Frühlingsgefühle im Hochsommer
Was war es? Ein Scheitern? Ein Kniefall vor der SVP? Zeitverschwendung? Nur Schall und Rauch? Oder doch mehr?
Fest steht: Südtirol hat ein neues Gesetz zur Direkten Demokratie. Am Mittwoch Nachmittag hat der Landtag mit 22 Ja, 6 Nein und 4 Enthaltungen* den Entwurf von Magdalena Amhof, Brigitte Foppa und Sepp Noggler verabschiedet. Nach knapp drei Tagen intensiver Diskussion. Und auch wenn das Gesetz gar einigen Landtagsabgeordneten im Vorfeld und im Nachhinein Bauchschmerzen verursacht: Dass es überhaupt beschlossen wurde, ist eine kleine Revolution.
Ringen um Debatte
Klar wird das, wenn man sich nach der Abstimmung am Mittwoch mit jenen unterhält, die den Gesetzentwurf seit seiner Geburtsstunde begleitet haben.
Während aus den Oppositionsreihen Kritik geübt wird, dass das Gesetz von der SVP verwässert, beschnitten und zerpflückt worden sei, steht Magdalena Amhof die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Bis Montag stand das Gesetz auf der Kippe. Innerhalb der SVP rang man bis zuletzt darum, dem Übergang zur Artikeldebatte überhaupt zuzustimmen – oder dem Entwurf Nr. 134/17 gleich den Garaus zu machen. Unterm Edelweiß wurden Kompromisse gesucht, hitzige Debatten in Landtagsfraktion und Parteileitung geführt. Am Ende setzte sich die Vernunft durch: Denn wie soll man vor den Landtagswahlen den Bürgern erklären, dass mehr Beteiligung und Mitbestimmung ihrerseits nicht gewünscht ist? Am Montag gab die Partei grünes Licht: Das Gesetz soll verabschiedet werden – wenn auch mit Abstrichen.
“Es war gut, dass das Gesetz erst jetzt, gegen Ende der Legislaturperiode auf die Tagesordnung gesetzt wurde”, heißt es am Mittwoch in den Gängen des Landtages. Denn damit sei die SVP unter Druck geraten. “Tja, das Beste kommt eben zum Schluss”, schmunzelt Magdalena Amhof. Parteiintern hat sie hart darum gefochten, dass der Gesetzentwurf nicht zu sehr aufgeweicht wird. Schließlich hat sie mit Brigitte Foppa, Sepp Noggler und vielen Bürgern drei Jahre lang daran gearbeitet.
Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung
Nach der Abstimmung sitzt Amhof vor dem Sitzungssaal. Neben ihr, Brigitte Foppa. “Wir sind nicht beste Freundinnen geworden”, hat Amhof zuvor bei ihrer Erklärung zur Stimmabgabe im Plenum über die Grüne Landtagsabgeordnete gesagt. Aber Freundinnen im Geiste seien sie, lächeln die beiden. Keine von ihnen hatte erwartet, dass das Gesetz 1:1 durch den Landtag gebracht wird. So realistisch sei man angesichts der Skepsis in der SVP gewesen. Aber: “Wir sind sehr weit gekommen”, freut sich Foppa, “dank guter Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg”.
“Echten Parlamentarismus” habe sie dieser Tage im Landtag erlebt, sagt Foppa. Kein vorgefertigter Gesetzentwurf, der einfach abgenickt wird, keine flache Debatten, keine Fraktionsdisziplin, die kontroverse Diskussionen verhindert hätte. Und am Schluss: Ein neues Gesetz, ausgehandelt im Landtag, nicht in den Parteizentralen oder Kommissionen, zu Direkter Demokratie, Bürgerbeteiligung und politischer Bildung. Das, wie Stephan Lausch betont, “eine deutliche Verbesserung zur bestehenden Regelung” sei. Der Koordinator der Initiative für mehr Demokratie strahlt über beide Ohren als er Mittwoch Nachmittag aus dem Landtag kommt. Dort hat er mit zahlreichen Mitstreitern seit Montag ausgeharrt, jedes Wort, jeden Abänderungsantrag, jede Abstimmung aufmerksam verfolgt. “Geschafft!”, meint Lausch danach.
Erste Zeichen zur rechten Zeit
Das Beteiligungsquorum von 40 auf 25 Prozent gesenkt, die bestätigende Volksabsstimmung über Landesgesetze bevor sie in Kraft treten (“ein absolutes Novum in Italien”, Zitat Stephan Lausch) – Brigitte Foppa nennt diese Neuerungen die “Kronjuwelen” des Gesetzes. Aber auch der Familienschmuck sei nicht außer Acht zu lassen, fügt Foppa hinzu: die Einrichtung eines Büros für politische Bildung und Bürgerbeteiligung, das im Vorfeld von Abstimmungen und darüber hinaus Information und Beratung anbietet; die Möglichkeit, einen Bürgerrat einzurichten, der zu aktuellen Themen und Fragen einberufen werden kann (allerdings nur auf Initiative von Bürgern selbst – die Möglichkeit, dass auch der Landtag oder die Landesregierung einen Bürgerrat beantragen, wurde von der SVP versenkt); Erleichterungen bei der Unterschriftensammlung; Vereinfachungen bei der Fragestellung von Abstimmungen; mehr Transparenz.
Natürlich gibt es für die, die von Anfang an hinter dem Gesetzentwurf standen, auch Wermutstropfen. So wurde die Unterschriftenhürde für die Einleitung von Abstimmungen auf 13.000 statt wie der im Gesetzentwurf vorgesehen 8.000 festgelegt. Auch den Artikel, über bestimmte Beschlüsse der Landesregierung abstimmen zu können, hat die SVP wieder gestrichen. Bittere Pillen, die es zu schlucken gelte, meinen Foppa und Lausch einstimmig. Denn – Foppa versucht, das Glas halb voll zu sehen –: “Ein Projekt kann nur so gut sein, wie die Zeit reif dafür ist.” Und im Hochsommer 2018 waren die Zeiten eben (erst) reif für (direktdemokratische) Frühlingsgefühle. Es kann nur besser werden, ist die Botschaft an diesem Mittwoch. Ein erster Schritt wurde getan. Doch die Richtung ist klar: mehr Gewicht für die Stimme der Bürger. Nicht nur bei Wahlen.
ein schönes Abschiedsgeschenk
ein schönes Abschiedsgeschenk an Magda.
Antwort auf ein schönes Abschiedsgeschenk von Andreas gugger
Warum? Kandidiert sie nicht
Warum? Kandidiert sie nicht mehr? Oder prophezeien Sie, dass sie es nicht mehr schafft, in den Landtag zu kommen?
Ich habe da mal eine Frage:
Ich habe da mal eine Frage: Von 100% sind 40% übriggeblieben,das hat die SVP wieder mal super eingefädelt,für mich kein Erfolg!Und dies ist noch DEHNBAR,schämt euch!!!! Hoffentlich merken die Wähler eueren miesen Trick und wählt euch SVPLER ab!Frau Foppa ist trotzdem zu danken für ihr Engagement!
Fein, dass das geschafft
Fein, dass das geschafft wurde ! Einen besonderen Dank möchte ich den Frauen Amhoff und Foppa und den Herren Noggler und Lausch für ihre ausgeprägte Fähigkeit ein so delikates Thema partizipativ und sehr kompetent erarbeitet und durchgetragen zu haben ! Ein Dank auch den zustimmenden Parteien dafür, dass sie Lösungsfindung im Parlament ermöglicht haben.