Politik | Meran

Sechs gegen Rösch

Die SVP versucht in Sachen Solland Silicon Paul Rösch den Schwarzen Peter zuzuschieben. Ein durchsichtiges Spiel.
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Foto: web

Die 700-Jahr-Feierlichkeiten in Meran laufen seit zwei Monaten. Es läuft gut, auch für Bürgermeister Paul Rösch. Er sitzt recht fest im Sattel – allen Unkenrufen, ihm werde noch vor der 700-Jahr-Feier der Garaus gemacht, zum Trotz. Entscheidende Vorhaben bringt er auch schon einmal mithilfe der Opposition durch.
Seine “neue Art, Politik zu machen”, die der Bürgermeister vehement verteidigt, gefällt aber längst nicht allen in der Passerstadt. Mehrmals hat die SVP, die Rösch nach den Wahlen 2015 mit in die Regierungskoalition geholt hat, versucht, an seinem Sessel zu sägen. Die Niederlage gegen den “Grünen Bürgermeister” in der Stichwahl hat die Volkspartei nicht weggesteckt. Und weil auch die Landtagswahlen immer näher rücken, sucht – und findet man in der SVP immer wieder Gelegenheiten, um politische Giftpfeile abzuschießen. Wie jetzt, da Paul Rösch seine Vorstellung von der Zukunft des maroden Solland-Silicon-Werks in Sinich geäußert hat.

Vor einer Woche scheiterte auch der dritte Anlauf, für die Fabrik einen Käufer zu finden – obwohl der anfänglich ausgerufene Preis von 29,6 Millionen inzwischen auf 14,8 Millionen Euro halbiert wurde. Seit dem Konkurs der Solland Silicon hat das Land knapp 3,5 Millionen Euro ausgegeben, um die Sicherheit der Anlage zu gewährleisten.
Die bisher erfolglosen Verkaufsversuche sind für den Meraner Bürgermeister Anlass, “offen über die Zukunft des Areals nachzudenken”, wie er selbst sagt. “Es bringt wenig, den Kopf in den Sand zu stecken und darauf zu warten, dass sich das Problem von allein löst, während man immer mehr Geld in die Sicherheit einer Fabrik steckt, die aus wirtschaftlicher Sicht kaum Überlebenschancen hat.” Er plädiert für einen Neuanfang: “Mit einer Bonifizierung des Areals und der Umwandlung in ein Gewerbegebiet könnten neue und zukunftsträchtige Arbeitsplätze in Branchen geschaffen werden, die besser zu Meran passen als eine Chemiefabrik. Die Menschen brauchen Arbeitsplätze, die langfristig gesichert sind.”

Sechs gegen einen

Diese zwei Sätze des Bürgermeisters sind (Teilen) der Meraner SVP zu viel. Sie holt sich prominente Schützenhilfe, um Paul Rösch zu attackieren. Und schickt Zivilschutzlandesrat Arnold Schuler, Bezirksobmann Zeno Christanell, Stadtobmann Andreas Zanier und die drei Meraner SVP-Ortsobleute Martin Ganner (Obermais), Josef Brunner (Untermais) und Silvia Paler (Gratsch) vor. “Zum wiederholten Mal wird vom PR-Team des Meraner Bürgermeisters ein populistischer Vorschlag zum Siliziumwerk Solland Silicon in Sinich lanciert. Man könne es doch einfach schließen und das Land solle ein Paar Millionen in die Hand nehmen, um aus dem Problemfall eine Gewerbezone zu machen”, steht in einer Presseaussendung, die der SVP-Mediendienst am Donnerstag Vormittag verschickt. So einfach gehe das allerdings nicht, “und das sollte Paul Rösch wissen”, kommentiert Arnold Schuler.
In das laufende Konkursverfahren könne nicht so einfach eingegriffen werden und der Ankauf des Areals mit Steuergeldern zum jetzigen Zeitpunkt rechtlich nicht möglich, so der Landesrat.

Anstatt es bei diesen Worten zu belassen, lässt sich Schuler mit den Worten “die Ideen von Paul Rösch sind reines Wunschdenken” zitieren. Und kritisiert auch die Initiative der Gemeinde Meran, Umschulungen für die Solland-Angestellten anzubieten. Das sei “nicht sehr förderlich”, da dadurch “möglicherweise die hochqualifizierten Mitarbeiter den Betrieb verlassen”. Man könnte zwischen den Zeilen auch ein Buhlen um künftige Wählerstimmen in Meran und Umgebung heraushören.

Eine Lösung für Solland Silicon – “noch ein langer und schwieriger Weg, weshalb man nicht jetzt schon irrführende Äußerungen tätigen sollte, nur um schnellen Applaus zu ernten”.
(die drei SVP-Ortsobleute)

Vergessliche SVP?

Der SVP-Bezirksobmann, der sich in letzter Zeit auffallend oft zu lokalpolitischen Meraner Angelegenheiten zu Wort meldet, und der Stadtobmann schießen nach: “Wieder werden von Seiten des Bürgermeisters Dinge in die Welt gesetzt, die verwirren und falsche Hoffnung machen, die aber leider nicht durchdacht sind und entsprechend auch zur Zeit nicht umgesetzt werden können.” Aber genau das unterscheide seriöse Regierungsarbeit von billiger Effekthascherei, so Christanell und Zanier weiter. Unerwähnt bleibt, dass in der Meraner Stadtregierung zwei SVP-Vertreter sitzen. Was diese zu den verbalen Attacken ihrer Parteikollegen sagen, erfährt man ebensowenig wie die Meinung der sechs weiteren SVP-Gemeinderäte. Ein geschickter Schachzug, um keinen offenen Koalitionsstreit anzuzetteln, den nicht genehmen Bürgermeister aber trotzdem zu kritisieren – und dabei gleichzeitig den Vorwahlkampf für die Landtagswahlen 2018 einzuläuten.
Vor allem aber vergisst man, dass es die SVP und ihr Koalitionspartner PD waren, die auf Landesebene und Meran jahrzehntelang Lobbyismus betrieben, den Ausbau es Werkes forciert und mit Landesgeldern unterstützt haben – trotz Bedenken der Fachleute des Landes.