Politik | Verkehr

"Die Belastungsgrenze ist erreicht"

Einigkeit bei Transit und Doppelpass zwischen SVP und ÖVP. Doch Tirols Landeshauptmann hat auch die schwierigeren Bayern und Wien zu händeln.
treffen SVP und ÖVP
Foto: SVP

Wenn zumindest zwei an einem Strang ziehen, müsste endlich etwas weitergehen beim schwierigen Thema Transit. „Heuer werden wir über die Brennerstrecke aller Voraussicht nach erstmals die Schwelle von 2,2 Millionen LKWs überschreiten. Die Belastungsgrenze für Mensch, Natur und Infrastruktur ist definitiv erreicht“, waren sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter und sein Südtiroler Pendant Arno Kompatscher am Montag Nachmittag beim Treffen der Landtagsklubs von ÖVP und SPÖ in Innsbruck einig. Dort war die Eindämmung des Transitverkehrs über den Brenner wichtigstes Thema neben dem österreichischen Pass für Südtiroler.  Für letzteren holte sich die Südtiroler Volkspartei offizielle Tiroler Unterstützung beim Vorhaben, die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen im vielzitierten „europäischen Geist“ prüfen zu lassen. Also nicht in irgendeiner Form von Trennung oder Spaltung, sondern im Rahmen einer Unionsbürgerschaft und unter Zusicherung einer individuellen Entscheidung, wie SVP-Obmann Philipp Achammer die Formel am Montag Abend am Runden Tisch von RAI Südtirol noch einmal herunterzubrechen versuchte. Zudem will man sich gemeinsam für die Verankerung der Schutzmachtfunktion in der österreichischen Verfassung einsetzen, die für den rechtlichen Schutz der Südtiroler ungleich bedeutender wäre, erklärten Kompatscher und Platter unisono.

Ebenso einig präsentierten sich die beiden Landeshauptmännern in Sachen Transit. Zumindest bis zum großen Euregio-Verkehrsgipfel am 15. Jänner gibt es hier vor allem Absichtserklärungen. Und so bekräftigten die beiden Volksparteien gestern noch einmal, dass die Europaregion die geeignete Plattform sei, um Antworten auf die Verkehrsfrage zwischen München und Verona zu finden. Sowohl ÖVP als auch SVP sprachen sich abermals für die sogenannte „Korridormaut“ auf dieser Strecke aus. Darüber hinaus braucht es laut Arno Kompatscher auch gemeinsame Maßnahmen für eine stärkere Verlagerung des Transitverkehrs auf die Schiene. Derzeit würden 70% der Güter auf der Straße und nur 30% auf der Schiene transportiert. Dieses Verhältnis möchten wir gemeinsam umkehren“, so die Landeshauptleute. 

Bayerischer Knochen

Doch dafür braucht es neben dem Euregio-Trio auch noch die Bayern, also den härtesten Knochen im Tiroler Kampf gegen den Transit. Am Dienstag verhandelt Platter mit Bayerns Verkehrs- und Innenminister Joachim Herrmann über die geplanten 20 bis 30 Lkw-Blockabfertigungen, die Bayern als EU-rechtswidrig einstuft. Höhere Mauttarife auf der Brennerachse stehen dabei laut der Tiroler Tageszeitung genauso zur Diskussion wie Tirols Kritik am stockenden Bahnausbau im bayerischen Inntal.

"In Tirol und Südtirol werden Milliarden investiert, um eine in eine zukunftsgerichtete Verkehrspolitik im sensiblen Alpenraum zu schaffen. Es ist an der Zeit, dass vor allem auch der wirtschaftlich starke süddeutsche Raum erkennt, dass es ohne den Ausbau der Zulaufstrecken zum Brenner Basis Tunnel schlicht und einfach nicht gehen wird,“ wurde der Tiroler Landeshauptmann gestern bereits auf dem Treffen mit den Südtirolern auf das Treffen mit Hermann eingestimmt. Gemeinsam mit den beiden Fraktionsvorsitzenden Jakob Wolf und Dieter Steger unterstrichen die Landeshauptleute, dass der steigende LKW-Transit nicht nur die Menschen im Bundesland Tirol und in Südtirol belaste, sondern in hohem Maße auch die Bevölkerung der bayrischen Inntalgemeinden betreffe. Es läge deshalb auch im ureigensten Interesse Bayerns, hier zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen und an der Umsetzung der Korridormaut aktiv mitzuwirken. Solange es hier zu keiner Einigung komme, sei Tirol zur Aufrechterhaltung der Verkehrs- und Versorgungssicherheit an verkehrsreichen Tagen auch zukünftig gezwungen, LKW-Dosierungen an verkehrsstarken Tagen durchzuführen, so Platter.

