Umwelt | Energie

Bozner Kraftwerk

Zwei Volksbefragungen, ein jahrelanger Streit zwischen den Gemeinden und am Ende ein Privater, der die Konzession für das Kraftwerk am Rambach bekommt.
Rambach
Foto: vinschgerwind
 
Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte.
Selten hat ein Sprichwort besser gepasst. Nur, dass sich hier nicht nur zwei, sondern gleich eine Handvoll Vinschger Gemeinden und öffentliche Institutionen jahrelang in den Haaren lagen.
Jetzt dürfte dieser Streit vorerst beendet sein. Mit einem absurden Ergebnis: Die Vinschger schauen allesamt durch die Hände.
Am vergangenen Montag hat Dienststellenkonferenz für den Umweltbereich die Abschlussbewertung für die Kraftwerksprojekte am Rambach vorgenommen. Für das “Projekt GD/9247 - Wasserableitung für die Errichtung eines Wasserkraftwerks am Rambach zwischen Pundweil in der Gemeinde Taufers im Münstertal und Laatsch in der Gemeinde Mals“ wurden vier Projekte vorgelegt: Ein Projekt von der Gemeinde Glurns, eines von der „Proplan KG“, sowie jeweils eines von den beiden Privatpersonen Sabine Zeiner und Johannes von Hepperger.
Die Dienststellenkonferenz erteilte drei Projekten ein negatives Gutachten. Allein das Projekt des Bozner Ingenieurs Johannes von Hepperger erhielt ein positives Gutachten.
Damit wird er die Konzession für das Kraftwerk am Rambach bekommen. Denn nach dem neuen Landesgesetz entscheidet bei mittleren Kraftwerken nicht mehr die Landesregierung, sondern die Dienststellenkonferenz bewertet, das Amt für Stromversorgung stellt das Auflagenheft und die Konzession aus, die dann vom zuständigen Landesrat unterzeichnet wird.
 

Die Volksabstimmung

 
Seit über 30 Jahren bemühen sich die Gemeinden Mals, Taufers, Schluderns und Glurns über ihren Abwasserverband Obervinschgau am Rambach ein E-Werk zu errichten. Damals befand sich der Rambach aber noch im Nationalpark Stilfserjoch. Damit lag die Konzessionsvergabe in den Händen Roms und es ging jahrelang nichts weiter.
Als die Konzessionsvergabe dann an das Land überging, entbrannte auch der Run auf die Nutzung dieses noch unverbauten Baches. Weil der Bach, die Wasserführung und das Gefälle äußerst lukrativ für ein E-Werk sind, interessierten sich plötzlich die großen Player. Die SEL AG, die Eisackwerke GmbH und die Gemeinden Mals, Taufers, Glurns und Schluderns legten Projekte für Großkraftwerke vor. Doch die Landesregierung entschied den Rambach für große Kraftwerke unter Schutz zu stellen. Es sollte nur ein E-Werk erlaubt werden mit einer Leistung unter 3 Megawatt.
 
Weil auch diese Erschließung im Vinschgau und darüber hinaus zu einer kontroversen Diskussion führte, setzte der neue Malser Bürgermeister Ulrich Veith eine Volksabstimmung durch. Die Bürgerinnen und Bürger sollten entscheiden, ob der Rambach hydroelektrisch genutzt werden sollte. Das Ergebnis: In der Gemeinde Mals sprachen sich 58,5 Prozent und in der Gemeinde Taufers 51,6 Prozent der Abstimmenden für ein Kraftwerk aus.
 

