten einen landesüblichen Volkstanz aufführen!
Die Ablehnung der Schützen
Die Ablehnung der Schützen ist eine gute Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie ein landesüblicher Empfang unter Einbeziehung der Tradition und der gegenwärtigen Situation mit drei und mehr Sprachgruppen aussehen könnte und sollte. Die Schützen haben den Weg dazu geebnet, auch wenn das wohl nicht ihre Absicht war. Eine Volkstanzgruppe könnte ein Element sein, wie Martin anführt, aber es sollten noch mehrere andere Elemente dazukommen. So könnten die Menschen und ihre Kultur im heutigen Südtirol wiedergegeben werden.
Robert Hochgruber