Wirtschaft | Landtagswahlen

Bäuerlicher Wunschzettel

Die vier SVP-Landtagskandidaten Maria Hochgruber Kuenzer, Josef Noggler, Franz Locher und Joachim Reinalter stellen mit der SBB-Spitze ihr „bäuerliches Wahlprogramm" vor.
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Foto: SBB
Knapp 50 Maßnahmen sieht das Dokument vor, mit denen die vier bäuerlichen Landtagskandidaten in den Wahlkampf ziehen und die sie, sofern sie gewählt werden, in der anstehenden Amtsperiode umsetzen möchten. „Maria Hochgruber Kuenzer, Josef Noggler, Franz Locher und Joachim Reinalter haben bei den Vorwahlen des Südtiroler Bauernbundes die meisten Stimmen erhalten“, erinnert der Obmann des Südtiroler Bauernbundes (SBB) Leo Tiefenthaler am Mittwochvormittag bei der Vorstellung des „bäuerliches Wahlprogramms“ am Bozner Pfannenstielhof.
Die vier offiziellen SBB-Landtagskandidaten haben dieses programmatische Dokument zusammen mit dem Südtiroler Bauernbund und den bäuerlichen Organisationen erarbeitet. „Das zentrale Ziel ist, die Vielfalt der heimischen Landwirtschaft zu erhalten“, hieß es auf der Vorstellung.
 

Lochers Service

 
Ein Anliegen der Landtagskandidaten sind attraktive Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Neben der Ansiedelung von neuen Unternehmen, die Arbeitsplätze bringen, sollen Teile der öffentlichen Verwaltung und öffentliche Dienste, die standortunabhängig sind, verstärkt in die Peripherie verlagert werden. Als Beispiel wurde das Denkmalamt genannt. Auch die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft soll verbessert werden.
Um die Attraktivität des ländlichen Raumes abzusichern, müssen auch in den kleinen Ortschaften die wesentlichen Grundversorgungsleistungen aufrechterhalten werden. In Servicepoints, die in Dorfläden, Gasthäusern oder Handwerksbetrieben eingerichtet werden, könnten so Post- und Paketdienste angeboten werden“, präzisierte Franz Locher. Der Sarner Bürgermeister: „Auch muss eine dezentrale ärztliche Versorgung garantiert werden.“ Anzustreben sei auch eine Erste-Hilfe-Versorgung vor Ort
 

Nogglers Straßen

 
Einsetzen werden sich die vier Landtagskandidaten auch dafür, dass die Peripherie an das Breitband angeschlossen wird - und das zu den gleichen Kosten wie in den Zentren. Ebenso soll der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden.  
Ein besonderes Anliegen sind den bäuerlichen Kandidaten die Infrastrukturen im ländlichen Raum und besonders das ländliche Wegenetz. „Für Bau und Instandhaltung müssen mehr Geldmittel zur Verfügung gestellt werden“, fordert Josef Noggler. Die Gemeinden hätten oft nicht das Geld, um die Investitionen alleine zu finanzieren. „Daher braucht es mehrjährige Sanierungsprogramme“, so der Vinschger Landtagsabgeordnete.
Ein immer größeres Thema wird die Wasserversorgung, um die landwirtschaftliche Produktion abzusichern. Was es braucht, sind schnellere Wasserrechtsverfahren und eine unbürokratische und flexible Wassernutzung. „Der Bau und  die Sanierung von Bewässerungsanlagen sollten stärker unterstützt werden“, so Noggler. Die Landwirtschaft wird dabei ihren Teil zum Wassersparen beitragen, etwa durch den Einsatz der Tropfbewässerung.
 
 

Kuenzers Mensen

 
Mehr in den Fokus sollen in den nächsten fünf Jahren die heimischen Qualitätsprodukte rücken. Großes Potential gibt es in den öffentlichen Mensen. „Dort soll die Verwendung heimischer Lebensmittel, sofern verfügbar, zur Pflicht werden“, sagte Maria Hochgruber Kuenzer. Zudem müssten die lokalen Körperschaften flexibler werden, denn bereits jetzt bestehe die Möglichkeit, dass Bauern und Genossenschaften bis zu einem Gesamtwert von 10.000 Euro Waren ohne elektronische Ausschreibung liefern können. Maria Hochgruber Kuenzer: „Diese Möglichkeit muss vor Ort mehr in Anspruch genommen werden.“ 
Ein großes Anliegen ist den bäuerlichen Kandidaten auch der Schutz des bäuerlichen Eigentums.Eigentümer müssen künftig, so die Forderung, bei allen Entscheidungen, die ihren Grund betreffen, eingebunden werden. Zudem ist die Freizeitnutzung privater Gründe mit der Landwirtschaft zu koordinieren“, lautete die Forderung von Maria Hochgruber Kuenzer. Eine Regulierung sei für das stark steigende Mountainbike- und E-Bike-Aufkommen nötig. 
 

