Politik | Rechnungshof

0 oder 1

Muss die Muttergesellschaft der BBT SE aufgelöst werden, weil sie nichts kostet? Warum der Rechnungshof einmal mehr übers Ziel hinausschießt.

„Wo hast du denn heute noch Sicherheit, wenn selbst klare Gesetze keine solche mehr bieten“, sagt Landesrat Arnold Schuler nach einer weiteren Verurteilung von Verwaltern durch den Rechnungshof. Mehr als 565.000 Euro müssen der ehemalige Personalchef des Landes Engelbert Schaller und weitere 17 Politiker und Beamte bekanntlich laut einem Urteil der Bozner Sektion des Rechnungshofes von Ende vergangener Woche zahlen, weil sie an der Aushandlung der kollektivvertraglichen Regelung beteiligt waren, langgedienten ehemaligen Amts- und Abteilungsdirektoren einen Teil ihrer Führungs- und Koordinierungszulagen nach Beendigung ihrer Führungsaufgabe als fixes Lohnelement auszuzahlen. Die Beteuerung Schallers, dass man den Beamten trotz dieser Regelung immer noch weniger zahlt als der Staat hat dem langjährigen Personalchef zumindest in erster Instanz wenig geholfen. Immerhin soll er laut Rechnungshof mit 182.000 Euro den größten Brocken an Schadenersatz leisten.

Ein Fall, der die immer wieder beklagte Lähmung der öffentlichen Verwaltung aus Angst vor den Kontrolleuren des Rechnungshofs wohl kaum verbessern wird. Dass die an sich wichtige Kontrolle der öffentlichen Verwaltung durch die Gerichtsbarkeit dabei bisweilen aber tatsächlich komplett an ihrer ursprünglichen Intention vorbeischießt, zeigt ein weiterer aktueller Fall, der vom Rechnungshof in Rom ausgeht. Dort hat man sich die Gesellschaftsbeteiligungen der Regionen und Provinzen aus der Perspektive einer noch von der Regierung Monti beschlossenen Regelung vorgenommen, wonach Gesellschaften in öffentlicher Hand, die keine Angestellten haben oder Verluste schreiben, aufgelöst werden müssen. Ein Dorn im Auge sind dem Rechnungshof laut Corriere dell’Alto Adige in der Region Trentino-Südtirol in dem Zusammenhang nicht nur das Finanzinstitut Mediocredito, die Zuschüsse für das finanziell instabile Haydn-Orchester oder die Interbrennero Spa, sondern auch die italienische Mutter der BBT SE, die Tunnel Ferroviario del Brennero (TFB). Die schreibt zwar keine Verluste, aber hat keine Angstellten und sollte deshalb laut dem Rechnungshof aufgelöst werden. „Das ist verrückt“, entschlüpft dem Direktor der BBT- Beobachtungsstelle Martin Ausserdorfer angesichts solcher Forderungen. „Wahrscheinlich hat man hier beim Rechnungshof nicht wirklich verstanden, worum es bei dieser Gesellschaft geht.“ Denn die TFB ist zwar tatsächlich nicht viel mehr als eine juridische Schachtel, die aber dafür strategisch umso wichtiger sei, weil sie die italienischen Aktionäre bündle. Sprich, die Anteile des Schienennetzbetreibers RFI sowie der drei Provinzen Südtirol, Trentino und Verona zusammenführt, die gemeinsam 50 Prozent an der mit Österreich gegründeten BBT SE halten. Allem voran hat diese Lösung laut Martin Ausserdorfer aber den Vorteil, dass sie den Steuerzahler absolut nichts kostet. Denn alles, was dort zu machen sei, sei in vier Sitzungen pro Jahr die Finanzflüsse an den BBT abzusegnen. Ohne Sitzungsgelder oder sonstige Entschädigungen an ihre Verwalter. 

Ob diese „intelligente Lösung“, als die sie Ausserdorfer selbst bezeichnet, nun durch die Einwände des Rechnungshofes tatsächlich abgeändert werden muss, sollte sich laut dem BBT-Verantwortlichen bei einer Sitzung am kommenden Donnerstag genauer klären. Er selbst ist aber zuversichtlich, dass man die Kontrolleure in Rom davon überzeugen kann, dass es in dem Fall tatsächich für alle Beteiligten vorteilhafter ist, auf den Inhalt statt auf die Form zu schauen. „Doch wir haben einfach das grundsätzliche Problem, das Gesetze heute nach der Logik des Binärsystems in der Informatik gemacht werden“, sagt Ausserdorfer. Sprich: Es gäbe nur mehr 0 oder 1, also richtig oder falsch, statt dass mit Menschenverstand und Interpretationsspielraum gearbeitet werde. Große Probleme erwartet sich der Direktor der BBT- Beobachtungsstelle aber keine. „Wenn wir tatsächlich etwas ändern müssen, wird wahrscheinlich etwas herauskommen, das mehr kostet – dann stellen wir eben drei Leute an", sagt er. Hauptsache, das System zeigt "richtig" an.

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Paul Schöpfer Mo., 18.12.2017 - 13:57

Lieber Herr Brugger,

bezüglich der 71tsd € Aufwendungen in der Bilanz müsen Sie nicht mutmaßen. Es sind laut Bilanzbericht "nur" 22tsd. für freiberufliche Leistungen. 37tsd. wurden für die Entschädigung der Verwaltungsorgane ausgegeben, 9tsd. für Reisespesen.

46tsd. Euro an IRES wurden gezahlt, weil es einen entsprechenden Gewinn von 174tsd € gab und nicht "nur weil sie da ist".

Mo., 18.12.2017 - 13:57 Permalink
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Paul Schöpfer Mo., 18.12.2017 - 19:08

Sehr geehrter Herr Brugger,

EBITDA ist der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibung und nicht das operative Geschäftsergebnis. Korrekt ist ihre Anmerkung dass das operative Geschäftsergebnis mit ca. 70tsd € negativ ist. Woher die 244tsd. € Erträge kommen wird effektiv nicht aus der Bilanz klar.

Sonderbar auch die Aussage: ".. Ohne Sitzungsgelder oder sonstige Entschädigungen an ihre Verwalter...". Warum stehen dann 37tsd. € Entschädigung für die "sindaci" in der Bilanz?

Welchen Zweck die Gesellschaft erfüllt ist mir nicht klar, Ihnen wohl auch nicht und der Autorin wahrscheinlich auch nicht ganz. Ich will hier nichts negatives vermuten, wird schon alles Sinn machen. Eine ordentliche Recherche wäre nicht falsch, bevor man einen solchen Artikel schreibt.

Mo., 18.12.2017 - 19:08 Permalink