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Plangger und die "Montanari"

Wie sehen wiedergewählte SVP-Abgeordnete den politischen Umbruch in Rom? Kammerabgeordneter Albrecht Plangger bleibt gelassen - und kann sich für die Lega erwärmen.
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Foto: Der Vinschger

salto.bz: Onorevole Plangger, der Adrenalinschub der Wahlen ist erst einmal vorbei. Wie geht es Ihnen damit, in ein Rom zurückkehren, in dem die Lega und der Movimento 5 Stelle den Regierungsanspruch stellen?
Albrecht Plangger:
Das macht mir relativ wenige Sorgen. Vor fünf Jahren sind wir ohne irgendeine Perspektive nach Rom gefahren und wussten nicht was auf uns zukommt, weil es auch damals eine Patt-Situation gab. Doch danach ist etwas Gescheites rausgekommen. Auch wenn jeder anfangs gesagt hat, eine große Koalition von Renzi mit Berlusconi darf nicht sein. Aber wir haben dann eine der erfolgreichsten Legislaturen überhaupt erlebt. Deshalb braucht man sich da jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Mein Problem ist eher, dass man jetzt zwei oder drei Monate nur geredet hat im Wahlkampf und die Arbeit in Rom liegengeblieben ist.

Welche Arbeit gibt es jetzt in Rom zu tun?
Es sind einige Dinge zu tun, die man nicht anbrennen lassen will, deshalb bin ich jetzt auch schon wieder hier.  Wir haben die Kontakte zu bestimmten Ministerien, die können wir jetzt noch ein, zwei Monate nutzen und dann sind sie vorbei. Das heißt, da sind nun noch einige Anliegen so weit zu bringen, dass sie danach von einem Unterstaatssekretär einer anderen Partei nicht mehr gekippt werden können.

Haben Sie dafür ein Beispiel?
Da gibt es vieles. Gestern war ich in Sachen Selfin unterwegs, dann geht um die Ausschreibung von Wettbewerben für die Zollbehörden in unserer Region, wo wir noch ein Dekret des Ministers brauchen, die elektronische Identitätskarte....

Und wie einschneidend ist es, wenn Ihnen für solche Anliegen nun ihre bisherigen Ansprechpartner wegfallen?
Natürlich müssen wir nun unsere Netzwerke neu knüpfen, die sind  nun eben mit anderen zu machen. Wir haben ja auch in den Kommissionen vor allem mit PD-Leuten zusammengearbeitet, die haben normalerweise bei jedem Gesetz den Berichterstatter gestellt, deshalb waren sie unsere Ansprechpartner. Doch wenn nun beim PD teils nur mehr jede Dritte nach Rom zurückkommt, muss man sich sowieso neu aufstellen.

 "Tra montanari zählt das Parteiliche wenig, da zählt Heimatherkunft viel mehr. Und auf dieser Schiene werde ich wieder versuchen meine Kontakte aufzubauen."

Und dabei gibt es keine politischen Berührungsängste?
Ich glaube zwischen Domodossola und Udine gibt es genügend Leute aller Parteien, mit denen man eine Zusammenarbeit suchen kann. Das Berggebiet verbindet, da findet man Leute, bei denen die BürgerInnen zu Hause die selben Probleme haben – und die können wir gemeinsam lösen. Tra montanari zählt das Parteiliche wenig, da zählt Heimatherkunft viel mehr. Und auf dieser Schiene werde ich wieder versuchen meine Kontakte aufzubauen.

Sprich: Ein SVP-Abgeordneter kann nicht nur mit dem PD, sondern genauso gut mit der Lega oder mit M5S gut arbeiten?
Mit 5-Stelle-Vertretern hatte ich bisher nicht so viel zu. Doch von den Lega-Leuten kann ich aus der vergangenen Legislatur sagen, dass ich mit allen 16 einen guten Kontakt hatte. Also mit der Partei selbst, mit ihrem Populismus kann ich nichts anfangen. Doch auf der persönlichen Ebene entsprechen die Lega-Abgeordneten meist nicht einmal so sehr dem Bild, das man von den Parteislogans hat. Oft sind das ehemalige Gemeindeverwalter, die meisten waren Bürgermeister wie ich. Und viele sind mit der aktuellen Linie der Partei nicht einmal so einverstanden. Mit denen hat man in jedem Fall eine andere Beziehung als mit irgendeinem 5-Stelle-Abgeordneten, der noch nie im Gemeinderat gesessen hat. Da sind die Welten und die Politik anders.