Reinalters Vieh

 
Ein weiteres Thema ist der Ausbau des Zu- und Nebenerwerbs. Die soziale Landwirtschaft sei ein wichtiger Baustein dabei. Andere Zuerwerbsmöglichkeiten sollen in den nächsten Jahren folgen. Als Beispiel nannte Joachim Reinalter den Urlaub auf der Alm, der für einige Bergbauern ein Standbein am Hof werden könnte.
Besonderen Wert soll dabei auf die „Einkommenssicherung der bäuerlichen Familien“, gelegt werden. Joachim Reinalter: „Da gerade auf die Berglandwirtschaft große Investitionen zukommen, wie neue Heutrocknungsanlagen für die Produktion von Heumilch oder Laufställe für das Tierwohl, müsste die Förderpolitik entsprechend angepasst werden.
Im Berggebiet sind Jungbäuerinnen und Jungbauern, die Vieh halten, gezielt zu unterstützen. „Die Tierhaltung ist nämlich der zentrale Bestandteil der Berglandwirtschaft und garantiert die Pflege der Kulturlandschaft“, erinnerte Franz Locher. Ebenso soll die Almwirtschaft aktiv gefördert werden. Die wohl größte Gefahr droht der Almwirtschaft durch den Wolf. Daher fordern die bäuerlichen Kandidaten, das Möglichste zu tun, um Südtirol wolfsfrei zu halten. „Das kann z. B. durch die Entnahme von Tieren erreicht werden“, so Locher. 
Auch um die Obst- und Weinwirtschaft werden sich die bäuerlichen Kandidaten intensiv kümmern. „Ein Augenmerk soll dabei auf die Sorteninnovation gelegt werden. Zudem darf die Anbaufreiheit nicht eingeschränkt werden. Die Forschung im Bereich Pflanzenschutz ist zu unterstützen, auch mit finanziellen Mitteln. Für die Genossenschaften aller Sektoren braucht es gut ausgestattete Investitionsförderprogramme“, sagte Joachim Reinalter. Reinalter ist Bürgermeister des weltbekannten Obst- und Weinanbaugebietes Percha im Pustertal.
 

Feldfrevel und Urbanistik

 
Das „bäuerliches Wahlprogramm“ liest sich wie ein Wunschzettel an das Christkind.
Die ältere Generation am Hof soll eine bessere Rentenabsicherung erhalten, für die Bäuerinnen sollen die Pflege- und Erziehungszeiten bei der Rente angerechnet und eine Mindestrente eingeführt werden. Den Frauen soll der Einstieg in die Landwirtschaft erleichtert werden. Für die bäuerliche Jugend sollen weitere Oberschulen geschaffen werden und Junglandwirte sind zu unterstützen, wenn sie den elterlichen Hof übernehmen.
Mit einem Gesetz soll der Feldfrevel geahndet werden. Darunter versteht man die Beschädigung der Ernte oder die Verschmutzung von landwirtschaftlichen Flächen. Man darf auf den Entwurf gespannt sein. „Wachsam werden wir auch bei den Durchführungsbestimmungen zum neuen Raumordnungsgesetz sein“ versprach Sepp Noggler und weiter: “Sie sollen eine Weiterentwicklung der Landwirtschaft ermöglichen.“ Gleichzeitig sollen die sogenannten Bagatelleingriffe ausgeweitet werden. 

 

@SaltoRedaktion:
Interessant für die Landtagswahlen in Herbst wäre eine Recherche über Wahlverhalten und Wahlmotive der 18-40 (?)Jährigen. Das würde dann auch eine Perspektive jenseits von Lobbys abbilden und die Debatte vielleicht Richtung Sachlichkeit lenken. FG.

Mi., 01.08.2018 - 18:42 Permalink

Unsere Bauern: eine Randgruppe oder wie Gier noch gieriger macht. Mehr Subventionen, mehr Absicherung mehr mehr mehr. Finanzieren sollen das bitte bitte die anderen da man selbst leider leider mehr Subventionen erhält als an Steuern beiträgt.

Mi., 01.08.2018 - 20:13 Permalink

Kritisieren ist ok wenn Alternativvorschläge kommen: woher und wie soll nachhaltig (familiär) landgewirtschaftet werden? Bitte konkrete Vorschläge abseits einer Finanzierung durch Kunden die weit über dem Durchschnitt zahlen sollen oder der Ausweichung auf industrielle Landwirtschaft in der Ebene. Es klingt abgenutzt aber Bauern sind nicht nur simple Firmen für den Eigenprofit sondern sind strategisch sehr wichtig für jedes Einzugsgebiet. Nennen Sie doch zum Gegenbeweis ein Gebiet das keine kleinstrukturierte Landwirtschaft hat und gleichzeitig einen hochattraktiven Lebensraum bietet. Meine Argumentation schließt nicht aus, das es Fehlentwicklungen gibt und Forderungen fehl am Platz sind.

Do., 02.08.2018 - 22:29 Permalink

"Urlaub auf der Alm, der für einige Bergbauern ein Standbein am Hof werden könnte"
das geht dann so:
Zuerst wird die alte Heuschupfe hergerichtet und vermietet. Es braucht dazu natürlich Sanitär Anlagen und Strom. Also werden Zu- und Ableitungen unterirdisch verlegt. Die Grasnarbe wird aufgerissen.
Später wird dann ein Zufahrtsweg gebaut, man möchte ja den nicht so fitten Gästen auch den Almurlaub ermöglichen. Das könnte man dann mit den erleichterten Bagatelleingriffen über die Runden bringen.
Später wird man dann vielleicht die Anzahl der möglichen Betten erhöhen es muss ja rentabel sein, und schon wird die Schupfe größer. Man wird sie winterfest machen, der Winter in den Bergen ist ja besonders schön und ruhig.
Am Ende werden dann die weichenden Erben die Abtrennung der Alm vom Hof durchsetzen, man möchte ja auch etwas vom Kuchen abbekommen.
Das alles wird in bewährter Salamitaktik im laufe der nächsten 10 bis 20 Jahre erfolgen.

Ist es wirklich sinnvoll, unsere Almen noch stärker zu vermarkten?

Do., 02.08.2018 - 18:00 Permalink