Politik | EU & Migration

Raue Töne ohne Lösung

Österreich gegen Italien, Italien gegen Kurz. Ungarn gegen Italien, Gentiloni gegen Orbán. Und das Sterben im Mittelmeer geht weiter.

111.514 Personen sind seit Jahresbeginn über den Seeweg nach Europa gelangt. 85 Prozent davon gingen in Italien an Land. Im selben Zeitraum starben 2.360 Menschen bei der Überfahrt. Das sind die neusten Zahlen, die die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Freitag veröffentlicht hat.
Die Überfahrten halten an, mit ihnen das Sterben im Mittelmeer. Das Schicksal, dem viele Menschen entgegen segeln, bleibt weiterhin ungewiss. Denn die viel zitierte und geforderte “gesamteuropäische Lösung” in der Flüchtlingsfrage ist immer noch in weiter Ferne. Währenddessen werden die Töne rauer.

Nach seinem Besuch in Bozen am Mittwoch reiste Außenminister Angelino Alfano nach Wien, wo er sich am Donnerstag mit seinem österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz traf. Bei dieser Gelegenheit wiederholte Kurz seine bereits eine Woche zuvor in Bozen kundgetane Forderung, den “Fährverkehr für illegale Migranten zwischen den Inseln wie Lampedusa und dem Festland einzustellen”. Geht es nach Kurz, sollen Flüchtlinge nicht mehr auf das italienische Festland gelassen werden, sondern auf Inseln festgehalten und von dort wieder in ihr Herkunftsland zurückgeschickt. Dabei nannte Kurz auch Lampedusa.
Die Insel gehört verwaltungstechnisch zu Sizilien – beim Sizilianer Alfano kam die Idee nicht gut an. “Die Erklärungen von Sebastian Kurz? Das sind seine Ideen für den Wahlkampf. Das habe ich ihm ins Gesicht gesagt”, meinte der Außenminister zu italienischen Journalisten in Wien. Harte Worte folgten auch vom Bürgermeister von Lampedusa. “Eine derartige Aussage hätte ich mir von einem Neonazi, nicht von einem Vertreter eines EU-Landes erwartet. Offenkundig weiß Kurz nicht, wie groß Lampedusa ist. Er vergisst, dass hier 6.000 Einwohner leben, die sich als Europäer fühlen”, meinte Totò Martello. Und der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Gianni Pittella, kommentierte auf Twitter: “Kurz will Lampedusa in ein Internierungslager für Migranten verwandeln. Das ist nicht das Europa, für das wir stehen!”

Die Worte der italienischen Politiker sorgten wiederum in Österreich für Empörung. Es ist FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der Sebastian Kurz polternd zur Seite springt: “Italien muss sich für die Beschimpfungen umgehend bei Sebastian Kurz entschuldigen!” Und weiter: “Italien soll seine permanenten Drohungen gegen Österreich unterlassen und zu einem vernünftigen Dialog zurückkehren.”
Dabei waren es die österreichischen Minister gewesen, die mit der Verlagerung von Kriegsgerät und Soldaten nach Tirol Drohgebärden Richtung Italien gesandt hatten. “Dovremmo mandarli noi i carri armati al Brennero, non l’Austria”, kommentiert der Direktor des Online-Nachrichtenportals Linkiesta, Francesco Cancellato am Freitag. Er greift Sebastian Kurz scharf an und wirft ihm vor, das Schengen-Abkommen zu verletzen. “Ci fosse un esercito europeo, toccherebbe ai suoi carri armati presidiare i confini tra Italia e Austria per assicurarsi che rimangano aperti. In assenza, dovrebbe essere l’Italia a spostare qualche carro armato sul Brennero.”

Nach Österreich ist inzwischen auch aus Ungarn der Aufruf an Italien gekommen, seine Häfen zu schließen. Von keinem geringerernals Premier Viktor Orbán. Gemeinsam mit den Regierungschefs der Slowakei, Polen und Tschechien hat er einen Brief an Ministerpräsident Paolo Gentiloni geschrieben, in dem sie sagen: “Unsere Außengrenzen müssen geschützt werden.” Den Appell hat Gentiloni keineswegs goutiert. In Turin antwortete er den vier Briefeschreibern: “Dai nostri vicini, dai Paesi che condividono il progetto europeo abbiamo diritto di pretendere solidarietà. Non accettiamo lezioni né parole minacciose. Serenamente ci limitiamo a dire che noi facciamo il nostro dovere e pretendiamo che l'Europa faccia il proprio senza darci improbabili lezioni.

Und inzwischen geht Elend rund um das Mittelmeer weiter.

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Sell Woll Sa., 22.07.2017 - 17:16

Was soll der Schlussatz bedeuten? Würde das Elend nicht weitergehen wenn sich Italien und Österreich untereinander und mit Ungarn & Co. besser abstimmen und die Flüchtlinge auf alle Staaten verteilen? Das Ende des Elends kann es kurzfristig nur geben, wenn diese Länder alle die nach Europa wollen mit eigenen Boote und Flugzeugen aus Nordafrika abholen. Wenn auch nur einige nicht mitgenommen werden würden diese das Risiko einer Überfahrt in kauf nehmen und das Elend weitergehen. Kurzfristig würde glatt nur Kurzens Vorschlag das Elend auf dem MEER stoppen jenes auf libyschen Boden allerdings auch nicht

Sa., 22.07.2017 - 17:16 Permalink
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gorgias So., 23.07.2017 - 18:40

In Deutschland sind nun endlich die Refugee Welcome Flitterwochen beendet. Bundespräsident Walter Steinmeier sagt in Sommerinterviewdass die Integration von Flüchtlinge Jahrzehnte beanspruchen kann und dass die Möglichkeiten Deutschlands begrenzt sind.

https://www.google.it/amp/www.spiegel.de/politik/deutschland/frank-walt…

Es ist Zeit sich von diesen selbstdestruktiven Ideologien des Multikulti verabschieden und versuchen den Menschen vor Ort helfen neue Perspektiven zu entwickeln.

So., 23.07.2017 - 18:40 Permalink