Gesellschaft | Netzkultur

“Hass ist keine Meinung”

Weil Martha Stocker nach ihrem angekündigten Rückzug aus der Politik eine Welle des Hasses im Netz entgegen schlägt, meldet sich Ulrike Oberhammer zu Wort.
Martha Stocker, Ulrike Oberhammer
Foto: LPA/mp

“Ich bedanke mich bereits vorab für die Unterstützung und ersuche alle Onlinemedien die hasserfüllten, abwertenden und gehässigen Anfeindungen und Kommentare nicht nur von den Foren auf ihrer Homepage, sondern auch auf ihrer Facebookseite zu löschen und die User darauf hinzuweisen, dass sie für ihre Kommentare auch strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden können.”
Mit diesen Zeilen wendet sich Ulrike Oberhammer am Mittwoch Mittag an die Südtiroler Redaktionen. Was hat die Präsidentin des Landesbeirates für Chancengleichheit dazu bewogen?

Es sind die Reaktionen im Netz auf die Ankündigung von Martha Stocker, bei den Landtagswahlen im Herbst nicht mehr antreten und sich aus der aktiven Politik zurückziehen zu wollen. “Zahlreiche Menschen habe ihre Meinung dazu in den sozialen Medien kundgetan”, hat Oberhammer beobachtet. “Was aber zu lesen war, waren gedruckter Hass, abwertende Kommentare, Gehässigkeit und Anfeindungen.”

Verdient habe sich den Hass niemand, auch nicht die scheidende Landesrätin: “Trotz zahlreicher Hürden hat sie sich in ihrer langen politischen Laufbahn in unermüdlichem Einsatz stets um die Belange unserer Heimat und der Bevölkerung gekümmert und auch frauenpolitisch wichtige Weichen gestellt und entscheidende Gesetze, wie z.B. das Gleichstellungsgesetz aktiv vorangebracht. Es kann deshalb nicht weggeschaut werden, wie mit der Entscheidung der Landesrätin bei den nächsten Wahlen nicht mehr anzutreten, in der Öffentlichkeit umgegangen wird. Als durch und durch politischer Mensch ist Martha Stocker die Entscheidung sicherlich nicht leichtgefallen, obwohl es sie zu respektieren gilt.”

“Bedrückend für die Leserinnern und Leser, leider Normalität für viele Politikerinnen” seien Hasskommentare im Netz, mit denen gerade Politikerinnen, “gezielt mit Worten und Bildern abgewertet” würden.

Im Namen des gesamten Landesbeirates für Chancengleichheit spricht Oberhammer Martha Stocker vollste Solidarität aus. Und erinnert zugleich: “Der Landesbeirat für Chancengleichheit setzt sich seit Jahren gegen Hass im Netz ein, denn Hass ist keine Meinung, sondern ein Zeichen von mangelnder Diskussionskultur. Diverse Studien haben nämlich herausgefunden, dass dieser Online-Hass überwiegend männlich ist und fast 80 Prozent der Kommentare von Männern geschrieben wird. Die Opfer hingegen sind, wie die Landesrätin Martha Stocker, vornehmlich weiblich.”

“Bei Anfeindungen gegenüber Politikerinnen geht es oft um Machtausübung durch ein Zurückdrängen in die Objektrolle”, so Oberhammer, die zugleich mahnt: “Menschen, die solche Hasskommentare schreiben, sollten nicht vergessen, dass auch Politikerinnen Menschen sind, wie Du und ich und einen respektvollen Umgang verdient haben!”

Bild
Profil für Benutzer Edo Plane
Edo Plane Mi., 18.04.2018 - 14:21

Danke!
Geht bitte verstärkt das Thema "Hass-Postings" in den Südtiroler-Onlinemedien an! Konkret sind das: tageszeitung.it, stol.it, suedtirolernews.it

Mi., 18.04.2018 - 14:21 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Edo Plane
Edo Plane Mi., 18.04.2018 - 14:26

Und noch eine konkrete Bitte an den Landesbeirat für Chancengleichheit: Schafft bitte eine zentrale Stelle , wo solche Kommentare mitgeteilt / angezeigt werden können.

Mi., 18.04.2018 - 14:26 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Karl Trojer
Karl Trojer Mi., 18.04.2018 - 16:33

Der Frau Landesräting Martha Stocker gilt meine volle Anerjkennung für die Leistungen, die sie, über ihr Assessorat, für die Menschen in unserem Lande über lange Jahre erbracht hat !
Karl Trojer, Terlan

Mi., 18.04.2018 - 16:33 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Bernhard Oberrauch
Bernhard Oberrauch Mi., 18.04.2018 - 17:22

Ich empfehle, dass von den Online-Medien inlusive Salto nur echte Namen der Benutzer akzeptiert werden, und keine irgendwelche Phantasie-Namen. Das würde die vielen Hass-Postings stark reduzieren.

