Gesellschaft | Protest

Kein Mittagessen wegen Caritas

In Meran streiken die Angestellten der Seniorenmensa. Sie kritisieren ihren Arbeitgeber, die Caritas. Die habe sie ihn eine prekäre Lage gebracht, so der Vorwurf.
Senioren
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Für ihren Protest haben sich die 18 Angestellten den 18. Juli ausgesucht. Heute Vormittag legen die Beschäftigten der Seniorenmensa in Meran ihre Arbeit nieder und ziehen vor das Rathaus. Der Protest der Angestellten richtet sich “in erster Linie gegen die Caritas”, heißt es von den Mensa-Beschäftigten. Ihr (Noch-)Arbeitgeber habe sich in den vergangenen zehn Jahren nicht genug um ihre Zukunft gekümmert, klagen sie. Doch auch die Gemeinde Meran steht am Pranger, weil man sich dort nicht ausreichend um ihr Schicksal gekümmert habe. “Diese Kritik weise ich zurück”, kontert der zuständige Stadtrat im Vorfeld der Protestaktion. Er hat die Gewerkschaften gebeten, den Streik abzublasen: “Denn er trifft die Falschen.”

Neu ab August

Die 18 Caritas-Angestellten geben sich bei der Ankündigung des Streiks kämpferisch: “Die Bevölkerung soll wissen, was uns widerfahren ist.” Auslöser für den Missstand, auf den sie mit ihrem Streik hinweisen wollen, ist die Entscheidung der Caritas, aus dem Mensa-Dienst in Meran auszusteigen. Anfang des Monats gaben die beiden Caritas-Direktoren Franz Kripp und Paolo Valente bekannt, dass sie sich nicht mehr an der Ausschreibung für die Seniorenmensa sowie den Dienst “Essen auf Rädern” beteiligt haben. Zwölf Jahre lang hatte sich die Caritas darum gekümmert. 2016 wurden insgesamt 48.000 Mahlzeiten ins Haus geliefert und 15.000 Mitagessen in der Mensa serviert.
Nun aber wolle man sich wieder mehr dem Kerngeschäft, sprich “dem Dienst an den Menschen am Rand der Gesellschaft” widmen, so die Begründung von Kripp und Valente. Bis Ende des Monats wird die Caritas die Dienste weiterführen, ab 1. August übernimmt die Firma “Arma-Cirfood” die Seniorenmensa, die vom Vinschgertor in die Meinhardstraße umzieht. Ab August 2018 wird auch in der von der Caritas geführten Schulmensa Schluss sein.

Versäumnisse mit Folgen

Worüber beschweren sich nun aber die Mensa-Angestellten? Immerhin sahen die Ausschreibungsbedingungen vor, “dass die Gewinnerfirma unsere bisherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufnehmen muss”, wie die Caritas-Direktoren Anfang Juli betonten. Der Haken an der Sache: “Arma-Cirfoood”, die die Dienste ab 1. August übernehmen wird, verfügt nach eigenen Angaben bereits über genügend eigenes Personal und sieht keinen Bedarf, weitere Personen anzustellen. Noch laufen die Verhandlungen zwischen “Arma-Cirfoood” und Caritas, am Mittwoch sollen sie abgeschlossen sein. Dann wird auch die Zukunft der 18 Mitarbeiter feststehen.
Doch diese bauen inzwischen Druck auf ihren Arbeitgeber auf. Denn die Ursache des Ganzen liegt tiefer, wie Vertreter der Fachgewerkschaften von CGIL-Agb, SGBCisl und UIL-Sgk aufklären: “Wir haben in diesen Monaten festgestellt, dass die Caritas das Personal bei der Vorbereitung und Ausgabe der Essen, darunter auch für die Seniorenmensa und Essen auf Rädern, nicht getrennt nach den verschiedenen Auftraggebern eingesetzt hat. Dies wohl auch deshalb, weil alle Essen sämtlicher Auftraggeber am selben Ort zubereitet wurden, und zwar bei den Kreuzschwestern der Verdistraße, wo sich Mensa und Küche befinden.”

“Im Laufe der Zeit sind verschiedene von der Caritas betriebene Ausspeisungsdienste beendet worden, ohne aber den Personalstand anzupassen oder für die Weiterbeschäftigung der betroffenen Beschäftigten Sorge zu tragen.” Die jeweiligen Mitarbeiter wurden also sozusagen – obwohl kein tatsächlicher Bedarf bestand – weiter in der Verdistraße “geparkt”, was zu dem Überschuss an Personal in der Seniorenmensa geführt hat.

Was macht die Gemeinde?

Dafür, dass “Arma-Cirfood”, an die schließlich nur die Dienste der Seniorenmensa und “Essen auf Rädern” vergeben wurde, nun nicht sämtliche Angestellte übernehmen will – wenn ohnehin bereits ein Personalüberschuss herrscht – zeigt der Meraner Sozialstadtrat Stefan Frötscher Verständnis. “Auch weil jenen, die übernommen werden könnten, nicht dieselben zeitlichen Konditionen wie bisher geboten wurden.” Einigen könnte die Arbeitszeit auf 30 Prozent reduziert werden.
“Aber ein Streik sollte als letztes Mittel eingesetzt werden und auf jeden Fall auch die Kollateralschäden bedacht werden”, appelliert Frötscher. Mehrmals habe er am Montag mit den Gewerkschaftsvertretern gesprochen, ebenso mit der Caritas, gegen die sich der Großteil der Wut der Mensa-Beschäftigten richtet. “Ich habe ihnen nahegelegt, den Streik abzusagen – im Interesse der Senioren. Wenn ein Tag lang kein Essen ausgegeben und ausgefahren wird, treffen sie damit die Falschen!” In Richtung Caritas, die ihrerseits die Unterstützung der Gemeinde bei den Verhandlungen mit “Arma-Cirfood” eingefordert hatte, meint Frötscher: “Ich hoffe, dass sie einen Plan B hat.”

Den Vorwurf der Gewerkschaften, die Seniorenmensa und “Essen auf Rädern” so wie das Schicksal der betroffenen Arbeitnehmer “scheinen keine Priorität der Gemeinde Meran zu sein”, weist Frötscher zurück. “Wir haben uns bei der Ausschreibung der Dienste an die Spielregeln gehalten. Aber als Gemeinde haben wir nicht die Kompetenz, betriebsinterne Entscheidungen der Caritas zu beeinflussen.” Nichtsdestotrotz sieht er die Gemeinde in einer Vermittlerrolle, die sie auch wahrnehme, so Frötscher: “Mein Vorschlag ist, das Ende der Verhandlungen am Mittwoch abzuwarten.  Sollte der Streik trotzdem stattfinden, werde ich mich der Kritik vor dem Rathaus stellen. Aber die Details werden sicher nicht auf der Straße diskutiert.” Doch die Caritas-Mitarbeiter und Gewerkschaften scheinen sich nicht von ihrem Vorhaben abbringen zu lassen. Noch am Montag Abend betonen sie in einer Aussendung ihre Absicht, den Streik durchzuziehen: “Nach vielen Arbeitsjahren sollen die Leute wissen, wie man uns behandelt.”

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gorgias

In Deutschland ist es an der Tagesordnung, dass Betriebe in Kontakt mit kirchlicher Trägerschaft aber zu quasi 100% öffentlichen Finanzierung ihre Mitarbeiter ausbeuten.
Ich wünsche mir mal dass alle höheren Angestellten und das Führungspersonal seine Gehälter offen legt. Das wäre doch ein Minimum an Transparenz gegen das niemand was haben kann.

Di., 18.07.2017 - 12:56 Permalink