Doch mit der Lega kann man Sachpolitik und vor allem Autonomiepolitik machen?
Ich denke schon. Und das werden wir auch machen müssen. Der Veneto und die Lombardei haben letzthin die Autonomie ja für sich entdeckt und wollen Kompetenzen übernehmen, die auch wir im Visier haben. Da ist es fast zwangsläufig, dass wir uns bei denen anhängen.

Weil sich damit bisher nicht da gewesene Möglichkeiten ergeben?
Ja, wenn der Prozess im Veneto und der Lombardei so weitergeht, könnte auch das eine oder andere für Südtirol herausschauen. Die bemühen sich um Kompetenzen wie Umwelt und Arbeitssicherheit, die auch zu unseren wichtigsten Vorhaben für die kommenden Jahre zählen.

"Trient ist für uns die wahre Katastrophe. Denn nun haben wir eine Spaltung zwischen den beiden Landesregierungen, die eng miteinander arbeiten und den Parlamentariern dahinter, die nicht mehr zusammenpassen."

Das Netzwerk wird also nun eben in diese Richtung geknüpft?
Tra montanari werde ich mir meine Ansprechpartner schon wieder suchen. Dort sind einige jetzt gewählt worden, die ich von vorher kenne und das ist ein großer Vorteil. Ich habe aber zum Beispiel auch einen sehr guten Kontakt zu einem Leghista aus Sondrio, der war für den Nationalpark Stilfser Joch zuständig in Mailand und war früher die rechte Hand von Roberto Maroni. Jetzt ist er gewählt und wird in Rom sicher eine wichtige Rolle einnehmen. Solche alten Kontakte sind immer Gold wert.

Das heißt, Sie würde es sogar begrüßen, wenn die Lega die Regierung stellt?
Nein, so kann man das jetzt nicht sagen. Ich sehe die Lega noch nicht in einer Regierung.

Im Gegensatz zur SVP sind ihre Trentiner Bündnispartner komplett abgestürzt bei diesen Wahlen. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Trient ist für uns die wahre Katastrophe. Nicht einmal so sehr in Rom, sondern generell. Denn nun haben wir eine Spaltung zwischen den beiden Landesregierungen, die eng miteinander arbeiten und den Parlamentariern dahinter, die nicht mehr zusammenpassen. Das heißt, es kann keinen Gleichschritt mehr geben zwischen diesen Gremien. Nun haben wir hier lauter Lega- und Forza-Italia-Leute, die nur auf die Chance warten, im Trentino neue Verhältnisse zu schaffen.

Und das wäre ein Problem – wenn es doch "montanari" sind?
Ja, das ist für uns wirklich ein Problem. Dieser Marsch im Gleichschritt war in den vergangenen fünf Jahren ein Erfolgsrezept. Es hat wirklich eine ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Trentino gegeben. Beide Landeshauptleute sind immer gemeinsam in der Sechser- und der Zwölferkommission aufgetreten. Doch nun kommt die Hälfte der Vertreter in der Zwölferkommission von anderen Parteien, die nicht auf der gleichen Wellenlänge sind.

Die SVP dagegen hat Ihr Wahlziel erreicht – und trotzdem scheinen Sie nicht wirklich glücklich zu sein.
Ja, es fehlen eben Stimmen, das braucht man nicht schönreden, wenn mir im Vinschgau 2500 Stimmen fehlen. Wenn es nur darum geht, dass mir die Leute gesagt haben, ich hätte dich schon gewählt, aber du bist eh schon gewählt, ist das eine Sache. Aber es könnte auch einige andere Gründe geben. Aber die Wahlanalyse muss ich mir selbst erst machen.

 

Wie man sich unter Montanari "hilft", beschreibt Plangger höchstselbst im Vinschgerwind. Die einen Montanari müssen auf unsere Hilfe verzichten, damit wir auch ja die anderen Montanari außen vor halten können.

Was unausgesprochen blieb, ist, dass der rührigste Belluneser, der den Fall Sappada verhindern wollte, jener Bressa war, den die SVP mit rotem Teppich in den Senat boxiert hat.

Wehe uns, wenn der Montanari Retourkutsche kommt.

http://www.vinschgerwind.it/archiv-beitraege-vinschgau/archiv-vinschger…

Mi., 07.03.2018 - 15:19 Permalink