Mi., 18.04.2018 - 17:22 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Elisabeth Ladinser
Elisabeth Ladinser Mi., 18.04.2018 - 17:43

Ich schließe mich der Empfehlung von Bernhard Oberrauch an; ich möchte weitergehen, und dies von den Online-Medien fordern!
Frau Martha Stocker gilt meine ehrliche Wertschätzung für ihre geleistete Arbeit und großer Respekt für ihre Entscheidung. Nicht immer konnte ich die Meinungen von Martha teilen, aber die Geradlinigkeit und das Stehvermögen, das sie gezeigt hat, habe ich immer bewundert. Diese Eigenschaften haben in der Politik (und überhaupt) leider Seltenheitswert. Danke Martha, nicht nur für dieses Beispiel!

Mi., 18.04.2018 - 17:43 Permalink
Bild
Profil für Benutzer G. M.
G. M. Do., 19.04.2018 - 18:43

Antwort auf von Harald Knoflach

Viele Leute subsumieren einfach alles unter der sog. Meinungsfreiheit, aber jene wissen nicht was eine freie Meinungsäußerung ist und erst recht nicht wann die Schwelle zum strafrechtlich relevanten (Schmähkritik, Beleidigung, etc.) überschritten ist.
Das Problem ist ein Gesellschaftliches, nämlich die mangelnde Diskussions-- und Streitkultur, welche es schon immer gab (früher in den Kneipen, Bars, etc.) heute öffentlich im Internet. Hier sind auch die Schulen gefragt Kinder mit einer angemessenen Diskussionskultur zu sensibilisieren.

Do., 19.04.2018 - 18:43 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Christoph Moar
Christoph Moar Mi., 18.04.2018 - 21:52

Aus der Anleitung von Frau Künast (Seite 13 in ihrem Büchlein) versuche ich mich mal mit einem Hasskommentar:

"Oli!
Pfuiiii!!! Unerträglich!!! Wie vollkommen peinlich, du solltest dich schämen!!!
Wenn ich das Zeug schon lese, was du da schreibst, da wird mir sowas von schlecht. Kann ja jeder Depp besser argumentieren. Früher hielt ich ja was von Medizinern, aber spätestens seit ich solchen Mist da lese geht das echt gar nicht mehr. Dumm wir Brot, was ich da lesen muss. Und dann noch von meinen Steuergeldern studieren gewesen. Der Hammer. Armes Land, wenn sowas hier seine Ergüsse schreiben darf, na servus. Geh erst mal nen Duden kaufen!"

Was du hier als Beispiel liest, ist strafrechtlich nicht relevant - oder viel Erfolg mit deiner Klage. Trotzdem ist das keine Meinung, die mit Verweis auf das Recht auf Meinungsäußerung stehen bleiben sollte. Und die niemand, ich auch nicht, auf jemand anderes loslassen sollte. Nur "weils geht" oder weil keiner widerspricht, heißt es noch lange nicht, dass man es jemandem durchgehen lassen sollte. Geh bitte mal die Kommentare lesen, die auf Frau Stocker niederprasselten. Da ist keine inhaltliche Kritik, genauso wie mein Beispiel oben keine solche ist. Es ist schlicht - Mobbing. Und wer das gutheißt, sogar unterstützt indem er sagt "wehr dich doch...", verkennt die Situation.

Nur weil du fühlst, dich stets wehren zu können, heißt das nicht, dass das jeder kann. Gegen Beleidigungen, Unterstellungen und übler Nachrede in Bagatellfällen werden die meisten strafrechtlich nichts erreichen können. Den Hass aus dem Internet global zu verbannen wird auch keiner hinkriegen. Man kann aber zumindest vermeiden, das Täter-Opfer-Umkehrspielchen zu machen - dein Kommentar tut leider genau das.

Mi., 18.04.2018 - 21:52 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Christoph Moar
Christoph Moar Do., 19.04.2018 - 10:38

Hi Oliver, ganz kurz:
- Ja, mir ist klar, dass an dir das abprallt. Nur, nicht jeder kann das. Und wenn nicht ich, sondern Tausend Leute gleichzeitig an dir rumnölen, dann prallt das schon weniger ab.
- Du kannst danach auch nicht 1000 Leute dazu einladen, auf die Sachebene zu kommen, und du kannst sie auch nicht zu irgendwas bitten. Du kämpfst alleine gegen Tausend.
- Doch, es geht um Täter-Opfer-Umkehr. Indem du sagst "sie kann sich wehren", tust du genau das. Sag einer Frau, die im Gedränge der UBahn belästigt worden ist, "du kannst dich doch wehren". Sag einem Jugendlichen, der am Schulplatz von einer Gruppe gemobbt wird, "du kannst dich doch wehren". Oder gar "jetzt mach mal keine Geschichte draus, das sind übertriebene Empfindlichkeiten". Genau das, Oliver, ist Täter-Opfer-Umkehr.

lg!

