„Failed State“ ist nicht umbedingt eine binäre Bezeichnung für Staaten, die es nicht geschafft hatten. Vielmehr geht es um das Ranking im Failed (Fragile) State Index, der wenig überraschend von afrikanischen Staaten wie Südsudan oder Somalia angeführt wird. Türkei, Russland und Israel befinden sich im Mittelfeld. 2016 posierte Zypern, immerhin auf Platz 121, kurz vor Albanien, dann Griechenland, Bulgarien, Ungarn, Rumänien, Kroatien usw. Italien auf Platz 142, weit vor Polen und Malta.
Die Staaten der EU, sie stehen nicht schlecht in der Statistik. Sorgen aber macht der Trend: Irland, Portugal, Zypern und wohl auch Griechenland haben sich gerade noch aus der Krise gestrampelt. Polen zweifelt an Demokratie, Ungarn wird autokratisch, Spanien sperrt aufmüpfige Regionalpolitiker hinter Gitter. In Österreich ist schon zum zweiten Mal eine Partei jenseits der menschlichen Würde an der Macht. Das Vereinigte Königreich zerfleischt sich selbst in der obersten Prämisse, seinen Niedergang gehobenen Hauptes zu beschreiten.
Vorzeige-Deutschland bringt mit Ach und Krach eine Regierung zum Stehen, mit der das ganze Land steht. Still steht. Unfähig, die erhoffte Leadership (Führerschaft will man ja eher nicht) zu übernehmen. Grufti-Kanzlerin und Neo-Außenminister, die beide derart an der amerikanischen Politik abklatschen, dass es kaum mehr mit Worten zu beschreiben, sondern höchstens mit Szenen aus Tom-und-Jerry zu illustrieren ist. Obendrein ein Sonnenkönig im Freistaat des Südens, der uns unter Applaus in die vor-aufgeklärte Epoche zurück katapultiert.
Und jetzt auch noch Italien. Was soll man sagen? Protest zu wählen war himmelschreiende Bürgerpflicht, könnte man meinen. Nur ist halt jeder zweite Wähler, jede zweite Wählerin über das Ziel hinausgeschossen. Vom Kreis der europäischen Sterne werden nur fünf zentrifugale übrigbleiben, auch wenn der Köllensperger bei ZIB2 tapfer versichert, dass alles Anti-Euro auf Bestreben des M5S aus dem Regierungsprogramm genommen worden sei. Die Welt weiß, dass Di Maio noch zu Weihnachten aus dem Euro wollte und dass Grillo, der noch letzte Woche ein Anti-Euro-Referendum forderte, nicht etwa von der Lega ist. Viel schenken sich Leghisti und Pentastellati nicht. Die Sorge gilt beiden ungeteilt.
Ich weiß: Ich jammere auf hohem Niveau. „Failed State“ mag ein übertriebener Terminus sein. Es wird aber nicht besser. Der Optimismus bleibt einem im Hals stecken. Failed State. Wenn nicht diesmal, dann in der nächsten Runde. Le Pen, AfD und Konsorten, sie arbeiten alle stetig dran. Fleißig auch die bei uns. Nicht, dass sie ein unlösbares Problem wären, sondern weil sie uns am Lösen der anstehenden Probleme hindern, während die Schulden nagen, während Digitalisierung und Globalisierung uns fordern. Failed States. Gewöhnen wir uns an den Gedanken.
States fail. Wohl nicht, weil einer der Staaten so unglaublich schlecht regiert wird. States fail, weil die Staaten in der heutigen Form scheitern müssen, der Zeit nicht mehr gerecht werden. Menasse hat es vorausgesagt. Nun ist die Zeit gekommen, man muss nur die überdeutlichen Zeichen lesen. Die Staaten sind nicht zu retten. Europa schon. Wer keinen Bock auf United Failed States of Europe hat, sollte die Transformation gehobenen Hauptes – und das heißt rechtzeitig – beginnen.