Der Streit

 
Diese Volksabstimmungen entzweiten letztlich aber die Vinschger Gemeinden. Die Glurnser Gemeindepolitiker sahen den Malser Vorstoß als Affront und kündigten die Vereinbarung gemeinsam im Obervinschger Abwasserverbandes sich um die Konzession am Rambach zu bewerben. Die Gemeinde Glurns reichte daraufhin ein eigenes Kraftwerksprojekt beim Land ein.
Gleichzeitig gründen die restlichen Vinschger Gemeinden die Rambach Konsortial GmbH (Taufers 48%, Mals 35%, Laatsch 9%, SEG 5% und Schluderns 3%). Auch ihr Ziel: Die Kraftwerkskonzession am Rambach.
Als im Sommer 2016 dann das Verfahren für die Konzessionsvergabe am Rambach eröffnet wurde, kam es zu einer handfesten Überraschung. Obwohl die Rambach Konsortial GmbH rund 100.000 Euro in das Projekt investiert hatte, legt die Gesellschaft der Vinschger Gemeinde beim Land kein Ansuchen vor. Offizieller Grund: Man habe das Abgabedatum versäumt.
 

Leer ausgegangen

 
Dabei wollten sich die Vinschger Gemeinden im Vorfeld eigentlich einigen. So hat der Glurnser Gemeinderat im Frühjahr 2016 eine Vereinbarung beschlossen, dass die Gemeinde Glurns – unabhängig welches Projekt gewinnen mag (jenes der Gemeinde Glurns oder jenes der Rambach Konsortial GmbH) mit 15 Prozent beteiligt sein solle. Die Gemeinde Taufers hat per Ratsbeschluss dieser Vereinbarung zugestimmt. Die Gemeinde Mals kam nicht mehr dazu. Das Ausscheiden der Rambach Konsortial GmbH hat dieses Abkommen hinfällig gemacht.
Als sich die vier Projektwerber am 12. Oktober 2016 im Amt für Stromversorgung zum Lokalaugenschein trafen, war Luis Frank, der Bürgermeister von Glurns, noch zuversichtlich. „Wir liegen gut im Rennen“ sagte Frank damals dem VinschgerWind.
Weit besser im Rennen lag aber Johannes von Hepperger. Denn der Bozner Ingenieur hatte gleich zwei Eisen im Feuer. Neben der Gemeinde Glurns, der „Proplan KG“ und seinem Projekt, kam auch das Projekt von Sabine Zeiner in die Bewertung. Zeiner ist die Partnerin von Johannes von Hepperger.
Damit können sich am Ende gleich zwei aus demselben Bozner Haus über den Sieg im Vinschgau freuen. 
Bild
Profil für Benutzer Martin Daniel
Martin Daniel Fr., 30.06.2017 - 13:21

Das Ende der Rambach-Story birgt ein geballtes Stück Zynismus der Geschichte. Der Rambach ist einer der letzten unberührten Wasserläufe Südtirols und wurde auf Schweizer Seite erst in den letzten Jahren renaturiert.
Der im Nationalpark liegende Fluss konnte nur dank des Übergangs der Zuständigkeit auf das Land zum konkreten Objekt der Begierde werden. Umweltschützer haben mit viel Einsatz versucht, den Rambach vor den Eingriffen der Stromgewinnung dieseits der Grenze zu retten, aber in den Volksabstimmungen in Mals und Taufers i.M. sprach sich jeweils eine knappe bzw. sehr knappe Mehrheit (18 Stimmen!) für den Bau eines Kraftwerks aus. Schlagendes Argument waren dabei die in Aussicht gestellten lukrativen Stromeinnahmen für die Gemeindehaushalte. Nun, nachdem ebendiese Gemeinden (über das Vehikel der Konsortial GmbH oder direkt wie im Falle Glurns) die Sache durch Schlamperei versemmelt haben (Frist verpasst, Projekt in Bannzone geplant), sichert sich ein ortsfremder Privater den Zuschlag und die versprochenen Gewinne für die Allgemeinheit gehen zusammen mit der Wertschöpfung für die Peripherie den Bach hinunter. Eigentlich müsste der Rambach gemeinsam mit den gelackmeierten Bürgern der betreffenden Gemeinden deren Verwalter auf Schadenersatz klagen. Aber beide haben, aus unterschiedlichen Gründen, kein Klagerecht. Trotzdem sagt es etwas aus, dass die BM von Taufers und Glurns für die RAI in der Sache nicht zu erreichen waren.

Fr., 30.06.2017 - 13:21 Permalink