Do., 19.04.2018 - 10:38 Permalink
Bild
Profil für Benutzer ulrike spitaler
ulrike spitaler Do., 19.04.2018 - 13:25

Medien dürfen es nicht zulassen, dass ihre Kommentarfunktion als Freibrief für Beleidigungen und Hass dient. Wenn sie es nicht in den Griff bekommen, müssen sie halt die Funktion abschalten (Das täte übrigens uns allen gut). Solidarität mit Martha Stocker und allen anderen Frauen in der Öffentlichkeit, die Beleidigungen und Abwertungen über sich ergehen lassen müssen, ohne Chance, sich wehren zu können.

Do., 19.04.2018 - 13:25 Permalink
Bild
Profil für Benutzer rotaderga
rotaderga Do., 19.04.2018 - 13:52

Sobald Hass keine Meinung mehr sein kann und zur Lebenseinstellung wird, sind die Grenzen der Vernunft und Menschlichkeit gelöscht.
( Aus Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik)
Hass ist eine menschliche Emotion scharfer und anhaltender Antipathie und entsteht, wenn tiefe und lang andauernde Verletzungen nicht abgewehrt und/oder bestraft werden können. Hass ist in den meisten Fällen somit eine Kombination aus Vernunft und Gefühl, wobei die Vernunft das Ende der Verletzung und eine Bestrafung des Quälers fordert. Das Gefühl des Hasses ist manchmal auch mit dem Wunsch verbunden, den Gehassten zu vernichten. Robert Sternberg, der Begründer der Positiven Psychologie, liefert auch zentrale Aspekte der Ursachen, Erscheinungsformen und Bedingungen des Hasses, wobei Hass zwar viele Facetten besitzt, aber letztlich auf drei Komponenten basiert:
Einer emotionalen Komponente: plötzlich aufflammende, instinktähnliche, reaktive oder „nackte“ Wut, wobei eine solche Wut zur road rage mit Schimpfen, Drohen, Handgreiflichkeiten eskalieren kann;
einer sozialen Komponente: Verweigerung von Nähe, etwa aus Ekel, Verachtung oder Abneigung wird der Kontakt zu einem Menschen oder einer Gruppe abgelehnt;
einer kognitiven Komponente: eine tiefsitzende permanente Abwertung anderer erfolgt aus einer Überzeugung heraus. und wird als ideologisch, politisch oder religiös motivierter Hass manifest.
Diese drei Komponente verbinden sich in einer konkreten Situation oft schnell miteinander.

Do., 19.04.2018 - 13:52 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Die kleine Nachtmusik
Die kleine Nac… Fr., 20.04.2018 - 12:45

Meiner Meinung nach erscheint die Forderung, Kommentare zu löschen, zwar auf dem ersten Blick sinnvoll, bei genauerer und nachhaltiger Betrachtung kann man aber auch einen anderen Schluss ziehen.
Die Intensität des Aufkommens von Hasskommentaren, Hetze, Gewalt, Morden, Selbstmorden,... sind gute Indikatoren den "Gesundheitszustand" der Gesellschaft zu ermitteln. Indem wir diese Auswüchse durch kollektives Nichtberichten (Selbstmorde), löschen oder verbieten von Kommentaren, verstecken und kaschieren, betreiben wir ausgezeichnete Symptombehandlung! Die Krankheit kann in Ruhe weiter grassieren. Das Problem wird nur in die Zukunft verschoben und kann sich derweilen ausbreiten und wachsen. Besser als zu löschen und kaschieren wäre, wenn wir uns als Gesellschaft entschieden gegen Hass und Gewalt und für Meinungsfreiheit, Meinungsvielfalt und Toleranz stark machen. Durch aufklären, diskutieren und gemeinsames philosofieren. Dann könnten wir auf ursachenbezogene Lösungen kommen und nur die sind in meinen Augen sinnvoll.
So lange ein nicht unbeachtlicher Teil unserer Kinder/Jugendlichen von Maschinen (TV, Computerspiele), Hassmedien (zb. Bild), überforderten Erziehern und Lehrern, anstelle von liebenden Eltern erzogen werden, werden wir mit solchen Auswüchsen leben müssen. Das soll keine generelle Kritik an die Eltern sein, sondern an die Politik!

Fr., 20.04.2018 - 12:45 Permalink