Matteo Salvinis Eid auf die Bibel, mit dem der Lega-Chef den Mailänder Erzbischof erzürnt hat, ist sattsam bekannt. Mit dem Gesetzentwurf, der in allen öffentlichen Räumen ein obligatorisches Kruzifix vorsieht, macht die Lega einen weiteren Schritt zur katholischen Vorzeigepartei. Das "Vade retro Salvini"-Titelbild des katholischen Wochenblatts Famiglia cristiana kam da denkbar ungelegen. Salvini: "Una copertina di pessimo gusto." Noch folgenschwerer für die Partei war am Dienstag das Urteil im Berufungsprozess der Rimborsopoli-Affäre, in dem 24 ehemalige Abgeordnete der Region Piemont vor Gericht standen. Ihnen wurde vorgeworfen, sich an öffentlichen Geldern bereichert und hohe Summen für unrechtmässige Zwecke ausgegeben zu baben – vom Rasenmäher bis hin zu Pornofilmen, üppigen Hotelrechnungen, Schmuck und Abendessen.
Riccardo Molinari wurde zu 11 Monaten Haft verurteilt. Das ist für die Partei insofern unangenehm, als der 34-jährige vor wenigen Wochen zum Fraktionssprecher der Lega in der Abgeordnetenkammer aufgestiegen ist.
Das vom Gericht verfügte fünfjährige Verbot der Bekleidung öffentlicher Ämter wurde vorerst ausgesetzt. Zu einem Jahr und 7 Monaten Haft wurde Roberto Cota verurteilt – bis 2014 Lega-Präsident der Region Piemont. Auch die Neo-Parlamentarier Paolo Tiramani (Lega) und Augusta Montaruli (Fratelli d'Italia) erhielten Haftstrafen. Das kann freilich nicht weiter verwundern in einer Partei, aus deren Kasse fast 50 Millionen Euro spurlos verschwunden sind und deren Gründer Umberto Bossi wegen Missbrauchs öffentlicher Gelder zu 2 Jahren und 3 Monaten Haft verurteilt wurde. Der ebenfalls verurteilte Ex-Schatzmeister Francesco Belsito versicherte vor wenigen Tagen in einem Interview mit der Tageszeitung La Stampa: "Quando ho lasciato il Carroccio nel 2012, la Lega Nord era un partito ricchissimo. Ricordo che sui conti c'erano più di 40milioni di euro, di cui 10 solo di riserva legale. Nei consigli federali lo chiamavamo 'il nostro tesoretto'. Ma non solo: c'erano immobili prestigiosi come la sede di Via Bellerio e le frequenze di Radio Padania, che acquistai personalmente. Insomma, altri 30 milioni almeno." Alle Mitarbeiter seien von der Lega schwarz bezahlt worden, so Belsito.
Trotz zahlreicher Verurteilungen wurde der 76-jährige Umberto Bossi bei der jüngsten Wahl von Salvini erneut auf die Liste gesetzt und in den Senat gewählt – offenbar als moralische Instanz. Nachdem der Parteichef bei seinem legendären Eid nur auf Rosenkranz und Bibel geschworen hat, wird das Kruzifix von der Frömmler-Partei jetzt jetzt nachgereicht – per Gesetz.