Gesellschaft | Frauensachen

... und sie bewegt sich doch!

Über Tampons- und Bindenautomaten in Schottland (und noch ein paar andere Dinge mehr)
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Foto: Liv Strömquist

Vor einiger Zeit hatte „The Guardian“ ein kleines Video in die Welt gesetzt. Es erzählte von der schottischen Abgeordneten Danielle Rowley, die – leicht verspätet, ein bisschen außer Atem, und ein wenig schüchtern - im britischen Unterhaus vor versammelter Welt sprach: „I’m on my period“. Im selben Kontext erzählte die junge Frau, welch hohe Geldsumme sie für diese ihre Monatsblutung schon hatte ausgeben müssen, und berichtete, dass es Mädchen und Frauen gäbe, die mit diesen monatlichen Fixkosten überfordert seien, so sehr, dass manche Mädchen an „gewissen“ Tagen nicht zur Schule, manche Frauen nicht zur Arbeit gingen, und andere sich mit teils unwürdigen Mitteln oder Medikamenten behülfen (beides kann gesundheitsbeeinträchtigende Neben_Wirkungen haben, aber das nur nebenbei).

Ich hatte das Video in meiner Timeline bei Facebook geteilt, und mir damit einen ganzen Schwall unschöner Kommentare eingehandelt, von den Immergleichen, die alles besser wissen, obschon sie nicht nur die Sache selbst nicht das Geringste angeht – allenfalls indirekt, ein bisschen, wenn wir denn sehr großzügig sein wollten -, sondern überdies diese Sache nun wirklich nicht ihre Sache ist. Aber so kennen wir das ja, und sind es gewohnt (nicht, dass es deshalb auch nur ein wenig richtiger würde). Ich habe zum Beispiel noch keine Frau gehört, die Männern erzählt hätte, welche Rasurmethode die beste sei, und welche die Mittel der Wahl. Umgekehrt hingegen… aber das hatten wir ja schon.

Eine der „Beanstandungen“ – um höflich auszudrücken, was keineswegs höflich vorgebracht worden war – war, dass die von Mrs. Rowley genannten Kosten realitätsfern seien. Das mag, muss aber nicht sein – es hängt, wie vieles andere auch, von der „Herangehensweise“ ab: die Einen rechnen nur die direkten, die anderen auch die indirekten Kosten mit ein. Aber darum geht es ja eh nur am Rande, denn fest steht: Die Kosten, die jede Frau etwa vier Jahrzehnte lang für einige Tage in jedem Monat ihres Lebens zu bestreiten hat, sind alles andere als irrelevant. Sie sind es insbesondere in jenen Haushalten nicht, in denen jeder Cent zwei Mal umgedreht werden muss.

Fest steht überdies: Der finanzielle Aufwand für den Menstruationsschutz könnte schon längst deutlich geringer sein, ohne die Notwendigkeit großer gesellschaftlicher Umwälzungen oder jahrelanger Debatten (die hin und wieder angestoßen werden, um dann regelmäßig im Sande zu verlaufen, man fragt sich gar nicht, warum) – wenn, ja wenn diese "Hygieneartikel" nicht besteuert würden, als seien sie Luxusgüter.

Denn sehen Sie: Es gibt – auch in Italien – eine Produktegruppe („beni di prima necessità“), für die der Mindest-Mehrwertsteuersatz von 4 Prozent zur Anwendung gelangt, weil der Gesetzgeber (jaja…) der Meinung ist, diese Produkte seien lebensnotwendig, und hätten somit allen Menschen gleichermaßen zugänglich zu sein. Binden und Tampons gehören nicht zu dieser Gruppe – sind also, dem Gesetzgeber zufolge, keine „beni di prima necessità“ (wie also wohl auch die Frau an und für sich von nachrangiger Bedeutung ist. Könnte man meinen). Und so werden, folgerichtig, Tampons und Binden mit 22 Prozent besteuert, also gleich hoch wie, beispielsweise, Schmuck, oder eine Flasche Wein. Ist ja auch wahr. Wer braucht schon, und gar zwingend, Binden oder Tampons. Die legen Frauen sich nur zu, weil’s Freude macht, und der schönen Verpackung wegen.

So weit, so unlogisch.

Es ging aber, bei jenem Video, und den hässlichen Reaktionen, die es hervorgerufen hat, noch um etwas anderes, nämlich den Tabubruch der schottischen Abgeordneten. Denn, so unglaublich es auch klingen mag, die Menstruation ist immer noch ein Tabu. Selbst moderne und aufgeklärte Frauen des dritten Jahrtausends tun sich schwer damit, darüber zu sprechen, öffentlich schon gar nicht. Dabei gibt’s für dieses Tabu (wie für zahlreiche andere Tabus auch) ja überhaupt keinen Grund. Genauso gut könnte man den männlichen Bartwuchs mit einem Tabu belegen.

Es ist aber wohl dieses Tabu, das letztlich für die oben beschriebene Schieflage verantwortlich ist: Denn nur Frauen, die sich nicht trauen, sind ungefährlich.

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Neulich kam über „utopia“– eines der alteingesessenen Internet-Portale für nachhaltiges Leben - die Meldung herein, dass es im schottischen Bezirk North Ayrshire an mehr als 100 Automaten kostenlose Tampons und Binden für die Bevölkerung gibt. Richtig. Automaten gibt’s ja tatsächlich für alles und jedes, für Äpfel, Zigaretten und Kondome, warum also nicht auch für Tampons und Binden.

Das könnten wir doch auch mal machen, habe ich mir gedacht, wenn auch vielleicht der doch beträchtliche Aufwand mit den Automaten gar nicht nötig wäre, und sich die breite, gesellschaftliche Anerkennung weiblichen Seins viel einfacher bewerkstelligen ließe:

Jeder Betrieb, ob öffentlich oder privat, hat schließlich ein Budget für allfällige und notwendige Anschaffungen, für Mitarbeiter_innen-Fortbildung, für Arbeitskleidung, Erste-Hilfe-Kästen und sonstige „Ausrüstung“ der Belegschaft. Da wäre es, möchte man meinen, doch ein Leichtes, ein Sümmchen abzuzwacken, und den Mitarbeiterinnen (Kundinnen auch, wo gegeben) kostenlosen Menstruationsschutz anzubieten (Klopapier gibt’s schließlich auch überall gratis).

An welcher Stelle mir gerade einfällt… eine Kleinigkeit/keine Kleinigkeit, an der sich jedoch die ganze Größe des „Tabus“ um die Menstruation – mit dem ja letztlich „die Frau“ tabuisiert wird (altroché Burqa…) wunderbar ablesen lässt:

Jedes noch so kleine Hotel stellt mittlerweile seinen Gästen eine ganze Phalanx an „Courtesy“-Produkten in Bäder und Zimmer: Vom Body- über Haarshampoo, Zahnbürste samt –creme, Rasierklingen, Duschhauben, Badeschlappen… you name it, they have it (das meiste davon unnützes Zeug, das vor allem eins tut: Einen Haufen Müll produzieren – aber das nur nebenbei).

 Nur Tampons oder Binden, schön verpackt und mit Hotellogo versehen, die sind mir noch nie begegnet.