Doch auch aus Wien kann Platter laut Einschätzung der TT mit wenig Rückenwind für eine entschlossene Bekämpfung des Problems rechnen. Denn bei den aktuellen Koalitionsverhandlungen sei von LKW-Obergrenzen keine Rede, vielmehr ließen sich die Absichtserklärungen im Bereich Verkehr auf ein „Na no na ned“ zusammenfassen, so die Tiroler Tageszeitung. Laut ihren Informationen möchte Schwarz-Blau das derzeitige Mautsystem beibehalten, von „Transit besonders belastete Regionen“ unterstützen, Vignettenflucht verhindern und Maßnahmen zur Verhinderung von Ausweichverkehr erarbeiten. EU-weit sollte es außerdem einheitliche Rahmenbedingungen von Mautregelungen für den Wirtschaftsverkehr geben, die Einrichtung von Güterverkehrskorridoren zur Minimierung von wirtschaftlichem Schaden durch Grenzkontrollen geprüft werden. 

Bild
Profil für Benutzer Albert Mairhofer
Albert Mairhofer Di., 05.12.2017 - 10:54

So sanft und leise könnte man in einigen Jahren fahren! https://www.youtube.com/watch?v=vs8VghXjFTQ

Die Umweltbelastung längs der Autobahn ist besonders für die Anwohner besorgniserregend und ist deutlich zu sehen, wenn man z. B. auf Innsbruck hinunterschaut! Ja, es bräuchte eine radikale Änderung dieser Situation. Eine solche habe ich schon im November 2016 dem Südtiroler Landeshauptmann und auch den Gemeinden und Bezirksgemeinschaften vorgeschlagen. Die bayrischen Inntaler machen sich jetzt auch noch Sorgen wegen der Zulaufstrecken zum BBT. Das eine Übel jagt das andere! Ich frage mich, ob denn gesunder oder genialer Menschenverstand noch gefragt ist oder ob man sich von diesem Milliarden verschlingenden Ungetüm einfach überfahren lassen muss?
Daher appelliere an alle Leser dieser Zeilen, meine Vorschläge zur Vinschgerbahn und vor allem zur Elektrifizierung und Automatisierung der Autobahn nicht zu ignorieren, sondern tatkräftig an der Lösung der Verkehrs- und Umweltprobleme mitzuwirken.

Di., 05.12.2017 - 10:54 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Stefan T
Stefan T Di., 05.12.2017 - 17:57

Die bayerischen Inntaler fordern hauptsächlich eine Einhausung der Zulaufstrecke, so wie dies im österreichischen Inntal realisiert wurde. Sie fürchten vor allem die Lärmbelastung durch Güterverkehr auf der Schiene. Nachdem Deutschland kaum bereit ist in den Schienenausbau zu investieren, will man eine teurere Einhausung vermeiden. Das führt dazu, dass sich die Bürger mit allen Mitteln gegen die Zulaufstrecke wehren, obwohl die meisten diese als sinnvoll erachten. Was wiederum dazu führen wird, dass die Zulaufstrecke auf bayerischer Seite mit großer Wahrscheinlichkeit nicht rechtzeitig fertig wird. Wenn sie denn überhaupt je realisiert wird. Verkehrsminister Dobrint geht von einer möglichen Bauverzögerung von 20 Jahren aus!
Das Erreichen der vollen Kapazität des Brennerbasistunnels könnte damit erst in den 40'er-50'er Jahren möglich werden. Hier müsste Deutschland im Interesse Europas zu einer schnellen Lösung gezwungen werden.
http://tirol.orf.at/news/stories/2829579/

Di., 05.12.2017 - 17:57 Permalink