Gesellschaft | Bozen

“Pezzo di merda”

Ein Polizist, der einen Obdachlosen auf dem Gelände des Bozner Krankenhauses übelst beschimpft. Der Vorfall soll nicht ohne Folgen bleiben, heißt es aus der Quästur.

Jede einem Menschen zugefügte Beleidigung, gleichgültig welcher Rasse er angehört, ist eine Herabwürdigung der ganzen Menschheit. (Albert Camus)

Ob er aus Pakistan, Afghanistan oder sonst woher kam, weiß man nicht. Ist aber unwichtig. Auch die genauen Umstände des Vorfalls sind nicht ganz geklärt. Dennoch gibt die Audioaufnahme, die vergangenen Freitag (17. November) aufgetaucht ist, Anlass für Empörung. Und die Quästur ermittelt bereits. In den eigenen Reihen.

Am späten Freitag Nachmittag geht, wie gewöhnlich um 18.30 Uhr, “La Zanzara” auf Radio24 auf Sendung. Moderator Giuseppe Cruciani spricht über eines seiner Lieblingsthemen: Einwanderung. Cruciani zitiert den Staatsanwalt Carmelo Zuccaro aus Catania, der in einem Interview sinngemäß gesagt hat: “Migranten sind ein Risiko für die Zivilisation.” Harte Worte, auf die Cruciani noch einen draufsetzen will. Ihm ist eine Audioaufnahme zugespielt (zu hören ab Minute 16) worden, die einen Vorfall wiedergibt, der sich am Freitag Nachmittag in Bozen ereignet haben soll.
Ein Obdachloser ausländischer Herkunft soll auf dem Gelände des Bozner Krankenhauses aufs Übelste beschimpft worden sein, von einem Polizisten. Immer wieder suchen Obdachlose Zuflucht in den Räumlichkeiten des Krankenhauses von Bozen. Auch in den Neubauten, an denen noch gearbeitet wird. Auf der Baustelle sollen Arbeiter am Freitag einen Mann aufgefunden und die Carabinieri sowie einen im Krankenhaus stationierten Polizisten verständigt haben.

“Pezzo di merda, prendi la coperta e vai via!” Die Worte, die dieser Polizist dem Obdachlosen an den Kopf geworfen haben soll, sind deutlich auf der Audioaufnahme zu hören. Als “Scheiße” wird der Mann auf deutsch beschimpft, als “feccia” – “Abschaum” – auf italienisch. Von ein und derselben Person. Es sind noch andere anwesend, man hört Gelächter, ein paar Worte auf Englisch fallen. Irgendjemand versucht den Polizisten schließlich zu beschwichtigen.

Die Episode ist in Südtirol nicht unbeachtet geblieben. Bereits am Freitag Abend berichten die ersten italienischen Online-Medien, tags darauf liest man auch auf dem Blog der Brennerbasisdemokratie von dem Vorfall. Dort wird daran erinnert, dass der Begriff “feccia” vor allem von der neofaschistischen Bewegung CasaPound verwendet wird, um Flüchtlinge und marginalisierte Personengruppen zu schmähen – auch im Bozner Gemeinderat.

Auf Facebook sorgen die Berichte über den Vorfall für hämische Kommentare einerseits – “Ha fatto bene il poliziotto”, “Se lo ha insultato avrà le sue buone ragioni” – und für Entsetzen andererseits. Am Sonntag Abend meldet sich Alessandro Huber, Fraktionsvorsitzender des PD im Bozner Gemeinderat und neu gewählter Parteisekretär zu Wort: “Einen Flüchtling, einen Obdachlosen, einen der Schwächsten, ob er nun Italiener oder Ausländer ist, mit Schimpfworten wie ‘feccia’ oder ‘pezzo di merda’ anzufahren, ist eine Schande, ein Missbrauch von Macht. (…) Die Ordnungskräfte sind da, um für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen und machen eine wertvolle Arbeit, für die sie von allen geschätzt werden. Aber sie haben nicht das Recht, Menschen zu beleidigen oder rassistische Kommentare über jemanden zu äußern, der eine andere Hautfarbe hat.”
“Der Verantwortliche dieses schändlichen Verhaltens kann nicht ungeschoren davon kommen”, fordert Huber.

Weder im Krankenhaus Bozen noch beim Sanitätsbetrieb habe man von dem Vorfall und der Audioaufzeichnung Kenntnis, heißt es auf Nachfrage von salto.bz. Bei der Quästur hingegen schon. “Leider”, sagt Giorgio Porroni seufzend. Erfahren habe man davon aber erst als “La Zanzara” die Aufzeichnung am Freitag abgespielt hat. Noch laufen die Überprüfungen, man will sich vergewissern, ob sich das Ganze tatsächlich so zugetragen hat, wie in den Medien dargestellt. “Wenn es einer von uns war, wird das natürlich Folgen haben, disziplinärer und gegebenenfalls auch strafrechtlicher Natur”, stellt Porroni klar. “Aber wir sind uns zu 99 Prozent sicher, die Person auf der Audioaufnahme wiedererkannt zu haben.”

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Marcus A. Mo., 20.11.2017 - 13:13

Sollt absolut nicht vorkommen, kommt aber leider ab und zu vor.
Wie oft werden aber Polizisten übelbst beschimpft und bedroht? Wieso schreibt man darüber nicht?
Das Verhalten des Polizisten ist nicht richtig, jetzt aber einen Skandal daraus zu konstruieren ist lächerlich.

P.S. Vielleicht sollt Herr Huber seinen "man non so chi sono io" Parteikollegen ebenfalls daran erinnern, bessere Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit an den Tag zu legen.

Mo., 20.11.2017 - 13:13 Permalink